Erinnerung an Novemberpogrom
"Feuerwehrmann" blickt auf die Synagoge Graz
Am Dienstag präsentierte die Jüdische Gemeinde Graz das neu entstandene Denkmal: Die Skulptur "Der Feuerwehrmann" des Künstlers Peter Rosarič, die an den Novemberpogrom 1938 erinnert und damit auf die Synagoge blickt. Unter dem Motto "gemeinsam*gedenken"findet am Mittwoch (von 17.30 bis 18.30, Treffpunkt am Freiheitsplatz) eine Mahnwache statt.
GRAZ/STEIERMARK. Der Novemberpogrom war für die breite Masse der offizielle "Startschuss", der Ideologie der Nationalsozialistinnen und -sozialisten zu folgen, die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger systematisch und radikal zu diffamieren, zu verfolgen, sie zu enteignen. Der Beginn der Vertreibung, Deportierung und Ermordung der Jüdinnen und Juden in ganz Europa. Die "Reichskristallnacht" – eine zynische Anspielung auf die Scherben von zerstörten Fenstern und Auslagen, die hinterlassen wurden, als Gotteshäuser, Geschäftsräumlichkeiten und sogar Privatwohnungen/-häuser zerstört wurden – vom 9. auf den 10. November war ein beispielsloser Akt der Gewalt und des Hasses.
Davon blieb auch Graz mit der größten jüdischen Gemeinde der Steiermark nicht verschont. Neben der Zerstörung von Geschäften und Wohnungen sowie des Gotteshauses wurde auch die Zeremonienhalle am jüdischen Friedhof geplündert und in Brand gesteckt. Die Synagoge Graz brannte vollständig nieder. Erst 1998 wurde beschlossen, sie wieder aufzubauen.
"Noch hörte ich, wie die Bestien sagten, 'der braucht keinen Schuss mehr'. Was dann mit mir geschehen ist, weiß ich nicht. Ich fiel in eine Bewusstlosigkeit und so mochte ich etwa eine halbe Stunde so dagelegen sein. Als ich erwachte, hatte ich rasende, nicht zu beschreibende, furchtbare Schmerzen und ich war noch immer benommen und wusste nicht, wo ich bin und was mit mir geschehen war."
Rabbiner David Herzog, Erinnerungen an diese Nacht
Zur Geschichte des Novemberpogroms in Graz und der Steiermark, zur Historie der Synagoge und persönlichen Schicksalen in dieser Nacht:
Ein Mahnmal für die Opfer
Hauptsächlich von der SA durchgeführt, gab es auch einige Private, die sich des Pogroms anschlossen. Als spontaner Akt eines Volkszornes, der sich entladen hätte, betitelt, ist der Novemberpogrom allerdings die Spitze des Antisemitismus, der seit Jahrzehnten manchmal mehr, manchmal weniger auch öffentlich schon bekundet wurde und den die Nationalsozialistinnen und -sozialisten für ihr (politisches) Gedankengut nutzen konnten und umgekehrt: vorantrieben.
Am Dienstag wurde bei der Synagoge Graz ein neues Denkmal gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Jüdischen Gemeinde, des Graz Museums, der Ortweinschule, des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark und Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Graz präsentiert. Begleitet wird die Enthüllung des Denkmals von einer Ausstellung: Elf Schülerinnen und Schüler der Grazer Ortweinschule, Abteilung Bildhauerei Objektdesign Restaurierung, setzten sich in Kooperation mit dem Graz Museum intensiv mit Aspekten der dort präsentierten Ausstellung jüdisches Leben in Graz auseinander.
Die Skulptur "Der Feuerwehrmann" von Peter Rosarič, eine kleine Bronzefigur, die eine Feuerwehruniform der 1930er-Jahre trägt, ist in unmittelbarer Nähe zur Synagoge aufgestellt worden und blickt direkt auf sie. Sie ist ein Mahnmal für die Opfer jener Nacht. Denn als die Synagoge niederbrannte, beobachteten, wie überall im Land, die Feuerwehrleute den Brand, schritten aber nicht ein und ließen gewähren. Sie verhinderten nur das Übergreifen des Feuers auf nahegelegene Gebäude. Im Zuge der "Reichskristallnacht" wurden beinahe alle männlichen erwachsenen Juden in der Steiermark – gut 300 aus Graz und weitere 50 aus den restlichen Bezirken – verhaftet und nach Dachau transportiert.
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