Der große Sprung ins wilde Wasser

Hier ist es noch lustig.
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INNSBRUCK. In der Umkleidekabine der Tiroler Wasserrettung hängen etliche Neoprenanzüge, einer von ihnen wird meiner sein. "Je enger, desto besser im Wasser", scherzt einer der Wasserretter,als er sieht, wie ich mich hineinzupressen versuche. Eigentlich sollte das in fünf Minuten erledigt sein – ich brauche wenigstens zwanzig und bin danach schweißgebadet. Daniel Pinggera, Einsatzstellenleiter-Stv. der Tiroler Wasserrettung, erklärt mir, dass das Training der Wildwassersektion jeden Dienstag, bei (fast) jedem Wetter von Mai bis Oktober am Inn stattfindet. Außerdem gibt es da noch die Tauch- und Nautiksektion, die sich sinngemäß auf andere Arten der Wasserrettung spezialisiert.
"Es gibt 400 Mitglieder, davon sind 70 aktiv. In den letzten Jahren hat man uns medial immer wieder gehört, aber wir mussten unseren Stellenwert erst erkämpfen", meint Pinggera. Man arbeite eng mit den Einsatzkräften zusammen. Allen voran mit der Polizei bei der Suche nach vermissten Personen. Die Wasserrettung ist außerdem bei allen "nassen" Veranstaltungen vor Ort und überwacht das Geschehen. Auch gibt es Wochenenddienste beim Baggersee im Sommer.

Der Sprung

Das Wetter ist bewölkt, eher kühl, ich will eigentlich gar nicht ins Wasser. Pinggera sagt, dass das aber das ideale Wetter ist: "Da ist der Übergang in den Inn, der 10 bis 14 Grad hat, angenehmer." Zuerst fahren wir mit mehreren Wagen zur Brücke in Sieglanger. Dort wird das Abseilen geübt. Mich lassen sie nicht ans Seil, dafür darf ich mit meinen zwei neu erkorenen Wasserrettungsschutzengeln – Toby und Marcel – im Inn "planschen". "Oft ereignen sich die Unfälle, weil man nicht das richtige Schuhwerk anhat, ausrutscht und ins Wasser fällt", erklären sie mir. Das kann uns nicht passieren, wir haben besonders rutschfeste Canyoningschuhe an. Trotzdem ist es nicht einfach, im Strom beim Hineingehen stehen zu bleiben. Ich mache den zwei Wasserrettern einfach alles nach und als ich im Wasser ankomme, fließt das kalte Nass in den Kragen und meine Ärmel hinein. Die Wasserschicht, die dadurch entsteht, isoliert. 2,5 Stunden dauert das Training. Schwimmen, treiben lassen, die Strömungen beachten und letztlich die Übung, auf die ich am meisten gespannt war: Das Springen von der Brücke. Da die Wasserhöhe ziemlich niedrig ist, ist das heute nur vom Emile-Béthouart-Steg möglich. In Innsbruck ist der Inn durchschnittlich 2,5 bis 3 Meter tief. Bis zu dem Punkt, an dem ich über das Geländer klettern und am Rohr stehen muss, geht alles gut. Wo ich dann nur noch den schnell treibenden, braunen Inn unter meinen Canyoningschuhen sehe, rutscht mir das Herz in den Neoprenanzug. Nicht lange überlegen, denke ich noch und irgendwie springe ich hinunter. Ich spüre das Wasser in die Nase hinein und aus den Augen wieder rauskommen. Toby scherzt: "Musst schauen, ob dir jetzt die Augen knirschen, wenn du sie verdrehst."
Die ganze Mutprobe ist überstanden. Die zirka zwanzig Wasserretter – weiblich und männlich gemischt – springen aber dann nochmal vom Steg. Und ich mit. Wir lassen uns in der Abenddämmerung bis zum Stützpunkt in der Haller-Straße 4 – welchen sie mit der Feuerwehr teilen – hinuntertreiben. Am Ende geht mir die Kraft aus – ich schaffe die Übung bis zum anderen Ufer nicht mehr. Meine Arme wollen einfach nicht und ich fühle, der Neoprenanzug schnürt mir die Luft an der Kehle ab. Toby muss mich rausziehen. Wohlverdient kommt nach der Warmdusche ein gemeinsames Abendessen und ein Bierchen. Die Erschöpfung ist groß, das Erlebnis aber einzigartig.

Zur Sache

Mehr zur Wasserrettung in Tirol, finden Sie unter der Webseite www.wasserrettung.at

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