Zwischen Bühne und Behandlungsraum

Umdenken: Constanze Dennig wünscht sich einen anderen Umgang mit arbeitenden Müttern. | Foto: Privat
  • Umdenken: Constanze Dennig wünscht sich einen anderen Umgang mit arbeitenden Müttern.
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Sie sind unter anderem Psychiaterin, Autorin, Regisseurin, Theaterleitern und Mutter von zwei Kindern. Geht das überhaupt alles gleichzeitig?
Meine Kinder sind inzwischen erwachsen, dieser Faktor fällt also schon einmal weg. Ansonsten versuche ich, mich neben meiner medizinischen Tätigkeit immer nur auf eine Sache zu konzentrieren. Im Moment sind das gerade die Krimis, die ich schreibe („Abgetaucht – Alma Liebekinds 1. Fall“, Dennigs erster Kriminalroman, ist seit dem Vorjahr am Markt, ein zweiter Teil erscheint im Herbst, Anm.).

Ihre ärztliche Arbeit ist also die einzige Konstante?
Genau. Ich muss mir aber auch meine kreative oder künstlerische Tätigkeit so einteilen, wie meine medizinische – ich warte nicht einfach auf eine Inspiration: Wenn ich zum Beispiel am Vormittag Ordination habe, schreibe ich am Nachmittag. Ich bin keine Chaotin und ich glaube nicht, dass man viel schafft, wenn man das nicht gut organisiert hat.

Sie haben erwähnt, dass Ihre beiden Kinder erwachsen sind. War davor auch schon Zeit für kreative Arbeit?
Als die Kinder noch klein waren, lag der Fokus wirklich nur auf ihnen und der Medizin. Ich habe mich aber auch schon bevor die Kinder da waren mit Theater beschäftigt und geschrieben.

Wie stark ist ihre Arbeit als Ärztin mit ihrer schriftstellerischen Tätigkeit vernetzt?
Sehr stark. Als Psychiater hat man natürlich ein riesiges Spektrum an Lebensgeschichten, das jemand anderem in dieser Masse nicht unterkommt. Das beeinflusst natürlich auch die Figuren, die man dann in einem Stück oder einem Roman erfindet. Es lässt sich also gar nicht vermeiden, dass das sehr stark miteinander verflochten ist.

War das auch ein Grund, warum sie dieses Fach gewählt haben?
Das war sicher ein Grund. Ich habe auch in meiner Facharztausbildung im Rahmen der Psychotherapie Dinge wie Psychodrama gemacht, die im entferntesten etwas mit Theater und Literatur zu tun haben.

Letztes Jahr ist ihr erster Krimi erschienen. Wie kam es dazu?
Ich wollte eigentlich nie einen Krimi schreiben. Mein Bühnenverlag arbeitet aber mit Amalthea (Verlag, Anm.) zusammen und dort hat man mich einfach gefragt. Inzwischen ist der zweite Roman fertig und es entsteht eine Serie. So wie es im Moment ausschaut, wird das Buch auch im ORF verfilmt werden.

Alma Liebekind, die Ermittlerin, ist Psychiaterin.
Es ist leichter, etwas zu schreiben wo man sich auskennt, als möglicherweise durch Recherchen Fehlinformationen weiterzugeben.

Wie viel hat die Figur mit Ihnen selbst zu tun?
Jede Figur, die man beschreibt, ist Teil von einem selbst – sonst könnte man sie nicht erfinden. Vom charakterlichen her, bin ich nicht wie sie. Ich habe mich nicht selbst beschrieben – jedenfalls nicht absichtlich. Ich möchte mein Seelenleben nicht vor anderen ausbreiten.

Sie sind Geschäftsführerin des Grazer „Theater am Lend“. Hat man es als weiblicher Kulturmanager schwerer als ein Mann?
Ich habe es als Frau überhaupt nie schwerer gehabt – weder in der Medizin, noch in der Kunst. Dass das Aufziehen der Kinder Zeit und Ressourcen wegnimmt, ist ja klar. Das ist natürlich etwas, das Frauen in ihrer Karriereplanung immer abgehen wird – ich habe aber natürlich auch die Möglichkeit zu sagen, ich will keine Kinder haben. Und auch diese ganze Debatte mit dem „I“ und so weiter finde ich wirklich an der Sache vorbei.

Was wäre der Sache dienlich?
Ein anderer Zugang zum Großziehen der Kinder. Im deutschsprachigen Raum ist ja festgesetzt, dass die Kinder und die Mütter immer zusammen sein müssen. Bei den Franzosen oder Nordländern ist es überhaupt kein Problem, wenn das Kind auch von jemand anderem aufgezogen wird, während bei uns viele Frauen Schuldgefühle haben, wenn sie nicht die ganze Zeit mit den Kindern zusammenpicken. Dabei hätte das Kind einen riesigen sozialen Input, wenn es zum Teil auch von anderen betreut würde. Es ist auch eine irrsinnige Chance für Kinder zu lernen, sich in einem sozialen Umfeld zu behaupten.

Steckbrief
- 1957 in Linz geboren
- ist u. a. Autorin und Facharzt für Psychiatrie und Neurologie
- leitet ein Therapiezentrum in Graz-Andritz
- ist Geschäftsführerin des „Theater am Lend“
- www.constanzedennig.com

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