Linzer Wirtin überfahren
Teenager wegen versuchten Mordes verurteilt

- Landesgericht für Strafsachen in der Conrad-von-Hötzendorfstraße in Graz-Jakomini
- Foto: MeinBezirk.at
- hochgeladen von Christoph Lamprecht
Am Dienstag mussten sich zwei steirische Teenager vor dem Straflandesgericht in Graz-Jakomini für die folgenreiche Flucht aus einem Lokal in der Linzer Innenstadt, bei der eine Frau lebensgefährlich verletzt wurde, verantworten. Sowohl die Lenkerin als auch ihr Beifahrer wurden wegen versuchten Mordes verurteilt.
GRAZ/LINZ. In Handschellen werden die beiden Angeklagten in den großen Schwurgerichtssaal geführt, gesenkter Blick, sichtliche Betroffenheit bei den Anwesenden. Der Fall, für den sich die beiden verantworten müssen, ist ein tragischer: Vergangenen Sommer konnten oder wollten die Jugendlichen – eine damals 16-Jährige und ein damals 17-Jähriger – ihre Rechnung in einem Linzer Sushi-Lokal nicht bezahlen. Beim Versuch die Zeche zu prellen überfuhr das flüchtende Paar die Wirtin – das zeigen die Aufzeichnungen einer Überwachungskamera wie auch das Grazer Kennzeichen des Autos. Dabei wurde die damals 41-jährige Frau lebensgefährlich verletzt.

- Das Opfer wurde mit dem Rettungswagen von Linz zur Verhandlung nach Graz gebracht.
- Foto: MeinBezirk.at
- hochgeladen von Christoph Lamprecht
Bis heute ist das Opfer, das in Lebensgefahr schwebte und im Rollstuhl zur Hauptverhandlung im Grazer Landesgericht für Strafsachen erscheint, körperlich wie mental schwer gezeichnet. Sie habe noch immer Schmerzen, nehme dagegen täglich mehrere Tabletten, wann und ob sie wieder vollends genesen und arbeitsfähig sein wird, ist noch immer unklar. Vergangene Woche wurde sie zum sechsten Mal operiert, zwei OPs und eine Reha stehen ihr noch bevor.
Vorstrafen und mehrere Anzeigen
Dem Wunsch der Verteidigung, die Verhandlung gänzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen, kommt die Richterin nicht nach. Sehr wohl müssen die Anwesenden bei den Einvernahmen der Angeklagten den Gerichtssaal verlassen. Unbekannt sind die Teenager der Justiz nicht: Beide haben eine Vorstrafe – die 2007 geborene Lenkerin des Tatfahrzeugs wegen Nötigung, versuchter Körperverletzung und falscher Beweisaussage, der 2006 geborene frühere Elektrikerlehrling wegen versuchter Nötigung.
Zudem liegen zahlreiche Anzeigen verschiedener Polizeidienststellen vor – darunter wegen unbefugter Betriebnahme von Kraftfahrzeugen, Treibstoff-Diebstahl sowie Taxifahren ohne zu bezahlen und das Aufbrechen von Zigarettenautomaten, wie die Staatsanwältin betont. Für sie grenze es an ein Wunder, dass das Opfer überlebt hat. Eine Ansicht, die der Gerichtsmediziner später teilt – er spricht von einem "glücklichen Umstand" und "reinem Zufall", dass der Frau das Becken und nicht etwa der Brustkorb oder der Kopf zertrümmert wurde. In Anbetracht der Vorgeschichte der Angeklagten, hält die Staatsanwältin fest, das Gefühl zu haben, dass den beiden schon "ziemlich alles egal" war und zugunsten ihrer Flucht aus Linz es billigend in Kauf genommen wurde, dass "das Schlimmste" passiert.
"Es ging alles sehr schnell"
Naturgemäß anders sieht das die Gegenseite. So beruft sich der Verteidiger der heute 17-Jährigen auf deren tragische Kindheit, die bei der Angeklagten neben Suizidgedanken zu Panikattacken geführt haben. So sei seine Mandantin in einer Panikhandlung auf das Gaspedal gestiegen, ohne davor wahrgenommen zu haben, dass sich die Wirtin bereits vor dem Fahrzeug befand. Einen Vorsatz will auch der Anwalt des jungen Mannes nicht erkennen und stellt zudem dessen Beitrag zur Tatausführung als Beifahrer in Frage. Doch laut der Angekagten soll sie der damals 17-Jährige zum Losfahren aufgefordert haben – zu welchem Zeitpunkt genau, kann sie allerdings nicht sagen.

- Die Überwachungskameras aus einem Parfumeriegeschäft zeichnete den Moment des Grauens auf.
- Foto: Jasmins Perfumes
- hochgeladen von Felix Aschermayer
Ob es direkten Blickkontakt zwischen den Fahrzeuginsassen und dem Opfer vor dem Losfahren gegeben hat, kann wiederum die chinesische Lokalbetreiberin nicht endgültig beantworten. "Es ging alles sehr schnell. Ich glaube, sie hat mich gesehen, aber ich kann es nicht definitiv beantworten", übersetzt die Dolmetscherin. Der Angabe der angeklagten Lenkerin, sie sei in das bereits fahrende Auto gelaufen sei, widerspricht das Opfer – diesmal selbst auf Deutsch: "Sicher nicht!"
Beide Angeklagte verurteilt
Dienstagabend dann das Urteil: Die Geschworenen sahen die Schuld der beiden Angeklagten als erwiesen an. Die Lenkerin wurde zu vier Jahren Haft, ihr Beifahrer zu 30 Monaten verurteilt. Als Höchststrafe wären sogar 15 Jahre Haft möglich gewesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das könnte dich auch interessieren:



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.