Vertreter der Neuen Rechten tagten
"Distanzieren uns vom Inhalt"
In Semriach trafen sich Vertreter der Neuen Rechten. Bgm. Gottfried Rieger
bezieht Stellung.
Der politische Zeitgeist wehte von links, als die 68er-Bewegung laut gegen den Autoritarismus protestierte und Aufklärung forderte beziehungsweise Antworten auf Fragen erhalten wollte, die ein Großteil der Nachkriegsgesellschaft über den Krieg selbst lieber verschwieg. Das, was vom "Einspruch" der studentischen Neuen Linken übrig geblieben ist, scheint bei den Neuen Rechten Diskussionsbedarf hervorzurufen. Nicht umsonst hat sich die konservativ-rechtsextreme Strömung am Wochenende zum Thema "1968 und die Folgen" in Semriach getroffen.
Rechte Bildungsarbeit
Zwischen Frühstück und gemeinsamen Wanderungen beim Trattnerhof: In Zusammenarbeit mit dem Freiheitlichen Akademikerverband Steiermark (FAV) lud das IfS, das Institut für Staatspolitik (mit Sitz in Sachsen-Anhalt und Zweigstelle in Berlin), bereits zum dritten Mal zur Bildungsarbeit, wie es heißt. Die Herbstakademie entwickelt sich zu einem "wichtigen Fixpunkt des patriotischen Lagers", wie das rechte Magazin "Info-Direkt" im Vorjahr schrieb.
Teilnehmer und Referenten
Einer der fünf Mitbegründer des IfS ist der Deutsche Götz Kubitschek, der maßgeblich für den Inhalt der Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, verantwortlich ist. Auf der Referentenliste stehen etwa der IfS-Geschäftsführer und als ultrarechter Burschenschafter titulierte Erik Lehnert oder Stefan Scheil, Vertreter der Präventivkriegsthese (die Behauptung, dass der Angriff auf die Sowjetunion nur erfolgte, um einen umgekehrten Angriff zu verhindern). Referiert wurde laut Auflistung unter anderem über "Rudi Dutschke und die Neue Rechte", "Die 68er als internationales Phänomen" oder "Frankreichs intellektuelle Rechte nach 1968". Als weitere lokale Ansprechperson ist der Grazer FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl, Obmann des FAV und Eigentümer der einstigen rechtsextremen Zeitschrift "Aula", angegeben, über den die Anmeldungen liefen. Sickl selbst versteht – auf Nachfrage der WOCHE – die Aufregung um Teilnehmer und Inhalt der Herbstakademie nicht: "Es zählt zu meinem demokratischen Selbstverständnis, ein Seminar abhalten zu können. Die Aufregung darüber ist beinahe lächerlich", sagt er und fährt fort: "Wir haben uns hier zu einem Seminar getroffen, um historische Aufarbeitung zu leisten. Daran ist nichts Schlimmes zu erkennen."
Gemeinde distanziert sich
"Wir als Gemeinde distanzieren uns klar von diesem Inhalt. Wir distanzieren uns von allen Extremen, sowohl rechts als auch links. Das brauchen wir nicht in unserer Gemeinde", lässt Semriachs Bürgermeister Gottfried Rieger wissen. "Aber wir haben auch kein Mitspracherecht, ob derartige Veranstaltungen stattfinden oder nicht", fügt er hinzu, da es sich nicht um eine Gemeindeveranstaltung handelt. Erst vor Kurzem eröffnete die Gemeinde die Fotodokumentation "Zimmer frei?" über die Integrationsarbeit "Begegnung in Semriach", die in Bildern zeigt, wie Gemeinsamkeiten mit den Flüchtlingen gefördert werden: "Und so stehen wir als Gemeinde auch zu diesem Thema."
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