Graz-Umgebung: Nur ein Doktor für tausende Menschen

Vor allem Kassenärzte sind in Graz-Umgebung schön langsam Mangelware. | Foto: djd/Mucosolvan/Boehringer Ingelheim
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"Die Ärzte rennen uns davon". Das ist nur einer von vielen Sätzen, die in letzter Zeit allzu oft zu hören und zu lesen waren.
Tatsächlich ist es so, dass es in der Steiermark genug Mediziner gibt, es aber immer schwieriger wird, sie auch hier zu halten – scheinen doch die Arbeitsbedingungen im Ausland oft attraktiver zu sein. Besonders kritisch ist die Situation außerhalb der Ballungszentren, da der Job als Landarzt vielfach mehr bedeutet, als "nur eine Praxis zu führen".
Zwischen Ärzte- und Apothekerkammer schwelt der Konflikt schon seit Längerem: Allgemeinmediziner in absoluten "Randlagen" betreiben oft neben der Ordination eine Hausapotheke. Laut Gesetz ist die Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke ab 2018 oder bei Pensionierung zu entziehen, sofern es innerhalb von sechs Straßenkilometern eine öffentliche Apotheke gibt. Die Neueröffnung einer öffentlichen Apotheke wiederum ist zulässig, wenn die nächste ärztliche Hausapotheke mehr als vier Kilometer entfernt ist.

Arztpraxis im Container

Diese Sachlage führt zu skurrilen Auswüchsen, wie das Beispiel eines weststeirischen Arztes zeigt, der seit geraumer Zeit in einem Container mit Hausapotheke ordiniert, um die Kilometergrenzen zu umgehen.
Fakt ist, dass damit die öffentlichen Apotheken aus dem Boden schnellen: Gab es in der Steiermark im Jahr 2000 noch 203 ärztliche Hausapotheken und 160 öffentliche, so hat sich bis 2013 diese Zahl auf 166 verringert respektive auf 193 gesteigert. Für Apothekerkammerpräsident Gerhard Kobinger ist der Aufschrei der Ärzte in dieser Frage zu einseitig: "Ein Landarzt muss sich über die Kasse finanzieren können. Außerdem sollte für eine optimale Patientenversorgung das 'Vier-Augen-Prinzip' bei der Medikamentenabgabe eingehalten werden." Nachsatz: "In wirklich entlegenen Gebieten ist eine Hausapotheke ohnehin keine Frage."

Kassenkampf

Auch für Ärztekammervizepräsident Jörg Garzarolli, selbst Allgemeinmediziner in Hausmannstätten, müssen Ärzte von "ihrer Arbeit, den Kassenleistungen, leben können". Aber genau da hapert es seiner Ansicht nach: Der mangelhafte Leistungskatalog der Kassen mache eine zeitgemäße ärztliche Patientenversorgung nämlich so gut wie unmöglich. Gefordert sind laut Garzarolli die Politik und damit auch die Kassen. So gibt es in Deutschland beispielsweise längst Fördermodelle für den Neustart einer Praxis. "Davon ist bei uns leider noch nichts absehbar", bedauert der Mediziner.

Nachgefragt bei Dr. Franz Paukovitsch,
Zahnärztevertreter GU Nord

Wie sieht es bei den Zahnärzten im Bezirk aus?
Bei den Zahnärzten sehe ich hier keinen Mangel. Wir haben in Graz-Umgebung Nord 15 Kassenzahnärzte und elf Wahlzahnärzte – also insgesamt 26 Ärzte. Die Versorgung ist gut.
Wie viele Patienten finden sich in Ihrer Kartei?
Es sind rund 9.000 Namen. Ich bin aber auch schon seit 25 Jahren Zahnarzt in Gratkorn.

Die Bezirkszahlen

Für die medizinische Versorgung der 147.081 Einwohner von Graz-Umgebung (Stand 2015) stehen folgende Ärzte zur Verfügung – auffällig dabei ist, dass es für Dermatologie, Kinder und Urologie keinen Kassenarzt in unserem Bezirk gibt:
Allgemeinmedizin: 60 (mit GKK-Vertrag), 68 (ohne GKK-Vertrag)
Fachärzte: 13 (mit GKK-Vertrag), 102 (ohne GKK-Vertrag)
Innere Medizin: 3 (mit GKK-Vertrag), 11 (ohne GKK-Vertrag)
Gynäkologie: 2 (mit GKK-Vertrag), 2 (ohne GKK-Vertrag)
Kinder: 0 (mit GKK-Vertrag), 8 (ohne GKK-Vertrag)
Orthopädie: 1 (mit GKK-Vertrag), 9 (ohne GKK-Vertrag)
HNO: 2 (mit GKK-Vertrag), 6 (ohne GKK-Vertrag)
Augen: 1 (mit GKK-Vertrag), 7 (ohne GKK-Vertrag)
Dermatologie: 0 (mit GKK-Vertrag), 2 (ohne GKK-Vertrag)
Urologie: 0 (mit GKK-Vertrag), 2 (ohne GKK-Vertrag)

Wie weit haben Sie es bis zu Ihrem Hausarzt? Sind Sie zufrieden mit der ärztlichen Versorgung in Ihrem Umfeld?
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