Start-Up-Zeitung 2021
So funktioniert die rechtliche Absicherung im frühen Stadium

Was passiert, wenn ein Teammitglied noch vor der Gründung aussteigt? Das haben wir Experten gefragt.  | Foto: Pixabay
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Ein Beitrag von Sebastian Peischl (sophia)

Eine Hochzeit ist nicht das einzige Bündnis, dem Verträge im Vorhinein (manchmal) nicht schaden können: Auch in der Welt der Start-Ups wird mit Vorgründungsverträgen gearbeitet. Wozu die gut sind und was sie umfassen sollten, haben wir bei Experten erfragt.

Viele Startups entstehen ähnlich: Jemand hat eine Idee für ein Geschäftsmodell. Er begibt sich auf die Suche nach weiteren Personen, mit denen er das Projekt umsetzen möchte. Ein Team entsteht. Eifrig wird an der Umsetzung gearbeitet. Schlussendlich ein Unternehmen (z.B. GmbH) gegründet.

Was passiert, wenn ein Teammitglied schon vor der tatsächlichen Gründung nicht mehr mitmachen möchte? Oder die anderen Kollegen mit einem nicht mehr zusammenarbeiten wollen? Über die rechtliche Absicherung in diesem frühen Stadium haben wir mit Rechtsanwalt Arno F. Likar (LIKAR Rechtsanwälte), Steuerberater Helmut Leitinger (Hofer Leitinger Steuerberatung), Notar Guido Schwab (Öffentliche Notare Mühl & Schwab) und Rechtsanwalt Ullrich Saurer (Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte) gesprochen.

Die unbewusste Gesellschaft

Die Euphorie für die Umsetzung des Projekts ist groß. Bevor es an die Arbeit geht, sollte das Team beachten, dass durch die operative Zusammenarbeit automatisch Rechte und Pflichten begründet werden. Diese sollte man möglichst früh regeln und aktiv gestalten, erklärt Likar. “Wenn operativ bereits an der Idee gearbeitet wird, dann kann, auch wenn es den Beteiligten vielleicht nicht bewusst war, bereits eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) entstanden sein”, so Schwab.

Weiß, was Sache ist: Rechtsanwalt Arno Likar. | Foto: Tinefoto
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Frühzeitig regeln

Die Zusammenarbeit im Rahmen der entstandenen GesbR und Ausstiegsszenarien gehören von Anfang an geregelt. Likar klärt auf: Wenn jemand schon vor der tatsächlichen GmbH-Gründung aussteigen möchte, könnte eine Abfindung fällig werden. Was einfach klingt, ist in der Realität allerdings äußerst komplex. Um eine solch missliche Situation zu verhindern, sollte früh damit begonnen werden, sich Gedanken über “Was soll passieren, wenn jemand nicht mehr möchte?” zu machen und diese zu verschriftlichen (siehe Checklist). Das hat nicht nur einen psychologischen Effekt (Was wir vereinbaren, daran halten wir uns auch eher und fühlen uns daran gebunden), sondern ist auch – wenn es rechtlich ordnungsgemäß formuliert wird – verbindlich.

Berät Start-Ups: Rechtsanwalt Ullrich Saurer.  | Foto: hba
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Problem: Die Rechte

Saurer rät, diese Punkte und alle Schritte bis zur tatsächlichen Unternehmensgründung in einer Rahmenvereinbarung zu verschriftlichen. Wenn die angestrebte Unternehmensform eine GmbH sein wird, sollte dieser Vertrag als Notariatsakt abgefasst werden. Das häufigste Problem, das ohne genaue Vereinbarung auftritt, ist, so Saurer, dass unklar ist, wer die Rechte an immateriellen Vermögenswerten (z.B. Erfindungen, Marken, Software, Domains, etc.) hat. Wenn nicht geklärt ist, bei wem diese Rechte liegen, dann kann die Investorensuche schwer fallen.

