New Work
Ein steirisches Autohaus geht organisatorisch neue Wege

Ein starkes (selbstorganisiertes) Team: Das Autohaus Prügger hat sich auf neue Wege eingelassen. | Foto: Prügger
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  • Ein starkes (selbstorganisiertes) Team: Das Autohaus Prügger hat sich auf neue Wege eingelassen.
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Vom hierarchisch gesteuerten Betrieb hin zu einem gemeinschaftlich geführten Unternehmen: Das Autohaus Prügger aus Hausmannstätten hat sich erfolgreich auf neue Organisationsformen eingelassen – ein echtes „best-practice-Beispiel“ für die am 10. und 11. Juni in Graz stattfindende „(Un)Conference Freiräume“.

GRAZ/HAUSMANNSTÄTTEN. Vor 44 Jahren hat sich Jakob Prügger den Traum vom eigenen Autohaus erfüllt, dieses erfolgreich über viele Jahre geführt. Seit 2017 haben die Söhne Lukas und Matthias offiziell übernommen, tief drinnen im familieneigenen Betrieb waren sie zuvor längst schon. 

„Der Chef muss nicht alles wissen“

„Wir haben damals die klassische Pyramide übernommen, das war uns so gar nicht bewusst“, erzählt Lukas Prügger von den Anfängen. Damals beschäftigte man 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist dann aber relativ schnell auf 30 Personen angewachsen. „Wir haben gemerkt, dass wir die Ressourcen im Betrieb steckten, nicht ordentlich abholen konnten. Und das, obwohl wir als Geschäftsführer 60 bis 70 Stunden in der Woche gearbeitet haben.“ Noch ein Aspekt war wesentlich: „Der Chef weiß alles, der Chef muss alles wissen – diesem Anspruch wollten wir nicht mehr gerecht werden.“

„Machen, was Spaß macht“

Der erste Impuls, die Arbeitswelt des Autohauses neu zu strukturieren ging dann von den „Freiräumen“ (siehe Info unten) aus. Die Grundidee klingt simpel, war sie aber natürlich nicht: Die beiden Geschäftsführer sollten das machen können, was sie am liebsten und am besten machen. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten mehr Freude an der Arbeit haben. Über all dem stand der Unternehmenszweck: „Wir helfen Menschen in ihrer Mobilität.“ Danach hat man Teams gebildet und Teammitglieder ausgesucht. „Jeder muss sich damit identifizieren können, dazu muss es eine Verbindung geben.“ Denn, so Prügger weiter: „Wenn’s nur darum geht, halt einen Job zu haben – das ist mir zu wenig.“ Ergebnis? „Wir müssen unsere Leute nicht motivieren, die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen das gar nicht.“ Das habe sogar zu einer Imageveränderung am Arbeitsmarkt geführt, es gebe keine Probleme Personal zu finden. „Moderne Unternehmen finden leichter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, ist Prügger überzeugt.

„Mitgestalten zu können ist kein Goodie“

Konkret bedeutet das, dass es mit allen Teams regelmäßige Workshops gibt, dass Reflexionsprozesse stattfinden und Verbesserungspotenziale klar angesprochen werden. „So kann jeder das Unternehmen mitgestalten. Aber das ist nicht nur ein ,Goodie‘, da muss man mitmachen, muss sich jeder einbringen.“ Die Eigenverantwortung jedes Einzelnen wird dadurch größer – damit aber auch die Verantwortung. „Es muss klar sein: Nicht jeder ist dazu bereit. Trotzdem braucht es alle.“ Deswegen gebe es Teams, die in engerem Rahmen geführt werden, andere, die mehr Spielraum haben.

Auch über die Teams hinweg werden Prozesse besprochen, um Probleme in den Schnittstellen gut bearbeiten zu können. Noch eine Besonderheit: Wenn es das ganze Team für solche Workshops benötigt, dann hat das Autohaus auch unter der Woche einmal für einen Tag geschlossen. „Das bedeutet dann natürlich auch, dass es an diesem Tag keinen Umsatz gibt. Das ist ein bewusstes Investment in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Um die Menschen gehe es in diesen Prozessen insgesamt, um deren Weiterentwicklung. Prügger weiß, wovon er spricht, der studierte Betriebswirt hat eine Ausbildung als Coach und Lebensberater.

Der „Chef“ hat wieder mehr Zeit

Der Vorteil, so Prügger: „Wir bleiben flexibel, können schnell auf Markterfordernisse und Kundenwünsche reagieren.“ So gelinge es, die Organisation anpassungsfähig zu halten und weniger abhängig von externen Einflüssen zu machen.

"Ein Drittel weniger Arbeit, mehr Zeit für Entwicklung" – diese Benefits hat Lukas Prügger aus dem Prozess mitgenommen. | Foto: Prügger
  • "Ein Drittel weniger Arbeit, mehr Zeit für Entwicklung" – diese Benefits hat Lukas Prügger aus dem Prozess mitgenommen.
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Und was hat das neue System denn der Geschäftsführung gebracht? „Ein Drittel weniger Arbeit, das ist ein persönlicher Erfolg für mich“, lächelt Prügger. Sein Job ist mittlerweile ein strategischer, er sammelt Themen, priorisiert diese, sucht nach Lösungen. Welches Thema steht also strategisch als Nächstes an? „2024 steht unter dem Motto Mut und Fehlerkultur.“ Das bedeute nicht, dass „Fehler ohnehin wurscht sind“ – sondern viel mehr, dass man sich an Neues heranwage, experimentiere. Denn, davon ist Prügger überzeugt: „Wir brauchen Fehler, um uns weiterzuentwickeln.“ Und: „Es ist ein Prozess, der kein Ende hat, das muss man gerne machen.“ Nur so seien neue Ideen und Entwicklung möglich.

Das sind die „Freiräume“:
Die Freiräume (Un)Conference ist Österreichs größte Veranstaltung zum Thema „Neue Organisations- und Arbeitsformen.“

Sie findet am 10. und 11. Juni 2024 bereits zum achten Mal in der Grazer Seifenfabrik statt. 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu den Leitthemen Selbstorganisation, Ganzheit und unternehmerischer Sinn in den intensiven Austausch treten. Vor Ort werden unter anderem Unternehmen wie A1, ÖAMTC, Purkarthofer und Axtesys sein.
Tickets und Infos gibt es hier!

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