Familienflüsterer Dr. Streit
Der Sinn und Unsinn rund ums Taschengeld
Fragen rund ums Taschengeld dürften wohl so manchen Eltern schlaflose Nächte bereiten. Familienpsychologe Dr. Streit erklärt, warum es sich bei der Vergabe von Taschengeld um ein wichtiges Kapitel der Sozialisierung handelt, das nach klaren Regeln verlangt.
GRAZ. Alles dreht sich um das liebe Geld, gerade in Zeiten der Teuerung. Woher das Geld nehmen? Geld zu haben scheint ein Schlüssel für Wohlbefinden und Glück zu sein, auch für Kinder. Die Vorstellung genug Geld zu haben, um sich alle Wünsche erfüllen zu können, geistert nicht nur durch Kinderträume. Doch was ist Geld eigentlich? Fest steht nach Erkenntnissen der Positiven Psychologie: Ab einem gewissen Level an Wohlstand trägt ein Mehr an Geld nicht weiter zur Steigerung des Wohlbefindens und Glücks bei.
Grundversorgung und soziale Bedürfnisse
Geld ist in der Geschichte der Menschheit erst relativ spät aufgekommen, erst ab einer gewissen Entwicklungsstufe, in der es nicht mehr möglich war, sich sein Leben nur durch den Tausch von Gütern zu organisieren. Geld ist ein sogenanntes Universaläquivalent, ein Mittel, mit dem man sich die Dinge des alltäglichen Lebens sowohl in der Grundversorgung als auch für seine sozialen Bedürfnisse erfüllen kann.
Wichtiges Sozialisations-Kapitel
Damit das gelingt, sollte man mit Geld umgehen können und das ist – sieht man sich den Zulauf zur Schuldnerberatungsstellen an – für viele Menschen herausfordernd. Einen guten Umgang mit Geld zu lernen, ist daher ein wichtiges Kapitel der Sozialisation und auch ein entscheidender Weg, um Selbststeuerung und Selbstkontrolle zu üben. Entwicklungspsychologisch betrachtet braucht der Umgang einige Voraussetzungen: Um die Bedeutung von Geld zu verstehen, muss ein Kind in der Lage sein, einfache Regelwerke und die Bedeutung einzelner Elemente zu verstehen. Dazu gehört etwa, dass einzelne Elemente in ihrem Wert beständig sind, auch wenn sie sich in unterschiedlicher Form zeigen. Den Umgang mit Taschengeld zu lernen, bedeutet daher einfach zu verstehen, wie viele Dinge oder Materialien man für wieviel Geld erhalten kann. Kinder sollten also Taschengeld erhalten, um zu lernen gut damit zu wirtschaften.
Daher gibt es ein paar klare Regeln im Umgang mit Taschengeld:
- Es darf nicht zur Belohnung und Bestrafung eingesetzt werden, sondern muss verlässlich und pünktlich ausbezahlt werden.
- Taschengeld soll Kindern ab dem 4. Lebensjahr zur freien Verfügung stehen. Sie dürfen selbst bestimmen, wofür sie es verwenden. Darüber hinaus kann es ab dem 14. Lebensjahr ein sogenanntes Budget-Geld, das für Schulartikel oder Kleidung verwendet werden muss.
Empfehlungen für die Höhe des Taschengeldes
Wöchentliche Auszahlung:
- 4 bis 6 Jahre: 0,5 bis 1 Euro
- ab 7 Jahren: bis zu 2 Euro
- ab 8 Jahren: bis zu 2,50 Euro
- ab 9 Jahren: bis zu 3 Euro
Monatliche Auszahlung:
- ab 10 Jahren: 16 bis 18,50 Euro
- ab 11 Jahren: bis 21 Euro
- ab 12 Jahren: bis 23,50 Euro
- ab 13 Jahren: bis 26 Euro
- ab 14 Jahren: bis 31 Euro
- ab 15 Jahren: bis 39 Euro
- ab 16 Jahren: bis 47 Euro
- ab 17 Jahren: bis 63 Euro
- 18 bis 19 Jahren: bis 79 Euro
Folgende Tipps und können Ihnen und Ihrem Kind helfen, damit das Projekt Taschengeld und damit das Projekt Selbststeuerung gelingt:
- Geben Sie Ihrem Kind auf jeden Fall Taschengeld. Geben Sie im Zweifelsfall lieber weniger als zu viel. Halten Sie sich an die Empfehlungen, auch wenn Sie gut verdienen.
- Geben Sie bis zum 10. Lebensjahr ein wöchentliches Taschengeld und danach ein monatliches. Überweisen Sie ab dem 13. Lebensjahr auf ein Girokonto. Keine Sorge, Jugend-Girokonten kann man nicht überziehen.
- Taschengeld zu geben ist herausfordernd, wenn sie über ein geringes Einkommen verfügen. Trotzdem sollten Kindern konstant einen - wenn auch kleinen - Betrag erhalten.
- Besprechen Sie auch klar, wofür das Taschengeld ausgegeben werden kann: Für die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse des Kindes.
- Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dem Kind ab dem 14. Lebensjahr ein Budgetgeld zu geben. Hierbei wird dann festgelegt, wofür es verwendet werden muss.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz, das unter 0316 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.atMehr vom Familienflüsterer liest du hier:
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