Ein Leben für die Schulsozialarbeit: Sandra Jensen von ISOP im Gespräch

"Hilfe anzunehmen, ist ein Lernprozess", sagt Sandra Jensen, die Bereichsleiterin für Schulsozialarbeit. Bereits in jungen Jahren hat sie begonnen, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. | Foto: Prontolux
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Kinder, wie die Zeit vergeht: Vor genau 20 Jahren wurde an drei Grazer Schulen (St. Andrä, Fröbel und Kepler) das Projekt Schulsozialarbeit gestartet. Die Steiermark nimmt eine Vorreiterrolle in Österreich ein, wird Schulsozialarbeit mittlerweile doch an über 100 Standorten in allen Bildungsregionen angeboten. In Graz selbst fungiert Sandra Jensen seit neun Jahren als Bereichsleiterin bei ISOP (Innovative Sozialprojekte). Mit der WOCHE sprach die 43-Jährige über ihre Liebe zu Graz, Hilfe zur Selbsthilfe sowie die Unterschiede zur Schulpsychologie.

WOCHE: Seit zwei Jahrzehnten ist Schulsozialarbeit aus Graz nicht mehr wegzudenken. Wie wichtig war diese Implementierung, auch aus heutiger Sicht?
Sandra Jensen: Es war ein sehr, sehr wichtiger Schritt. Junge Leute befinden sich zu Beginn der Pubertät in einer Veränderungsphase, oft fehlt dann aber eine erwachsene Ansprechperson, an die sie sich mit ihren Sorgen wenden können. Gerade in dieser Lebensphase ist es umso wichtiger, dass jemand da ist. Da setzt die Schulsozialarbeit dann an.

Die Schüler können Ihre Unterstützung freiwillig anfordern?
Ganz genau, wir sind keine Strafinstanz. Die Kids sollen sich frei aussuchen, ob sie mit uns reden wollen oder nicht. Auch ein Nein ist zu respektieren.

Sie sind als Kind einer Tschechin und eines Dänen in Schweden mehrsprachig aufgewachsen. Welche Rolle spielt die Sprache in Ihrer täglichen Arbeit?

Sie ist einfach der Schlüssel, unser bestes Werkzeug, um an die jungen Menschen heranzukommen. Ein gemeinsames Sprachverständnis ist wichtig, das habe ich bereits erkannt, als ich im Flüchtlingsbereich tätig war.

Schulsozialarbeit wird während der Unterrichtsstunden angeboten. Wie wichtig ist daher eine gute Zusammenarbeit mit den Lehrern?
Das Verständnis der Pädagogen muss da sein. In jenen Schulen, wo wir tätig sind, überzeugen wir sie nach und nach. Auch die Eltern und Erziehungsberechtigten sehen uns als eine wichtige Schnittstelle zur Schule, auch wenn die Kontaktherstellung zu den Eltern immer wieder eine Herausforderung ist.

Sehen Sie große Unterschiede zwischen der Schulsozialarbeit hierzulande und in Schweden?
Die wesentlichste Differenz ist die Verankerung im Schulalltag: In Schweden ist bereits meine Generation mit Schulsozialarbeit aufgewachsen, ein dementsprechendes Angebot gab es in fast jeder pädagogischen Einrichtung.

Sie haben neben Germanistik auch Sozialarbeit studiert. War der Wunsch, in diesem Bereich tätig zu sein, bereits in jungen Jahren vorhanden?
Ich war mir relativ schnell sicher, dass ich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten will. Schon in meiner Gymnasiumszeit sind Mitschüler zu mir gekommen, wenn sie Sorgen hatten. Es ist bis heute mein Traumjob geblieben.

Wie hat es Sie dann nach Graz verschlagen?
Ich habe an der Universität von Lund eine Grazer Austauschstudentin kennengelernt, war dann einmal bei ihr auf Besuch, habe mich in die Stadt verliebt und dann begonnen, für eine Flüchtlingsorganisation zu arbeiten. Früher konnte ich mir zwar nie vorstellen, länger an einem Ort zu leben, jetzt bin ich aber schon lange hier. (lacht)

Oft wird Schulsozialarbeit mit Schulpsychologie vermengt. Wo liegt der Unterschied?
Zunächst darf ich festhalten, dass beides sehr wichtig ist. Im Idealfall ergänzen sich die Angebote, die Professionen und Zugänge sind aber grundverschieden. Wenn Schulpsychologie mit einem Schüler arbeitet, hat ein Erwachsener einen Bedarf erkannt. Wir arbeiten nach den Methoden der Sozialen Arbeit, bei uns sind meistens Kinder und Jugendliche die Auftraggeber.

Sie wollen auch nicht, dass von Problemen gesprochen wird ...
Die Kids kommen mit den verschiedensten Themen zu uns, die sie belasten, da muss man nicht von Problemen sprechen. Wichtig zu betonen ist auch, dass wir Hilfe zur Selbsthilfe geben. Es ist nicht das Ziel, dass die Kids von uns abhängig werden. Gibt es Konflikte, versuchen wir, mittels Brainstorming Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Auch Rollenspiele können helfen.

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