Zukunft des Gries
Rösselmühle – vom Wahrzeichen zum Abrissobjekt
Seit etwa einem Jahr finden Initiativen zu Zustand und Zukunft des Grazer Bezirks Gries immer größere Resonanz. Ethnografie-Studierende fürchten nun allerdings, dass nach dem spektakulären Brand der Rösselmühle am 1. April dieses Jahres der Abriss eines Wahrzeichens Grazer Industriekultur unmittelbar bevorstehen könnte und weitere Bebauung den Bezirk zunehmend belastet.
GRAZ. 1950 vermeldete man in Graz stolz den Bau eines neuen, 40 Meter hohen Getreide Siloturms der Rösselmühle. Er sollte das "neue Wahrzeichen von Graz" werden, hieß es damals. Hoch über Graz stand die Rösselmühle für handwerkliche Tradition und technische Zukunft und verband die arbeitende Stadtbevölkerung mit der bäuerlichen Region. 1951 wurde dem Siloturm gar eine offizielle Anerkennung des Vereins für Heimatschutz für vorbildhaftes "heimatliches Bauen" zugesprochen.
Industriedenkmal erhalten
Ganz anders klangen die Meldungen unmittelbar nach dem katastrophalen Brand eines der historischen Nebengebäude im April dieses Jahres: Die Mühle sei nicht zu retten, die beiden Silotürme und das intakte Mühlengebäude seien zu nichts zu gebrauchen. Ein Abriss steht seitdem im Raum und würde den Weg öffnen für die Entwicklung des Areals für Wohnbau.
Doch wurden schon davor, seit Anfang 2022 Initiativen laut, die sich gegen die weitere Verbauung in Gries und für den Erhalt und die kreative Umnutzung der 800-jährigen Rösselmühle positionieren. Eine davon ist ein Forschungsprojekt der Uni Graz rund um die Kulturanthropologin Katharina Eisch-Angus: Von März 2023 bis Anfang 2024 forschen Studierende zu Geschichten und Erinnerungen aus der Rösselmühle und dem umliegenden Griesviertel. Sie fragen nach Alltag und Arbeitsleben in Gegenwart und Vergangenheit, nach nachbarschaftlichen Beziehungen, gewerblichem (Bau-)Erbe und den Wünschen an die Zukunft.
Identitätsanker für die Stadt
"Imposante Landmarks wie die Rösselmühle, aber auch die kleingewerblichen Altstadthäuser des Gries sind sozialkulturelle Identitätsanker", ist sich die Forschungsgruppe sicher. Es spreche viel für einen wirksamen Altstadt- und Ortsbildschutz im Gries, von der emotionalen Bindekraft der gewachsenen Hauslandschaft zur Stärkung wirtschaftlicher und sozialer Gefüge bis zum Erhalt kultureller Diversität und zum Klimaschutz. "Ob es dazu noch kommt, ist jedoch mehr als fraglich", stellen die Studierenden fest.
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