Alte Häuser, ältere Bewohner
Wo in Graz weiter mit Öl geheizt wird
Bis 2035 soll es im Stadtgebiet keine Ölkessel mehr geben, jetzt sind es noch rund 8.000. Trotz aktueller Bundesförderung macht die Umrüstung momentan nicht überall Sinn, vor allem Einfamilienhäuser aus den 1950er Jahren sowie deren oft alte Bewohnerinnen und Bewohner sind teilweise "alternativlos".
GRAZ. Familie A. (Name der Redaktion bekannt) lebt in Straßgang, ihr Einfamilienhaus wurde zwischen 1949 und 1955 erbaut, seit Ende der 1990er Jahre heizen sie mit einem Ölkessel. Im vergangenen Jahr gab dieser "den Geist auf", was die Frage aufwarf: "Was nun?" Eigentlich sollte in so einem Fall kein neuer Ölkessel mehr eingebaut werden, bis 2035 sollten diese gänzlich verschwunden sein. Allerdings gab es bei den Umstellungsmöglichkeiten ein Problem, wie das Ehepaar erzählte. Fernwärme liege zwar am Nachbargrund, durch den großen Garten vor dem Haus sei eine Anbindung ans Fernwärmenetz für den Anbieter finanziell aber ein Minusgeschäft. Option zwei wäre eine Wärmepumpe, Kostenvoranschlag rund 36.000 Euro. Die dritte Option: eine Pelletsheizung, die sich im selben preislichen Rahmen bewegt. Frau A. (75 Jahre) und Herr A. (79 Jahre) sind beide in Pension, finanzielle Sprünge in dieser Größenordnung seien nicht mehr möglich, Herr A.: "In meinem Alter bekomme ich auch keinen Kredit mehr."
Kein Einzelfall
Aufgrund dieser Umstände darf Familie A. den defekten Ölkessel tauschen und, vorübergehend zumindest, weiter mit Öl heizen, für die beiden eine Erleichterung. Dieses Beispiel ist allerdings kein Einzelfall, insgesamt gibt es, basierend auf der Heizanlagendatei des Landes Steiermark, in Graz noch rund 8.000 Ölheizungen. Wie ein Blick auf die "Dichtekarte" zeigt, gibt es vor allem in Gösting und Lend eine Art "Cluster". Werner Prutsch, Leiter des Grazer Umweltamts, erklärt dazu: "Das war auch für uns überraschend, wir hätten das eher im Süden der Stadt erwartet." Auch dort sind vermehrt Ölheizungen zu finden, allerdings kaum in Mehrparteienhäusern wie im Norden. (Deshalb in der Karte auch als kleinere Punkte sichtbar.) In der Datenbank eingetragen werden die Heizformen von den Rauchfangkehrerinnen und Rauchfangkehrern, im Umweltamt vermutet man außerdem, dass im Süden nicht alle Anlagen eingetragen sein könnten.
Häuser aus den 50er Jahren und Bewohner über 80
Prutsch erzählt dabei, vor allem im Süden, von einem Muster: "Viele dieser Häuser wurden in den 1950er Jahren erbaut und werden von älteren Personen mit wenig Einkommen bewohnt." Ein Heizungswechsel sei vielerorts, auch mit Förderung, nicht möglich, so seien 300 dieser Haushalte beispielsweise von Sozialcard-Empfangenden bewohnt. Prutsch: "Es gibt zwar die Möglichkeit einer 100 Prozentförderung aus Wien, da stellt sich dann aber natürlich die Frage, macht das wirtschaftlich Sinn?" Denn, wenn die nächste Generation Häuser und Grundstücke übernehmen würde, dann müsse entweder sowieso generalsaniert werden oder das Haus weiche einem Gebäude mit mehreren Wohnungen, eine Entwicklung die Familie A. in ihrem direkten Umfeld verstärkt beobachtet hat. Auch in Anbetracht dessen, wählt die Stadt Graz diesen Weg, in Einzelfällen Ölheizungen weiter zu genehmigen.
Gesetzliche Pflicht statt freiwilliger Förderung
Mittel bis längerfristig sei der Umstellung all dieser Heizungen aber alternativlos. Generell plädierte Prutsch für einen weiteren Ausbau der Fernwärme, nach Mariatrost beispielsweise. Aber auch stelle sich die Frage der Wirtschaftlichkeit, nach den aktuellen Vorgaben, wäre das für die Betreiber nämlich nichtmal kostendeckend möglich. Außerdem findet der Leiter des Umweltamts auch das Fördersystem des Bundes nicht optimal, es brauche klarere gesetzliche Vorgaben. Prutsch zog einen interessanten Vergleich: "Wenn man das Kanalnetz damals so gebaut hätte, dann hätten wir heute teilweise noch ein Fasssystem wie vor 100 Jahren."
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