Stehen beratend zur Seite: Notar Guido Schwab und Steuerberater Helmut Leitinger. | Foto: Hofer Leitinger Steuerberatung
  • Stehen beratend zur Seite: Notar Guido Schwab und Steuerberater Helmut Leitinger.
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Die steuerliche Sichtweise

Leitinger weist darauf hin, dass es auch in diesem frühen Projektstadium zu steuerlichen Problemen kommen kann: Die durch die operative Zusammenarbeit entstandene GesbR ist ein eigenes Steuersubjekt mit allen steuerlichen Konsequenzen. Es muss die Frage geklärt werden, wie man den entstandenen Vermögenswert in die zukünftige GmbH überführt.

Rat der Experten

Sobald in einem Team zusammen gearbeitet wird, sollte auf jeden Fall der Kontakt zu Rechtsanwalt, Steuerberater und gegebenenfalls Notar gesucht werden. Das Projekt und das daraus resultierende Unternehmen sollte von Anfang an richtig aufgesetzt sein, damit es im Nachhinein zu keinen Streitigkeiten kommt.

Was sollte alles Teil des Vorgründungsvertrages sein? Wir haben eine Checkliste aufgestellt.  | Foto: pixabay
  • Was sollte alles Teil des Vorgründungsvertrages sein? Wir haben eine Checkliste aufgestellt.
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Checkliste

  • Welche Idee verfolgen wir?
  • Was passiert mit der Idee, wenn wir nicht zusammenkommen? Wer hält daran die Rechte (IP-Strategie)?
  • Wer erbringt welche Arbeitsleistung? Und wie qualifizieren wir diese?
  • Was wird gemacht, wenn die Arbeitsleistungen nicht erbracht werden?
  • Wie viel Zeit wendet jeder auf?
  • Welches Know-how bringt wer ein?
  • Wenn wir gründen, wie sind die Geschäftsanteile und die Arbeitsaufgaben verteilt?
  • Was passiert, wenn jemand ausscheidet?
    (Anmerkung von Likar: Dies würde ich relativ hart formulieren. Wenn jemand bei der Gründung nicht dabei sein möchte, dann soll er grundsätzlich auch nichts bekommen. Es wurden idR keine Umsätze generiert, noch nicht gegründet, es gibt allenfalls noch nicht einmal ein fertiges Produkt, jedenfalls noch keine Marktresonanz und es existiert keine ausreichende gesellschaftsrechtliche Strukturierung. Anders verhält es sich, wenn die anderen Gesellschafter einen nicht mehr dabei haben wollen, dann wird man sehr wohl seine bisherige Leistung bewerten müssen. Allerdings, wer möchte so ein Unternehmen kaufen? Daher ist das Unternehmen in diesem Stadium idR auch noch nicht wirklich etwas wert – genau diese Thematik gehört jedoch frühestmöglich geklärt!)
  • Wem gehören die Rechte? Bei Patentanmeldung: Wird das Patent in die Gesellschaft eingebracht oder nur zur Nutzung überlassen?
    (Anmerkung von Likar: Alle Rechte sollten der zukünftigen Gesellschaft gehören. Wenn ein Investor in die zukünftige Gesellschaft einsteigt, möchte er die Rechte (IPs) im Unternehmen haben, denn diese stellen – neben dem Team – das größte Asset für den Investor dar.)
  • Wer trägt die Aufwendungen, die getätigt werden (Computerkauf, Research, Barauslagen, etc.)? Und wer trägt sie, wenn nicht gegründet wird?
    (Anmerkung von Likar: Diese Aufwendungen sollten von der zukünftigen Gesellschaft ersetzt werden.)
  • Wie werden die Aufgaben verteilt?
  • Wie viel Geld bringt wer ein?
  • Auf welchen Gesellschaftsvertrag einigen wir uns, wenn wir gründen?
    (Anmerkung von Likar: Was passiert, wenn jemand im Nachgründungsstadium ausscheidet? Stichwort Vesting-Rights.)
  • Darf man Nebenbeschäftigungen nachgehen? Wenn ja, in welchem Ausmaß?
  • Wie sieht es mit Geheimhaltungsvereinbarungen aus?
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