„Vergiss das Carl!“ – Spitzenküche ohne Sakko

Starke Konkurrenz: Philipp Haiges mit WOCHE-Redakteur Max Daublebsky (sitzend, v. l.) mit Küchenchef Michael Wankerl in dessen „Gerüchteküche“. | Foto: Prontolux
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  • Starke Konkurrenz: Philipp Haiges mit WOCHE-Redakteur Max Daublebsky (sitzend, v. l.) mit Küchenchef Michael Wankerl in dessen „Gerüchteküche“.
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Philipp Haiges vom Restaurant „Carl“ über gute Küche und anspruchsvolle Gäste.

Der Wahlgrazer mit schwäbischem Akzent ist einer der besten Köche der Stadt. Mit konstanter Qualität von der Küche bis hin zum Service hat er sich am – häufig als nicht gerade einfach bezeichneten – Grazer Gastro-Markt ein Stammpublikum erarbeitet, das er auch nicht mehr so schnell loswerden möchte. Beim WOCHE Business Lunch erklärt er, was einen Spitzenkoch ausmacht, wie er seine Grazer Gäste einschätzt und warum er andere Restaurants nicht als Konkurrenz betrachtet.

WOCHE: Was unterscheidet eigentlich einen Spitzenkoch von einem guten Koch?
Philipp Haiges: Ein Spitzenkoch kann nicht nur gut kochen, er kocht so, dass es seine Gäste verstehen und so, dass sie dabei Spaß haben. Wenn ich irgendwelche abgefahrenen Kompositionen mache, die man nur dann versteht, wenn man sich mit der Materie beschäftigt, hat das mit Spaß nichts mehr zu tun. Der Gast muss einen schönen Abend haben und soll nicht darüber nachdenken, was er im Restaurant tut. Er soll wissen, dass es eine Top-Qualität hat ohne ein Studium dafür zu brauchen.

Was muss ein Restaurant bieten, um in Graz Erfolg zu haben?
Die Gäste müssen sich einfach wohlfühlen. Dazu muss man eine Atmosphäre schaffen, wo man einfach gerne hingeht. Dazu gehören ein guter Service, eine gute Küche und ein schönes Ambiente. Wir haben im Carl am Anfang oft das Problem gehabt, dass viele eine Schwellenangst gehabt haben, zu uns zu kommen. Die Leute haben geglaubt: „Oh, das Carl, das Carl!“ – vergiss das Carl: Wenn du Jeans anhast und ein Polo, dann komm zu uns. Ich will haben, dass sich unsere Gäste im Carl wohlfühlen und mir ist es egal, ob jemand ein Sakko anhat.

Sind die Grazer besonders anspruchsvolle Gäste?
Sehr anspruchsvoll. Der Grazer ist ein schwerer Gast, weil die Menschen hier sehr gerne kochen. Sie kennen sich mit Qualität aus und sind viel in Italien – man kann hier niemandem Fisch für Fleisch verkaufen und das wollen wir ja auch nicht. Aber der Grazer Gast hat definitiv einen Vorteil: Er ist wahnsinnig treu und auch ehrlich. Da kann aufmachen was will, wenn das dein treuer Gast ist, kommt er zu dir. Bei uns in Stuttgart ist das teilweise anders. Wenn da ein neuer Edel-Italiener aufmacht und ist der alte Italiener auf einmal für 14 Tage fast leer. Ich bin einfach gerne in Graz und fühle mich wohl hier: mit den Gästen, mit der Stadt – mit allem.

Wie steht es um die Konkurrenz in Graz?
Zum Glück gibt es hier viele gute Restaurants. Ich sehe das absolut positiv, weil es einfach dem Verständnis der guten Küche dient. Man kann in Graz nirgends schlecht essen – egal, wo du hingehst. Und das hebt natürlich die Qualität und das Bewusstsein der Gäste.

Keine Angst, das eigene Publikum an andere zu verlieren?
Das passiert sowieso nicht. Wir machen eh alle unser eigenes Produkt.

Was macht das Carl also anders als die anderen?
Uns macht besonders, dass wir uns extrem um unsere Gäste kümmern und viele Stammgäste haben, von denen wir natürlich automatisch viel wissen: Allergien, was haben sie gerne, ... Und wir kochen eine österreichische Küche auf hohem Niveau. Das schätzen unsere Gäste zum Glück.

Wie wichtig sind Auszeichnungen wie Hauben und Sterne für ein Restaurant?
Du entscheidest dich irgendwann dafür oder dagegen. Beides hat Vor- und Nachteile. Wenn du mit Hauben ausgezeichnet wirst, bringt das zum Beispiel Presse, du stehst in einem Buch, nachdem sich viele Leute richten, wenn sie in einer neuen Stadt sind. Der Nachteil ist natürlich, dass du auch drinnen stehst, wenn du verlierst – dann lockst du damit auch niemanden an. Und oft ist ein gutes Schnitzel mit Petersil-Erdäpfeln auch gut – und dafür brauchst du keine Haube.

Philipp Haiges

Geboren am 7. Mai 1982 in Schwäbisch Hall in Deutschland.
Seit zwölf Jahren in einer Beziehung mit Ann-Kathrin Kochendörfer.
Ist über ein Schulpraktikum durch Zufall zum Kochen gekommen, nachdem seine Favoriten als Bankkaufmann und Immobilienmakler nicht möglich waren.
Seit Februar 2008 als Chefkoch im Carl, seit März 2014 auch Restaurantleiter.
Bevorzugt Schnitzel statt Filet, Fleisch statt Fisch und Saures statt Süßem.
Findet immer noch, dass es „bei Mama“ am besten schmeckt.
Das Beste an der österreichischen Küche ist für ihn die Vielfalt.
Das Beste an der deutschen Küche ist, dass „sie die Mama kocht“.
Verbringt zum Ausgleich gerne Zeit mit seinen Hunden.

Carl

Das Restaurant wurde von „Gault Millau“ mit zwei Hauben ausgezeichnet.
Österreichisch-mediterrane Küche mit internationalem Touch.
Insgesamt acht Mitarbeiter für Service, Küche und Abwasch
Nach dem Essen kann in der „Thalia“ einen Stock höher gefeiert werden.
Adresse: Opernring 5a, 8010 Graz
Kontakt: 0316/82 48 48
Homepage: carl-restaurant.at

Gast und Wirtschaft

Gerüchteküche
Schmiedgasse 22, 8010 Graz
Tel.: 0664/88 31 84 44
www.geruechtekueche.org
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 11 bis 23 Uhr, Küche bis 22 Uhr.
Beschreibung: Das kleine, aber feine Lokal von Küchenchef Michael Wankerl und Restaurantleiter Philipp Pauritsch bietet kleine Gerichte, basierend auf saisonal abgestimmten Produkten aus der Region. Die Atmosphäre ist entspannt und freundschaftlich.

Das Essen
Sowohl Philipp Haiges als auch die WOCHE wählten das "Tagesgerücht" um 8,90 Euro mit Forellenfilet , Rahmsauerkraut und Petersil-Erdäpfeln, für Haiges gab es vorab außerdem ein Carpaccio.
Die WOCHE meint: Laut Spitzenkoch Haiges ist die Gerüchteküche das zweitbeste Lokal der Stadt und auch der WOCHE hat es geschmeckt: der Tagesteller war fein gekocht und außerdem schön anzusehen – wenn auch nicht sehr lange …

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