Gefragte Frau Margit Schaupp
Der Kampf für mehr Geld für Arbeitslose
Margit Schaupp ist Gründungsmitglied des Vereins Amsel in Graz, der sich als Interessenvertretung für Arbeitslose sieht und wöchentlich einen Arbeitslosentreff für Betroffene veranstaltet. Im Zuge der Serie "Die gefragte Frau" gibt sie einen ernüchternden Blick auf das Leben arbeitsloser Menschen und erzählt wofür sie kämpft.
GRAZ. Margit Schaupp war 2006 Gründungsmitglied des Vereins "Arbeitslose Menschen suchen effektive Lösungen", kurz Amsel, der sich selbst als Interessenvertretung für arbeitslose Menschen sieht. 15 Jahre war Schaupp Obfrau des Vereins, jetzt ist sie im Vorstand tätig, beides ehrenamtlich. Im Interview mit der Woche erzählt sie von den Hintergründen des Vereins und wofür sie sich einsetzt.
- Wie ist der Verein Amsel entstanden?
Entstanden ist er aus dem Arbeitslosenstammtisch heraus, da ist man immer regelmäßig zusammengesessen und hat sich gegenseitig die Schwierigkeiten erzählt. Wir wollten aber, dass etwas weitergeht, dass etwas bewegt wird. Deshalb ist die politische Arbeit auch Kernbestandteil des Vereins geworden. Dazu sind wir in Graz, aber auch österreichweit mit anderen Arbeitslosenvereinen sehr gut vernetzt, da viele unserer Forderungen ja auch auf Bundesebene geltend sind. Außerdem sind wir bei der Armutskonferenz vertreten und mit dem Armutsnetzwerk Steiermark in Kontakt, weil Armut ein großes Thema für die Arbeitslosen ist, 67 Prozent der Arbeitslosen sind armutsgefährdet.
- Was sind Ihre Forderungen?
Jetzt momentan geht es uns vor allem um eine Inflationsanpassung des Arbeitslosengeldes. Die Verhandlungen zum "Arbeitslosenversicherungsgesetz Neu" sind ja gescheitert, die Inflation gibt es aber trotzdem und die trifft Arbeitslose mit voller Härte. Neben der Inflationsanpassung brächte es auch eine Erhöhung der Nettoersatzrate, die momentan bei 55 Prozent liegt, auf zumindest 70 Prozent, damit sich Arbeitslose Lebensmittel und was man sonst noch so braucht überhaupt leisten können. Da geht es nicht um Elektrogeräte oder gar mal ein paar Tage Urlaub, das Existenzminimum ist einfach stark gestiegen. Viele Leute wissen ab dem 20. oder 25. des Monats nicht mehr, wie sie sich ernähren sollen und müssen dann Eltern und Freunde anbetteln, das ist entwürdigend.
- Wer kommt zum Arbeitslosentreff?
Das ist ganz, ganz unterschiedlich. Es gibt Leute, die kommen alle 14 Tage vorbei, es gibt Leute, die kommen nur zwei, drei Mal, es gibt aber auch Besucher, die in größeren, unregelmäßigen Abständen kommen. Jüngere kommen eher nur einmal, weil sie eine spezielle Frage haben, die Älteren bleiben eher. Auch die Geschlechterverteilung ist sehr ausgeglichen. Generell ist es aber für alle eine große Erleichterung, wenn man mal mit Leuten reden kann, die wissen, wovon man redet, die selbst in der gleichen Situation sind oder waren und die verstehen, was Arbeitslosigkeit bedeutet.
- Wo sehen Sie momentan Probleme für Arbeitslose am Arbeitsmarkt?
Die Vorurteile sind halt immer noch groß und viele Firmen sortieren die Leute dann schon rein nach Geburtsdatum aus. Es darf zwar offiziell keine Altersdiskriminierung geben, aber das steht nur auf dem Papier. Es darf einem keiner ins Gesicht sagen: "Weil Sie zu alt sind." Vergeben werden die Jobs trotzdem immer an jüngere Bewerber, vor allem aber den älteren Menschen müsste man wirklich öfter eine Chance geben. Außerdem sind auch die Anforderungen an Arbeitnehmer irrsinnig groß, ältere Menschen schaffen es da oft nicht mehr, 40 Stunden zu arbeiten, von einem Teilzeitjob kann man aber auch nicht leben und da liegt das Problem.
- Sind gesundheitliche Probleme auch oft Thema?
Ja, viele Betroffene werden beim AMS geparkt. In Pension lässt man sie nicht gehen, dafür seien sie zu gesund, aber Anstellung bekommen sie auch keine mehr, dafür sind sie zu krank. Diese Leute sind dann in dieser Zwickmühle gefangen. Außerdem will man das Pensionsalter weiter heraufsetzen, ohne dass man schaut, wie viele gehen eigentlich von der Arbeitslosigkeit in die Pension? Das müsste schon zu denken geben, wenn viele Menschen nicht bis zum Schluss arbeiten können.
Steckbrief: Margit Schaupp
Margit Schaupp arbeitete nach dem Abschluss der Handelsakademie 15 Jahre in der Bank, bevor sie eine Umschulung im Bereich Tourismusmanagement machte und anschließend fünf Jahre als Rezeptionistin bei verschiedenen Hotels auf Saison lebte. 2006 kehrte sie nach Graz zurück, war selbst vorübergehend arbeitslos und über den Arbeitslosenstammtisch Gründungsmitglied des Vereins Amsel, in dem sie seither ehrenamtlich tätig ist. 15 Jahre führte sie die Geschäfte als Obfrau, jetzt ist sie im Vorstand immer noch aktiv beteiligt. Neben dem wöchentlichen Arbeitslosentreff und der politischen Arbeit sieht der Verein Amsel vor allem auch die Informationsweitergabe an arbeitslose Personen als wesentlichen Bestandteil seiner Tätigkeit. Der Arbeitslosenstammtisch ist außerdem im 14-tägigen Abstand auf Radio Helsinki zu hören.
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