Der Ton macht den Raum – Jamilla Balint im Interview

Lärm für andere ist für sie oft einfach der "Soundscape" der Stadt. Jamilla Balint geht mit offenen Ohren durchs Leben. | Foto: Prontolux
  • Lärm für andere ist für sie oft einfach der "Soundscape" der Stadt. Jamilla Balint geht mit offenen Ohren durchs Leben.
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  • hochgeladen von Verena Schaupp

Rund 3.000 Leute tummeln sich gerade in einem kleinen Tiroler Alpendorf. Im kitschig-idyllischen Alpbach findet derzeit das Europäische Forum Alpbach statt – in einem der größten Kongresszentren, die das Land zu bieten hat. Noch dazu seit letztem Jahr mit einer 3D-Audioanlage. Die Grazer Toningenieurin Jamilla Balint war als akustische Beraterin maßgeblich daran beteiligt.

Am neuen Kongresszentrum in Alpbach mitgewirkt zu haben, ist das eine Ehre?
Alpbach war eines der spannendsten Projekte. In Österreich werden nicht so viele Kongresszentren gebaut. Am Kongresszentrum mitzuarbeiten, wo auch noch das Europäische Forum stattfindet, das war schon etwas sehr Besonderes. Es gibt dort jetzt eine 3D-Audioanlage, sodass man digital den Klang von einem Konzerthaus, von einem Theater oder einem Kongresszentrum simulieren kann, je nachdem, was gewünscht wird. Die Verantwortlichen waren bereit, zu investieren, um ihren Gästen sagen zu können: Wir haben eine wahnsinnig tolle Akustik.

Was ist eine tolle, was eine schlechte Akustik?

In Besprechungsräumen, Klassenzimmern oder Hörsälen ist zum Beispiel wichtig, dass die Sprachverständlichkeit hoch ist. Wenn du etwa in einer Kirche bist, ist es dort sehr hallig. Wenn wer die Predigt hält, ist es sehr schwer, die Person zu verstehen. Im Theater wiederum ist es gut. In der Kirche sind die Oberflächen wie Marmor oder Stein schallhart, der Schall wird oft reflektiert und hallt lange nach. Im Theater gibt es viele Sitzmöbel, Teppiche, Vorhänge und dadurch wird der Schall oft absorbiert und die Akustik eher trocken und die Sprachverständlichkeit sehr gut. In Cafés ist sie oft schlecht, das nennt man die Lärmspirale. Man redet, der Nebentisch redet, alle reden. Man möchte verstanden werden und erhebt seine Stimme. Das machen alle und es wird lauter und lauter und lauter. Die Leute sagen dann oft, dass sie sich nicht wohlfühlen, können es aber nicht benennen.

Sie haben von Klassenräumen gesprochen. Wie ist hier die Akustik?
Leider oft schlecht. Lehrende sind oft krank und haben Stimmprobleme. Wir hatten ein Forschungsprojekt mit dem Realgymnasium Kepler. Wir haben zwei Klassen in einen akustisch sanierten und einen nicht sanierten Raum gegeben. Das Ergebnis war erstaunlich: Die Klasse mit dem sanierten Raum war viel ruhiger, der Stimmaufwand für die Lehrer geringer und die Schüler waren weniger müde am Ende des Tages. Darauf wurde die ganze Schule saniert.

Sie waren in Ihrem Team rund um die Kongresserneuerung die einzige Frau. Wie denken Sie, dass man mehr Frauen/Mädchen für technische Berufe begeistern kann?

In meinem Feld hat man viel mit Bauphysikern, Architekten, Installateuren, Elektrikern und so weiter zu tun. Es ist wirklich eine männerdominierte Welt. Als junge Frau ist das schon oft eine Herausforderung. Das ist aber schon im Studium so. Von 300 Studierenden in manchen Vorlesungen sitzen drei Frauen. Es gibt das FIT "Frauen in die Technik", ein Programm der TU Graz. Ich hatte im Sommer zwei weibliche Praktikantinnen. Man braucht einfach viele weibliche Vorbilder. Wenn der Physiklehrer in der Schule ein Beispiel vom Motor des Autos nimmt, ist das für Mädchen vielleicht nicht so ansprechend. Das Fazit meiner Praktikantinnen war: Wow, das ist total cool. Bei ihnen ist eine Hemmschwelle genommen worden. Es hilft sicher auch, mit Projekten in die Schulen zu gehen.

Wo gibt es den größten Markt für Sie?
Amerika ist groß, da hier so viele Kirchen gebaut werden. In Österreich würden sich die Restaurants und Cafés einen großen Gefallen tun, an ihrer Akustik zu arbeiten.

Ihr akustischer Lieblingsplatz in Graz ist...

... auf der Hauptbrücke, wenn eine Straßenbahn vorbeifährt. Der Klang der Brücke und gleichzeitig das Rauschen der Mur zu hören: Das ist wie eine Komposition.

Steckbrief
Geboren am 15.1.1986 in Zürich.
Lebte in Wien und besuchte dort ein Musikgymnasium.
Studierte Elektrotechnik-Toningenieur an der TU Graz, wo sie als Universitätsassistentin tätig ist.
War akustische Beraterin für das Kongresszentrum in Alpbach.

WOCHE-Wordrap
Am liebsten höre ich ... klassische Musik bei einem Glas Wein mit Freunden.
Das sollten Leute öfter hören ... ich kann jedem einen Soundwalk durch die Stadt empfehlen.

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