Frau sein allein ist nicht Programm – im Gespräch mit Ulrike Lunacek

Aufstehen, sprechen, kämpfen. Ulrike Lunacek setzt sich Zeit ihres Lebens für die Rechte anderer ein. | Foto: Büro Lunacek
  • Aufstehen, sprechen, kämpfen. Ulrike Lunacek setzt sich Zeit ihres Lebens für die Rechte anderer ein.
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Sie sprachen letzte Woche auf der „Women for Peace Konferenz“ in Graz über das heikle Thema „sexuelle Gewalt gegen Frauen“. War Ihnen klar, dass Sie sich einmal durch die Politik für die Rechte anderer stark machen würden?
Nein (lacht), geboren wird man nicht als Politikerin. Mein Interesse daran, was in anderen Teilen der Welt passiert, wurde aber früh geweckt. Mit 16 in meinem Auslandsjahr in den USA habe ich Menschen von unterschiedlichen Nationalitäten kennengelernt und war erstaunt, wie verschieden und gleich wir doch alle sind.

Danach waren Sie für internationale Organisationen tätig, bei UNO-Konferenzen dabei und haben als erste bekennende lesbische Politikerin in Österreich für Aufmerksamkeit gesorgt.
Mir war klar, dass ich mich in Frauen verliebe. Damals in den 80ern ist niemand öffentlich dazu gestanden. Ich habe nie verstanden, was das Problem daran sein könnte. Man muss doch ohne Angst leben können.

Sie sind Ihren Weg mutig gegangen. War das immer selbstverständlich für Sie?
Ich habe mir viel selbst beigebracht, zum Beispiel, mich bei Veranstaltungen vorne hinzusetzen und nicht darauf zu warten, dass fünf andere vor mir eine Wortmeldung hatten. Das müssen wir Frauen noch viel mehr lernen als Männer. Und mit meinem Vater hatte ich zuhause heftige Auseinandersetzungen und habe gelernt, meine Punkte gut zu argumentieren. Das war eine gewisse Übung.

Denken Sie, dass es Frauen heutzutage immer noch schwerer haben, sich durchzusetzen?
Die Norm ist immer noch männlich, schon in der Sprache. Das hat auch Simone de Beauvoir geschrieben: „Wir sind das andere Geschlecht“. Das Feststellen, dass beides die Norm ist, das ist noch ein Weg.

Wie lange dauert es Ihrer Meinung nach noch, bis diese Gleichstellung erreicht ist?
Das weiß ich nicht. Ich habe auf der Konferenz hier in Graz zu Rigoberta Menchú (Nobelpreisträgerin aus Guatemala) gesagt, dass ich vor 30 Jahren gedacht habe, dass es schneller geht. Es war schon einmal besser und geht jetzt wieder zurück. Dieser Vorwurf an uns alle, wir hätten einen Genderwahn, ist gefährlich.

Das sieht man auch daran, dass Begriffe wie Feministin negativ belastet sind. Woran liegt das?
Meine These ist, dass wir als Mädchen lernen, uns über andere zu definieren. Über Väter, Brüder, dann einmal Ehemänner. Wir lernen nicht, unseren Wert als Menschen in den Vordergrund zu stellen, während Buben lernen, auf sich selbst zu schauen. Das hat Konsequenzen. Wenn du als Frau sagst, du bist Feministin, heißt das, du magst keine Männer. Wenn Männer so sind, wie sie sind – oft auch stark patriarchal – wird das nicht als etwas gegen Frauen definiert.

Wie erleben Sie das Ganze in der politischen Szene als Frau in einer sehr hohen Position?
Es ist besser geworden, es gibt etwa mehr Außenministerinnen, aber die Diskrepanz ist immer noch groß. Frau sein allein ist nicht Programm, aber es ist ein wichtiges Symbol für Frauen, andere Frauen in hohen Positionen zu sehen.

Was würden Sie jungen Mädchen mit auf den Weg geben?
Traut euch! Sagt, was ihr wollt und kämpft dafür! Nehmt euch euren Platz in der Welt und lasst euch nicht zurückdrängen!

WOCHE-WORDRAP

Als Filmheldin wäre ich am Liebsten ... eine unerschrockene Kämpferin wie Erin Brockovich.
Wäre ich einen Tag lang ein Mann, würde ich ... mich bei meinesgleichen gegen Männergewalt gegen Frauen einsetzen.
Das Verrückteste, was ich je getan habe ... war drei Monate alleine durch Mittelamerika zu reisen, zu Zeiten, als es weder Internet noch Handy gab.

Steckbrief

Geboren am 26. 5. 1957 in Krems an der Donau
Seit 2014 Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments
War zuvor Grüne Europaparlamentsabgeordnete
Studierte Dolmetsch (Englisch, Spanisch) in Innsbruck
War die erste bekennende lesbische Politikerin im Nationalrat.

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