Die Betriebssportler aus der Sackstraße

- Gemeinsam mit dem SK Sturm Graz haben Franz Öhler und weitere Kaufleute die "Gruabn" ausgebaut.
- Foto: 1953-08-01_Sturm_PSV-Eindoven_6-3 F 17/Sammlung Sturm Graz
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Einst florierte der Betriebssportverein des Kaufhauses Kastner & Öhler – bis die Nazis alles zunichte machten.
Die Turn- und Sportbewegung entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit zum Massenphänomen. Entscheidende Grundlage war der Ausbau der Sozialpolitik nach dem Ersten Weltkrieg. Breiten Schichten wurde es durch die Arbeitszeitverkürzung und die Einführung des bezahlten Urlaubs ermöglicht, in ihrer Freizeit Sport zu treiben. Auch politische Partien, Unternehmen und Gemeinden erkannten den Zeitgeist und unterstützten Turn- und Sportvereine. Stars, Mythen und Geschichten machten den Sportbetrieb zum Teil der modernen Populärkultur.
Kaufhaus gründet Sportverein
Das Kaufhaus Kastner & Öhler hatte sich seit der Gründung der Filiale in der Sackstraße im Jahr 1883 zu einer fixen Größe der innerstädtischen Kaufmannschaft entwickelt und lockte Kunden aus der ganzen Steiermark nach Graz.
Fortschrittlich war auch der Umgang mit den eignen Mitarbeitern: Neben einem „Spar- und Unterstützungsverein“ für die Angestellten wurden zahlreiche freiwillige Sozialleistungen eingeführt. In dieser Tradition stand auch die Gründung des "Sport- und Kulturvereins Kastner & Öhler" im Jahr 1927.
Die Mitgliedschaft im Verein war bis 1929 exklusiv auf Beschäftigte des Kaufhauses beschränkt. Mit der Ausweitung auf Verwandte, Freunde und die Eigentümerfamilien entstand aus dem Betriebssportverein ein beachtlicher Allroundsportverein. Unterteilt in Sektionen wurden Musik und Theater sowie 13 verschiedene Sportarten – darunter etwa Eishockey, Fußball, Boxen, Handball, Schwimmen und Tennis – ausgeübt. Im Jahr 1934 erhielt der Verein einen neuen Namen: „Körpersportklub Graz“.

- Sportbegeisterter Kaufmann: Franz Öhler (r.)
- Foto: Kastner&Öhler Warenhaus AG (HG). K&Ö. Kastner& Öhler.1873-2008. Die ersten 135 Jahre. Graz 2008. S. 19 (Zitat Seunig)
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Franz Öhler und die „Gruabn“
Der sportbegeisterte Kaufmann Franz Öhler übernahm das Amt des Präsidenten. Gemeinsam mit Sturm Graz wurde der später als „Gruabn“ bekannte Sportplatz im Bezirk Jakomini ausgebaut. Öhler und weitere namhafte Grazer Unternehmer finanzierten den Umbau sowie die Errichtung der noch heute bestehenden überdachten Holztribüne. Am erfolgreichsten waren die Kicker: In der Saison 1934/35 feierte der FC Graz als Fußballsektion des Vereins hinter dem Grazer Sportclub Straßenbahn (GSC) den Vizemeistertitel in der Steirischen Liga.
Unterstützung aus dem Exil
Der „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutsche Reich brachte das Vereinsleben abrupt zum Stillstand: Gemäß der nationalsozialistischen Rassenideologie galt die Abstammung Franz Öhlers als „jüdisch“. Nachdem der Präsident und Förderer nach Zagreb geflüchtet war, musste der Körpersportklub seinen Betrieb im März 1938 einstellen.
Aus dem Exil unterstützte Öhler bis zu seiner Verhaftung 1941 den Widerstand gegen das NS-Regime. Die Befreiung vom Nationalsozialismus überlebte er im „Konzentrationslager Buchenwald“ bei Weimar nur um wenige Wochen: Öhler verstarb am 20. Mai 1945 an den Folgen der jahrelangen Haft. Das Unternehmen Kastner & Öhler bestand nach dem Krieg zwar (bis 1965 als „Alpenlandkaufhaus“) fort, der Betriebssportverein wurde jedoch nicht wiederbelebt und teilte das Schicksal seines Mäzens. Das Grazer Sportjahr und der Denkmalschutz für die „Gruabn“ bieten die Gelegenheit, um an den Körpersportklub und den sportbegeisterten Kaufmann Franz Öhler zu erinnern.


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