"Graz braucht ein neues Parkraum-Konzept!"
Weniger Abstellflächen in der Stadt und Geld von Shopping-Citys für die
Wirtschaft in der Innenstadt will der Experte.
14.400 Parkplätze gibt es in den Kurzparkzonen der steirischen Landeshauptstadt. Für Parkplatzsuchende zu wenig. Denn: Täglich werden rund 150.000 Kilometer in Graz verfahren, um eine freie Abstellfläche zu finden – einer der Hauptgründe für den zähflüssigen Verkehr an der Mur. Abhilfe wäre leicht zu schaffen: durch den Umstieg auf „Öffis“. Doch das passiert kaum. Für Verkehrsexperte Hermann Knoflacher, seines Zeichens Erfinder der Fußgängerzone in der Grazer Altstadt, gibt es zwei Zugänge, um das zu ändern:
„Weg mit dem Abstellplatz!“
• „Solange der Kfz-Parkplatz näher an der eigenen Wohnung als jede „Öffi“-Station ist, wird niemand umsteigen“, meint Knoflacher. Er fordert daher: „Der Abstellplatz hat am Straßenrand nichts verloren! Das abzustellende Auto muss mindestens gleich weit weg wie die nächste Bus- oder Bim-Haltestelle sein, damit es eine ernst zu nehmende Alternative ist.“ Sobald das allerdings der Fall wäre, „würden die Menschen automatisch auf Bus, Bahn & Co. umsteigen“, ist sich Knoflacher sicher.
„Geld für die Innenstadt!“
Sein zweiter Lösungsansatz, um die Grazer Parkplatzproblematik zu entschärfen, betrifft Shopping-Center:
• Diese seien – zumindest laut dem emeritierten Professor der Technischen Universität Wien – kontraproduktiv für öffentliche Verkehrsmittel, denn „diese sind speziell für das Auto optimiert“, erklärt Knoflacher. „Öffis“ würden nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen.
In der Folge verliert der öffentliche Verkehr durch Citypark, Shoppingcity Seiersberg & Co. Attraktivität. „Diese Einkaufszentren werden auf Kosten der Allgemeinheit finanziert“, klagt Knoflacher die privatwirtschaftlich geführten Einkaufszentren an, „denn diese sind nur so gut wie die Straßen, die zu ihnen führen.“
Und mit Ausnahme der letzten Meter werden diese durch die öffentliche Hand finanziert. Knoflacher fordert daher, dass die Shopping-Center-Parkplätze genauso wie die Kurzparkzonen der Altstadt besteuert werden. Die Einnahmen sollen in die Stärkung der innerstädtischen Wirtschaft fließen. „Der öffentliche Raum würde gestärkt und die Grazer Plätze belebt werden“, glaubt der Verkehrsexperte.
Außerdem: „Sogar soziale Kontakte würden gesteigert werden“, meint Knoflacher. Denn wer sich in ein Auto setze, sei „sozial isoliert“.
Zumindest bis man einen Parkplatz gefunden hat …
WOCHE-Wissen
Baugesetz: Der Paragraf 89 des Steiermärkischen Baugesetzes sieht vor, dass bei Errichtung einer Wohneinheit ein eigener Abstellplatz für das Kfz zur Verfügung stehen muss. Geht es nach dem Verkehrsexperten Hermann Knoflacher muss dieses Gesetz schleunigst gekippt werden. Der Grund für den Verkehrsexperten liegt auf der Hand: "Dieser Ansatz stammt grundsätzlich aus dem Jahr 1939, wo man Motorisierung noch förderte."
Schreiben Sie!
Sollen die Parkplätze von Shopping-Citys wirklich besteuert werden – zugunsten der lokalen Wirtschaft? Was muss sich an der Parkplatz-Problematik in Graz ändern? Sie haben Ideen, Wünsche, Kritik?
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