"Ich habe beide Söhne an die Drogen verloren"

Endstation:  Mutter erzählt darüber, wie Drogen ihr die Kinder nahmen. | Foto: geopho.com
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Mutter von Süchtigen bricht das Schweigen: „Suchtprogramme zeigen null Wirkung!“

Die Mittvierzigerin Erika* wirkt stark – auch wenn sie von der Drogenabhängigkeit ihrer Kinder spricht. Nur ab und zu schweift ihr Blick ab, muss sie schlucken, werden die Augen feucht. Doch sie spricht mit fester Stimme: „Die Buben waren 15 und 16 Jahre alt, als das mit den Drogen begann. Mein Mann hatte uns verlassen und ich hab geglaubt, dass sie das gut wegstecken.“
Doch hinter der Fröhlichkeit steckten bereits Drogen. Der Ältere kam durch eine Freundin damit in Kontakt, die ihm während dem Sex vorschwärmte, wie viel besser er wäre, wenn er was nehmen würde. Der Jüngere kam durch falsche Freunde ebenfalls an harten Stoff. „Als ich merkte, dass etwas nicht stimmt, fuhr ich mit ihnen ins LSF (Landesnervenklinik Sigmund Freud). Zu Hause haben wir mit Tabletten den ersten Entzug probiert. Damals wusste ich aber noch nicht, dass sie schon auf Heroin waren“, erzählt Erika.
Der Ältere, Ralph*, machte in Folge sieben Entzüge. Erika, deren gesamte Ersparnisse durch die Sucht der Kinder draufgingen: „Ralph verdiente damals gut, er finanzierte auch die Sucht seines jüngeren Bruders Karl*. Beide landeten schließlich im Substitol-Programm, bekamen Tabletten, mit denen sie den Alltag meistern hätten sollen. „Sie mussten das Substitol zwar in der Apotheke schlucken, spuckten es aber beim Rausgehen wieder aus, um es sich zu spritzen. Ich fragte meine Buben, warum sie das machen, und sie meinten, dass es da besser einfährt und sie außerdem geil auf Spritzen seien“, schildert Erika, die sich darüber maßlos ärgert: „Ich verstehe nicht, warum man Drogenersatzstoffe an Süchtige verteilt, die so leicht zu missbrauchen sind!“ Sie wandte sich dabei auch an LAbg. Edi Hamedl (seine Forderungen siehe unten).
Freier Wille führte in den Tod
Auch Beratungen bei Institutionen änderten nichts. „Ich wollte Ralph einweisen lassen, aber das geht bei Volljährigen nicht mehr. Ich bekam von einer Psychologin bei der Beratungsstelle den Rat: Lassen Sie ihn seinen Weg gehen.“ – Dieser endete schließlich auf dem Friedhof. Erika fand Ralph total abgemagert und gelb vor. Mittlerweile spritze er sich auch Mephedron (Düngemittel). Er bekam außerdem Hepatitis C. Die Rettung brachte ihn ins Krankenhaus, akutes Leber- und Nierenversagen und eine Herzklappenentzündung wurden diagnostiziert. „Er hat mir noch einmal die Hand gedrückt, bevor er am 1. Dezember 2009 starb.“
In diesem Moment schwor Karl, dass er mit den Drogen aufhören würde, doch es blieb beim Wunsch. „Es ist alles noch schlimmer geworden. Auch er nimmt Mephedron, das ihn total kaputtmacht. Füße, Bauch, sogar Genitalbereich sind aufgedunsen, voll Wasser“, beschreibt Erika. Ob sie noch Hoffnung hat? „Wahrscheinlich kann ich nur zuschauen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt“, so Erika, die anbietet, ihre Erfahrungen mit anderen betroffenen Eltern oder auch an Schulen zu teilen.
* Namen von der Redaktion geändert

Forderungen:
Nach der Vorlage des steirischen Suchtberichts, den LAbg.
Edi Hamedl mehr als lückenhaft findet, stellt er fünf Forderungen, die er umgesetzt sehen will.
1. Die Dokumentation bei der Suchthilfe gehört ausgebaut und verbessert. Es mus lückenlos dargestellt werden, wie viele Personen welches Programm machen, wie viele abbrechen, wie viele es schaffen, von der Sucht loszukommen. Auch alle Behandlungen einer Person gehören dokumentiert.
2. Anstelle der Apotheken sollen zentrale Drogenambulanzen Substitol verteilen. Dort müsse ein multiprofessionelles Team im Einsatz sein.
3. Statt Substitol sollten Drogenersatzmittel verwendet werden, die man nicht missbrauchen (spritzen) kann. Kein Substitol an unter 19-Jährige. Die sollen therapiert werden (mindestens ein Jahr).
4. Die Vor- und Nachbetreuung Suchtkranker gehöre verbessert. Es ist unerlässlich, dass sie in den Arbeitsmarkt zurückfinden, ansonsten fallen sie in alte Verhaltensmuster zurück. Man geht davon aus, dass derzeit nur 5 bis 7 Prozent den Ausstieg schaffen.
5. Klares Nein zum Drogenkonsumraum, dafür sollen Anlaufstellen für Süchtige in zentralen Lagen ausgeweitet werden.

Endstation:  Mutter erzählt darüber, wie Drogen ihr die Kinder nahmen. | Foto: geopho.com
Edi Hamedl | Foto: On Eye
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