Familienflüsterer Dr. Streit
Was Großeltern und ihre Enkel verbindet
Die familiäre Verbundenheit schafft es über mehrere Generationen: Auch wenn Großeltern und ihre Enkel viele Jahre trennt, sind sie sich emotional oft besonders nahe. Familienflüsterer Philip Streit darüber, wie eine ganz besondere Beziehung gelingt.
GRAZ. Es gibt große und besondere Lebensereignisse. Dazu gehört es auch, Enkel zu bekommen. Enkel vergrößern nicht nur die Familie, sondern auch die Verbindungen in der Familie. Was ist es, das Enkel und Großeltern verbindet? Beide haben einiges an Entwicklung vor sich: Für die Jungen geht es oft mit hohem Tempo und ungestüm hin zur eigenen Identität. Die Großeltern ziehen sich hingegen vielleicht bald aus dem Beruf zurück, Entwicklungen können hier langsamer, getragen und voller Umsicht stattfinden.
Eine besondere Beziehung
Was ist nun für Großeltern das Besondere an ihren Enkelkindern? Sie lieben ihre Enkel meist innig und was so wichtig ist: Ihr Leben hat neue Bedeutung, sie werden gebraucht und sind wichtig für das große Ganze. Untersuchungen zeigen auch, dass gute Beziehungen zu den Enkeln das Wohlbefinden im Alter steigern und sogar das Leben verlängern können. Und was ist das Besondere für Enkel an ihren Großeltern?
Großeltern haben meist mehr Zeit als Eltern und können ungeteilte Aufmerksamkeit geben. In der gemeinsamen Zeit sind sie ganz für die Kinder da. Außerdem kennen sie Geschichten vom Leben, die Eltern nicht erzählen können und die sie oft für das spätere Leben prägen. Und auch für die Eltern ist die Beziehung der beiden Generationen etwas Bedeutsames. Großeltern sind eine wunderbare Unterstützung – nicht nur im Arbeitsalltag, sondern auch aufgrund ihrer Erfahrung. So können sie bei Erziehungsaufgaben helfen.
Konfliktpotenzial zwischen den Generationen
Doch es gibt auch Fallen in diesen Beziehungen. Großeltern können versuchen, wieder gut zu machen, was sie in der Erziehung der eigenen Kinder versäumt haben. Mitunter wissen sie es dann "besser" als die Eltern und das kann zu unangenehmen Zwistigkeiten führen. Eltern wiederum Eifersucht gegenüber den Großeltern entwickeln, weil die Kinder diese oft verherrlichen und zu ihnen aufblicken. Schwierig wird es auch, wenn Kontakte sehr selten stattfinden. Das Schlimmste sind wohl "Enkel-Sperren“ für die Großeltern, wenn sich die Beziehungen zwischen Eltern und Großeltern oder auch Schwiegereltern verhärten.
Entscheidend für die Enkel-Großeltern-Verbindung ist es daher, dass die Beziehungen zwischen Eltern und Großeltern intakt ist und gepflegt wird. Wie das gelingt? Indem man sich wertschätzend und liebevoll begegnet und einander gute Motive unterstellt. Mit einer herzlichen Einladung und dem Verzicht auf Besserwisserei lässt sich so mancher Familienkrach vermeiden. Hier einige Tipps, wie ein gutes Verhältnis zwischen Enkel und Großeltern gelingt:
Tipps vom Familienflüsterer
- Es mag selbstverständlich klingen, aber es wird oft vergessen: Eltern stehen bei ihren Kindern immer an erster Stelle. Dass Großeltern die Eltern an dieser Stelle belassen, ist die Basis für eine gelingende Enkel-Großeltern-Beziehungen.
- Es ist verführerisch: Wenn Mama und Papa gerade keine Zeit haben oder irritiert sind, beginnen Großeltern mitunter Ersatzerziehung zu leisten. Das Wichtigste jedoch ist, den Eltern die Erziehung zuzutrauen und sie zu unterstützen.
- Eltern tut es durchaus gut, wenn sie mal ein bisschen loslassen und nicht alles auf die Goldwaage legen, wenn die Großeltern die Kinder verwöhnen.
- Großeltern sollten zugleich mit Maß und Ziel verwöhnen. Regelmäßiger wertschätzender Austausch mit den Eltern ist dabei hilfreich.
- Eltern sollten nachsichtig sein, wenn Großeltern Dinge auf ihre eigene Weise erledigen. Unterstützung soll in Anspruch genommen, aber nicht ausgenutzt werden. Respektvoller Umgang ist entscheidend.
- Es braucht regelmäßigen Kontakt mit den Großeltern, etwa einen Großeltern-Tag in der Woche. Großartig sind auch Urlaube bei den Großeltern.
- Auch die neuen Techniken können genutzt werden, um Großeltern ins Boot zu holen. Eine Gute Nacht-Geschichte per Zoom oder WhatsApp kann bereichernd sein.
- Sag "Danke" für all das, was die Großeltern leisten.
So können besondere und innige Verbindungen entstehen, die nicht nur Enkeln, sondern allen guttun.
Der Experte
Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater. Seit 1994 leitet er das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz, das unter 0316 77 43 44 für dich da ist. Hast du Fragen, wie du dein Leben gestalten sollst, brauchst du Rat? Deine Fragen an Dr. Philip Streit gerne jederzeit an: redaktion.graz@regionalmedien.atMehr Tipps vom Familienflüsterer:
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