Coronademo-Verbot
Aufrufe zu Spaziergängen, "Anschlag auf die Grundrechte"

Auch im Herbst 2020 sorgte eine Corona-Demo am Landhausplatz für viele Diskussionen. | Foto: Stadtblatt
  • Auch im Herbst 2020 sorgte eine Corona-Demo am Landhausplatz für viele Diskussionen.
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  • hochgeladen von Georg Herrmann

INNSBRUCK. Die Untersagung der geplanten Versammlung zum Thema „Friede, Freiheit, Souveränität Regierungsmaßnahmen“, die am 20.02.2021, ab 15.00 Uhr, in Innsbruck, Landhausplatz stattfinden hätte sollen, schlägt enormen Wellen. In den sozialen Medien wird zu Spaziergängen aufgefordert, heimische Politikvertreter üben Kritik.

Verbot

Massiv wurde die geplante Großdemo am 20.2. beworben. Offiziell lautete der Versammlungs-Titel „Friede, Freiheit, Souveränität Regierungsmaßnahmen“, in den zahlreichen Aufrufen wurde die Devise "Mander s'isch Zeit!! #kurzmussweg​" ausgegeben. Neben Copyrightverletzungen bei der Bewerbung sorgen auch zahlreiche Personen rund um die Veranstaltung für Diskussionen. Aufgrund der starken Mobilisierung in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen wurde mit einer Teilnehmerzahl von mehr als 1.000 Personen aus verschiedenen Bundesländern gerechnet. Vor allem wurden verärgerte und enttäusche Gastronomen, Corona-Maßnahmenskeptikern aus allen Lagern und Eltern, die gegen Maßnahmen in Schulen protestierten, bei der Kundgebung erwartet. Die Involvierung an den Vorbereitungen sowie die Teilnahmen an vergangenen Demos von Personen aus dem Bereich der Neonazis-Szene und "Querdenker"-Bewegung wird von Vielen jedoch sehr kritisch verfolgt. Die Sicherheits- und verwaltungspolizeilichen Abteilung der LPD Tirol hat die geplante Versammlung zum Schutze der Gesundheit anderer behördlich untersagt.

Strafen

Die Teilnahme an einer untersagten Demonstration wird von der LPD Tirol mit bis zu 720,-- nach den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes bestraft. Darüber hinaus machen sich die Teilnehmer nach der 4. Covid- Schutzmaßnahmen-Verordnung strafbar, da das Zusammentreffen von mehr als 4 Personen aus mehr als 2 Haushalten verboten ist; Strafrahmen bis 1.450,--, was von der Bezirksverwaltungsbehörde (Stadtmagistrat Innsbruck) geahndet wird. Die Teilnahme von Eltern samt Kindern an einer untersagten Demonstration stellt eine Gefährdung des Kindeswohles dar, sodass diesfalls ein Bericht an die Jugendwohlfahrtsbehörde erstattet wird, teilt die Landespolizeidirektion in ihrer Aussendung mit.

Appell

Die LPD Tirol appelliert gerade in der aktuellen, durch das Auftreten von Virusmutationen erschwerten Zeit an die Vernunft der Bevölkerung, die gegenständliche Untersagung zu respektieren.

Anschlag auf Grund- und Freiheitsrechte

Für den Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger ist die Nichtgenehmigung der Versammlung Kundgebung „Friede, Freiheit, Souveränität – Regierungsmaßnahmen“ am kommenden Samstag in Innsbruck ein massiver Anschlag auf die Grund- und Freiheitsrechte. „Die Untersagung der Kundgebung ist verfassungsrechtlich nicht tragbar, dies sollte auch die Exekutive wissen“, merkt Abwerzger weiters an, der diesbezüglich eine Anfrage im Nationalrat ankündigt. Besonders verwerflich sei ein Passus in der Begründung, dass die Teilnahme von Eltern samt Kindern an einer untersagten Demonstration eine Gefährdung des Kindeswohles darstelle, sodass ein Bericht an die Jugendwohlfahrtsbehörde erstattet werde. „Das ist ungeheuerlich, dass solche Schritte angedroht werden, das ist pure Einschüchterung der Bevölkerung“, meint Abwerzger.

