Weinitzen
Von Pestkreuzen und Corona-Denkmälern

Das Oberschöckler Pestkreuz – es ist Mahnmal und ein Ort des Gedenkens zugleich: Die Familie Harpf hat sich der Renovierung angenommen. | Foto: Privataufnahme/Harpf
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  • Das Oberschöckler Pestkreuz – es ist Mahnmal und ein Ort des Gedenkens zugleich: Die Familie Harpf hat sich der Renovierung angenommen.
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In Weinitzen steht ein öffentlich zugängliches Stück Geschichte, das an eine der schwersten Pandemien der Menschheitsgeschichte erinnert: an den Schwarzen Tod. Was genau das mit den Corona-Denkmälern in der Steiermark zu tun hat, verraten jene, die an der Renovierung und Gestaltung des Oberschöckler Pestkreuzes beteiligt waren.

GRAZ-UMGEBUNG. "Distanzierte Nähe" nennt sich das Werk des Künstlers Wolfgang Becksteiner, das im Grazer Burggarten für jedermann als Corona-Denkmal öffentlich zugänglich ist und noch nachfolgende Generationen an die Corona-Pandemie erinnern soll. Es ist eines von drei derartigen Denkmälern in der Grünen Mark, das vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark und dem Kulturressort des Landes durch einen ausgeschriebenen Wettbewerb umgesetzt wurde. Ein Denkmal für eine Pandemie ist allerdings nichts Neues.

Ruhe finden

Pandemien, Epidemien und Seuchen gab es schon immer. Und daran wurde und wird auch greifbar erinnert. Etwa in Form von Pestkreuzen oder -säulen. Diese wurden zum Gedenken an die Opfer der großen Pest-Epidemien des Mittelalters und der Neuzeit errichtet – häufig war es der Fall, dass zuerst hölzerne Kreuze errichtet wurden, die dann durch Mahnmäler aus Stein ersetzt wurden. Sie befinden sich nicht nur auf Friedhöfen, sondern sind heute auch auf vielen privaten Grundstücken zu sehen. Zum Beispiel in Weinitzen bei der Familie Harpf: Hier erinnert ein Pestkreuz an die Pestjahre um 1680, die die Steiermark heimgesucht haben. 

"Vor den Stadttoren von Graz wurden vier Kreuze aufgestellt, an die alle zur Strafe angebunden wurden, die sich ohne Gesundheitskontrolle in die Stadt einschleichen wollten. [...] Von Tag zu Tag zählte man mehr Krankheitsfälle, immer häufiger sah man weiße Pestkreuze auf den für 40 Tage versperrten Haustoren. [...] Laut Aufzeichnungen der Totengräber fielen in Graz 3.465 Bewohner der Pest zum Opfer. 4.608 Personen waren erkrankt. Wenn man davon ausgeht, dass damals laut Stadthistoriker Fritz Popelka in Graz 15.000 Menschen lebten, hat die Pest mehr als ein Fünftel hinweggerafft."
"Damals in Graz", Robert Engele (gesamter Artikel: siehe hier)

"Viele Menschen haben eine Freude an dem Pestkreuz gefunden, können innehalten, die Ruhe genießen oder auch ein Gebet sprechen. Das Bankerl, gespendet von der Familie Wolfgang Hasenhütl, verleitet dazu", erzählen Elisabeth und Hanns Harpf. In liebevoller Kleinstarbeit hat das Ehepaar in Zusammenarbeit mit der Künstlerin und Produktdesignerin Brigitte Heiden der Renovierung angenommen. "Brigitte ist eine großartige Künstlerin, sie hat mit Begeisterung, mit Wissen um die historische Zeit und mit viel Einfühlung das Pestkreuz gestaltet." Im Oktober 2020 wurde es von Provisor Dietmar Grünwald feierlich gesegnet.

Ein Pestkreuz in Albersdorf | Foto: Josef Kleinhappel
  • Ein Pestkreuz in Albersdorf
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Botschaft und Leitspruch

"Carpe Diem – pflücke den Tag", lautet die Botschaft des Oberschöckler Pestkreuzes und ist auch der Leitspruch für das historische Familienprojekt. Es wurde als Gedenkstätte inmitten weiter, naturbelassener, von Rehbock und Geiß, Habichten und Schwalben bewohnten Flur traditionsreich renoviert. So wurde ein gußeiserner Christus aus Mariazell, der früher in der Gruft der Vorfahren in Slovenj Gradec war, von einer Rosenkranzreichen Nische mit 59 Rosen dem Garten der Harpfs umrundet.
In der darüber liegenden Nische strahlt eine Schutzmantelmadonna, nach Vorlage eines Votivbildes von Maria Zell, ebenfalls aus gleicher Zeit, den Menschen und der Natur entgegen. In der ostseitigen Nische ziert ein Votivherz die symbolische Beziehung der Familie.

Das Pestkreuz befindet sich entlang des Pilgerwegs "Hof- & Wegkreuze auf'n Weg", der rund 8,5 Kilometer lang ist. "Religion und Glaube bedeuten mir sehr viel. Das Pestkreuz ist eine Erinnerung an früher, und es erinnert uns daran, nicht zu vergessen, dass es Hilfe von oben gibt", sagt Elisabeth Harpf. "Wir haben im kleinen Kreis und mit allen Sicherheitsmaßnahmen inmitten eines Lockdowns, einer neuen Pandemie, die Segnung gefeiert."

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