Ökologischer Benzinbruder – "Graz persönlich" mit Roland Düringer
Roland Düringer spricht mit dem gleichen Wiener Schmäh wie damals über seinen neuen Lebensstil.
Unser Gespräch ist zu Ende. Die rechte Tür fällt hinter dem Mann mit der grünen Lederjacke und dem Kugerl im Bart ins Schloss. Die linke Tür geht auf, der Saal beginnt sich zu füllen, Zuschauer nehmen Platz. Das Publikum im Casineum Graz ist an diesem Abend bunt gemischt. Alte und junge Menschen wollen sich anhören, was er zu sagen hat. Und davon gibt es genug. Es wird dunkel – Stille – helles Bühnenlicht – Auftritt: Roland Düringer.
Einsteigen, nicht aussteigen
Ob er sich als Aussteiger sehe, diese Frage musste die heimische Kabarettlegende in den letzten Jahren wohl oft über sich ergehen lassen, seit Düringer Ende 2012 mittels Videotagebuch verkündete, auf gewisse Produkte der Konsumgesellschaft zu verzichten. So ist der Künstler nicht per E-Mail zu erreichen, konsumiert Medien bewusster und in reduziertem Maß, meidet große Supermärkte oder versucht weniger Fleisch zu essen. „Ich sehe mich nicht als Aussteiger, sondern als Einsteiger in eine lebende Welt.“
Benzinbruder mit 200 Bäumen
Düringer will für sich ein gutes Leben führen mit nachhaltigem Denken und Handeln. So hält sich der Schauspieler eigene Schweine daheim, gärtnert und bepflanzt sein Grundstück: „Es ist gescheiter einem Baum beim Wachsen zuzuschauen als einem Auto beim Rosten“, schmunzelt er. Seit 2007 zieren 200 Bäume sein Anwesen. Ein ausschlaggebendes Erlebnis für den ‚Wandel‘ vom Benzinbruder zum Naturliebhaber hätte es nicht gegeben, es sei alles step by step passiert. „Auf dem kommerziellen Weg zu bleiben, wäre einfacher gewesen. Was ich jetzt mach, ist nicht einfach. Ich hab viel weniger Publikum, aber solang es sich irgendwie ausgeht, passt’s.“ Und für Geld oder Ruhm mache er es ohnehin nicht. „Jeder Mensch ist abhängig von Selbstliebe und Fremdliebe. Wenn du auf einer Skala von zehn nur zwei vom ersten hast, brauchst du acht vom zweiten. Ich hab abgelegt, Leuten gefallen zu müssen und bin glücklich.“ Was der Kabarettist möchte, ist Menschen zum Nachdenken zu bewegen und dass in der Schule ‚Soziale Kompetenz‘ statt ‚Konkurrenzdenken‘ vermittelt wird. „Wir müssen das eigene Weltbild hinterfragen.“
Weltfremd oder fremde Welt?
Wir hätten verlernt, auf eine gewisse Weise zu denken, zeigt sich Düringer philosophisch: „Bevor ich mir über einen Wäscheberg den Kopf zerbrech, nehm ich erstmal ein Hemd zum Bügeln raus. Aber es muss ja alles immer schneller gehen auf der Welt.“ Während der 52-Jährige diese Worte spricht, strahlt er eine bemerkenswerte Ruhe aus und lässt sich nicht von den ersten Gästen irritieren, die den Saal betreten. Türen gehen zu, Türen gehen auf, ein Mann betritt die Bühne und lädt zum Mitdenken ein. Im Moment leben ist sein Mantra. Und in diesem einen tut er dabei das, was er seine Berufung nennt: Düringer spielt.
WOCHE-Wordrap
Ich werde grantig, wenn ...
... es mir überhaupt passiert, dass ich grantig werde.
Als Romanfigur wäre ich ...
... als Kind war ich beim Spielen immer Winnetou.
Wenn ich 85 Jahre alt bin ...
... möchte ich nicht eine Sekunde daran denken, was ich anders gemacht haben könnte.
Auf der Bühne zu stehen ist ...
... Freiheit für mich.
Wenn ich ein Lied wäre, dann ...
... wäre ich ein nicht-homogenes Lied, das zwischen allen Takten wechselt, von Hardrock bis Jazz oder Meditationsgesang.
Ich bin süchtig nach ...
... Gott sei Dank hab ich kein Suchtpotenzial.
Smartphones sind für mich...
... großartige Werkzeuge.
Steckbrief
Geboren am 31.10. 1963 in Wien.
Ist verheiratet, hat eine Tochter.
Machte die HTL für Maschinenbau.
Begann seine Kabarettkarriere in der Gruppe „Schlabarett“.
Hinterholzacht war sein erstes Soloprogramm.
Filme/Stücke: „Muttertag“, „Hinterholz8“, „Kaisermühlen-Blues“, „Die Benzinbrüder“, „MA 24 12“, „Poppitz“, „Viertelliterklasse“, u.v.m.
Neues Buch: „Weltfremd?“
Spielt aktuell „WIR - Ein Umstand“.
Seine Sendung „Gültige Stimme“ läuft montags (23.30 Uhr) auf Puls4.
2013 startete er, als Experiment, auf Dinge wie E-Mail, Radio, Handy etc. zu verzichten. Bis heute bezeichnet er seinen Konsum als bewussteren und reduzierteren.
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