"Die Menschen investieren heute lieber in Ihren Körper"

Foto: ÖGPÄRC

BEZIRKSBLÄTTER: Gibt es aktuelle Zahlen – Wie viele ÖsterreicherInnen haben im vergangenen Jahr einen Eingriff für die Schönheit machen lassen? Sind der größte Teil davon noch immer Frauen – oder holen Männer auf?
DR. HOFLEHNER:
Leider gibt es nur Schätzungen, da Eingriffe nicht nur von Fachärzten für Plastische Chirurgie durchgeführt werden. Die Schätzungen liegen bei 40.000 Eingriffen pro Jahr. Der Männeranteil ist bei 10 – 12 %, dieser hat sich seit 2000 verdreifacht bzw. vervierfacht (2000: 3 %)

BEZIRKSBLÄTTER: Die Liste der möglichen Eingriffe ist lang, welche Operationen stehen in der österreichischen Hitliste ganz oben?
DR. HOFLEHNER:
Brustkorrekturen, Fettabsaugungen, Lidkorrekturen, Nasenkorrekturen

BEZIRKSBLÄTTER: Wo finden Interessierte in Österreich seriöse Beratung und Information?
DR. HOFLEHNER:
Interessierte sollten auf jeden Fall an einen Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie wenden. Auf der Homepage unserer Gesellschaft www.plastischechirurgie.org finden Sie bei Arztsuche den Arzt in Ihrer Nähe.

BEZIRKSBLÄTTER: Wie sieht der Ablauf im besten Fall aus – vom ersten Beratungsgespräch bis zur Nachsorgeuntersuchung?
DR. HOFLEHNER:
Voraussetzung für die Entscheidung zum Eingriff ist ein ausführliches Beratungsgespräch. Dann sollte der Patient Unterlagen über die Operation und den Ablauf auch schriftlich mit bekommen, damit er alles auch nachlesen kann. Der Patient sollte sich ausreichend Zeit nehmen für die Entscheidung. Vor der Operation sollte eine 2. Konsultation erfolgen, wo alle Restfragen geklärt werden. Nach der Operation ist eine Nachüberwachung in einem Aufwachraum und je nach Größe des Eingriffes auch ein stationärer Aufenthalt nötig. Wichtig ist, dass der Operateur nach der Operation für den Patienten erreichbar ist und die Nachsorge selbst durchführt, nur er kann ev. Komplikationen schnell erkennen.

BEZIRKSBLÄTTER: Die Kosten sind im Vergleich zu früher ja deutlich gesunken. Woran liegt das? Und werden Schönheitsoperationen in Zukunft für jeden leistbar sein?
DR. HOFLEHNER:
Das kann ich nicht bestätigen, die Kosten sind nicht wesentlich gestiegen, aber generell gilt, dass Qualität auch etwas kostet. Billig kann man den Eingriff nur machen, wenn man Personal einspart und bei der Sicherheit Abstriche macht. Selbst im Ausland sind die Preise ähnlich wie in Österreich, wenn entsprechende Qualität geboten wird (vollständig ausgerüsteter OP, OP Team, Anästhesist , Aufwachraum, etc.). Tatsache ist, dass die Menschen heute lieber in Ihren Körper investieren, als sich ein neues Auto oder einen Urlaub zu leisten, weil sie auch länger etwas davon haben. Dafür sind sie auch bereit zu sparen.

BEZIRKSBLÄTTER: Intimchirurgie ist momentan heiß umstritten und doch sehr beliebt – gibt es aktuelle Zahlen? Wann sind solche Operationen eher abzulehnen?
DR. HOFLEHNER:
Der Boom der Intimchirurgie wird von den Medien aufgebauscht, tatsächlich kommen Frauen, die zu große Schamlippen haben und damit Probleme beim Geschlechtsverkehr oder beim Sport haben. Die Zahlen haben sich nur wenig nach oben verändert, Gesamtzahlen für Österreich gibt es nicht.

BEZIRKSBLÄTTER: Thema Billig-Angebote im Ausland – ist davon auf jeden Fall abzuraten? Welche Komplikationen können im Ausland auftreten? Gibt es auch seriöse Angebote im Ausland – und wenn ja, wie finden Interessierte diese heraus?
DR. HOFLEHNER:
Billig Angebote gibt es im Inn – und Ausland, generell sollte man immer auf die Qualität achten und hinterfragen, wo man operiert wird und wie die Nachbehandlung aussieht. Komplikationen, welche bei Auslandsoperationen häufiger vorkommen, sind Thrombosen in den Beinvenen mit nachfolgenden (ev. tödlichen) Lungenembolien. Diese können möglicherweise mit der langen Reise zu tun haben, die mit der Auslandsoperation manchmal verbunden sind. Weiters werden Komplikationen häufig zu spät erkannt oder verschleppt, weil unmittelbar postoperativ oft nur der Operateur beurteilen kann, ob alles noch normal läuft. Dieser ist dann aber vielleicht schon 800 km entfernt.

BEZIRKSBLÄTTER: Aktuell hat eine Mutter in den USA ihrer kleinen Tochter für einen Schönheitswettbewerb Botox gespritzt – Ab welchem Alter sind solche Eingriffe und allgemein Schönheitsoperationen Ihrer Meinung nach moralisch zu vertreten und/oder empfehlenswert?
DR. HOFLEHNER:
Botox mit 8 Jahren ist natürlich Schwachsinn. Botox ist jedoch eine Substanz die auch prophylaktisch verabreicht werden kann, wenn jemand zu starker Mimik neigt. Eine Anwendung um das 30. Lebensjahr ist in solchen Fällen möglich. Rein ästhetische Eingriffe sollte man erst ab 18 Jahren machen, es gibt aber Ausnahmen wie z.B. abstehende Ohren, weil solche Kinder ständig gehänselt werden.

BEZIRKSBLÄTTER: Gibt es Operationen und Techniken, von denen Sie persönlich und die ÖGPÄRC als Institution abraten?
DR. HOFLEHNER:
Natürlich gibt es OP Techniken die abzulehnen sind. Hier müsste man aber sehr speziell verschiedenste Körperregionen durchgehen, weil es von jeder Operationsart 5 bis 50 Techniken und Modifikationen gibt. Jeder Chirurg führt die Technik durch, mit der er die besten Erfahrungen hat. Unbefriedigend sind z.B. Penisvergrößerungen, weil sie die sexuellen Probleme der Patienten meist nicht wirklich lösen. Solche Eingriffe lehne ich z. B. ab.

BEZIRKSBLÄTTER: Nach welchen Kriterien sollte man seinen Arzt/seine Ärztin für den Eingriff an der Schönheit wählen?
DR. HOFLEHNER:
Ästhetische Operationen sollten von Fachärzten für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie durchgeführt werden. Beim Beratungsgespräch muss die Chemie zwischen Arzt und Patient stimmen, der Patient sollte sich mit seinen Problemen verstanden fühlen. Das ästhetische Empfinden des Operateurs kann am besten anhand von Vorher-Nachher-Bildern erkannt werden. Sehr wichtig ist auch das Umfeld (OP, Aufwachrauch, Aufenthalt, Nachbetreuung etc.).

Univ. Doz. Dr. Hoflehner
Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, ÖGPÄRC, und stellvertretender Leiter der Schwarzl Klinik

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