Demonstrationsverbot ist gefährlich

„Keine Frage, diese Corona-Pandemie ist eine Zumutung, gesundheitspolitisch, wirtschaftspolitisch und demokratiepolitisch. Das Verbot für die angekündigte und angemeldete Demonstration am Samstag in Innsbruck ist falsch. Die Argumentation für das Verbot der Demonstration ist genauso falsch. Eine Demonstration zu verbieten, weil Menschen mitmachen könnten, die sich möglicherweise nicht an die Regeln halten, ist überschießend. Diese Mutmaßung rechtfertigt keinesfalls einen so schweren Eingriff in die Grundrechte der Bevölkerung. Wo größere Menschenmengen zusammentreffen, wird es möglicherweise Verstöße geben, aber dafür begleitet die Polizei Demonstrationen. Es ist die Aufgabe der Exekutive für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. Wenn Menschen extra nach Tirol ein- und anreisen, dann dürfen sie kontrolliert werden. Wenn Menschen Maske tragen müssen, dann ist das auch zu kontrollieren und wenn es einen Zwei-Meter-Abstand gibt, dann ist auch der zu kontrollieren. Wobei sich der Gesetzgeber schon fragen lassen muss, ob er mit dem Zwei-Meter-Abstand auf Demonstrationen lebensnahe Regeln vorgegeben hat. Wer am Samstag im Einkaufzentrum DEZ war oder so wie ich täglich die Öffis benutzt, kennt die Zwei-Meter-Abstand-Regel vom Hörensagen. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, da geht’s um demokratiepolitische Grundwerte und die sind auch in einer Pandemiezeit nicht leichtfertig zu beerdigen!“, stellt Liste Fritz-Landtagsabgeordneter Markus Sint fest.

Recht auf Meinungsäußerung

„Die Verharmlosung der Corona-Pandemie oder gar die Leugnung der Auswirkungen sind mir unsympathisch und ich halte sie für gemeingefährlich. Die Plakate zur Demo-Einladung sind peinlich, der x-te Rückgriff auf Andreas Hofer einfach lächerlich. Aber es geht nicht um meine Gesinnung und ich spreche den Demonstranten deswegen nicht das Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ab. Eine gefestigte Demokratie muss Kritik und Kritiker aushalten. Aus Gesinnungsgründen die eine Demonstration zu verbieten und die andere durchführen zu lassen, ist grundfalsch und gefährdet unsere Demokratie massiv. Wo kommen wir da hin, wer entscheidet dann, was sein darf und wogegen oder wofür demonstriert werden darf? Die Mehrheit oder diejenigen, die sich moralisch allen anderen überlegen fühlen? Das ist ein gefährlicher Weg, der mit rechtlich unhaltbaren Verordnungen angefangen hat, sich mit dem unbegründeten Rausschmeißen von Bürgern aus Gemeinderatssitzungen durch Bürgermeister fortsetzt und mit dem Verbieten von Demonstrationen und damit einem massiven Eingriff in Freiheitsrechte einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Passen wir auf, dass wir unter dem Deckmantel der Corona-Pandemie-Bekämpfung nicht die Grundfeste unserer Demokratie kaputt machen!“, mahnt Liste Fritz-Landtagsabgeordneter Markus Sint.

Spaziergang in Wien als Vorbild?

Vergangenen Samstag trafen sich in Wien trotz behördlicher Untersagung der Kundgebung rund 2.000 Menschen zu einem Spaziergang durch die Innenstadt. Bilanz der Polizei:  675 Anzeigen wegen Missachtung des Mindestabstandes, 609 Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht (FFP2), zwei Organmandaten wegen Verstößen gegen Covid-19-Bestimmungen, 288 sonstige Verwaltungsstrafanzeigen, 18 strafrechtlichen Anzeigen, unter anderem wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und tätlichen Angriffs auf Polizisten. Zwei Polizisten wurden verletzt, fünf Personen festgenommen.

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