Filmtipp
Die Wesenheiten der Farbe: Neuer Doku-Film zu Artur Nikodem

Der neue Dokumentationsfilm "Nikodem" lädt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Kunst Artur Nikodems ein.  | Foto: Etoile Film
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  • Der neue Dokumentationsfilm "Nikodem" lädt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Kunst Artur Nikodems ein.
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Der Tiroler Künstler Artur Nikodem ist vielen durch die intensive Auseinandersetzung mit der Tiroler Landschaft ein Begriff. Doch ab 15. September haben Besucherinnen und Besucher des Leokinos Innsbruck die Möglichkeit die zahlreichen Kunstwerke aus einem neuen und sehr präzisen Blickwinkel zu betrachten. Der Dokumentationsfilm "Nikodem" von Daniel Pöhacker widmet sich dem Kunstschaffenden auf einer sehr intimen Ebene.

INNSBRUCK. "Ich habe Sachen zu sagen, die nur durch Formen und Farben ausgesprochen werden können, und deswegen muss ich malen", erklingt es gleich zu Beginn des neuen Dokumentationsfilms "Nikodem" aus den Lautsprechern. Sofort wird klar, dieser Film widmet sich den tiefen Gedanken hinter den Kunstwerken, die den Tiroler berühmt machten. Mit unglaublichen Nahaufnahmen der Bilder und den poetischen Worten des Künstlers, begibt sich die Zuseherin und der Zuseher in eine Art meditative Reise durch das künstlerische Schaffen von Artur Nikodem. Dabei sind auch die im Nikodem-Museum gesetzten Schwerpunkte wieder zu erkennen. So teilt sich der Film in die drei Aspekte: ethnographische Sujets, Architektur-, Landschafts- und Stilllebenfotographien sowie Frauenbildnisse ein. Ein Film der sich durch und durch der Kunst widmet und biographische Details nur anschneidet. 

Stille, intime und langsame Detailaufnahmen sind das Herzstück des Filmes.  | Foto: Etoile Film
  • Stille, intime und langsame Detailaufnahmen sind das Herzstück des Filmes.
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92 Minuten Kunst spüren

Es ist ein Weg durch Räume, Zeiten und Begegnungen, den die Betrachterinnen und Betrachter gemeinsam mit dem Filmemacher Pöhacker beschreiten. Beginnend im Depot eines Museums, wo Gemälde restauriert und für Ausstellungen vorbereitet werden bis hin zu einem Mädchen im roten Kleid, das sich lebhaft an ihre Portraitsitzungen erinnert. Nahaufnahmen von Handschriften, Malereien und Fotografien, begleitet von ausdrucksvollen Zitaten, die zum Träumen anregen. Trauer und Liebe, die in Bildern verarbeitet werden. Prozesse der Farb- und Leinwandvorbereitung, die unglaublich präzise durchgeführt und dargestellt werden. Landschaftsbeschreibungen, die berühren und Gänsehaut erwecken. All das fängt das Schaffen und Leben des Künstlers Nikodem ein und führt intim durch seine Gedankenwelt. Durch Gespräche mit Zeitzeugen wird der Zeitverlauf und Hintergründe bekannt gegeben, doch die Ästhetik der Werke steht klar im Fokus. Das Publikum folgt seinen Pinselspuren, seinen Gedanken, hat Zeit sich zu vertiefen, kommt seiner künstlerischen Intention sehr nahe. Und auch seiner Liebe. Ein konzentrierter, leiser, langsamer - ein spannender und farbenfroher Film über Kunst. 

Dreharbeiten zu Nikodem: Der Regisseur Daniel Pöhacker fängt die Bilder des Künstlers mit jedem Detail ein. 
 | Foto: Elio Krivdić
  • Dreharbeiten zu Nikodem: Der Regisseur Daniel Pöhacker fängt die Bilder des Künstlers mit jedem Detail ein.
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Umfassende Recherche

Auch wenn der Film biographische Details nur anschneidet bzw. nicht in den Fokus rückt, steckt hinter der Entstehung eine umfassende Recherchearbeit. Zur Kunst von Artur Nikodem wurde Vieles bereits realisiert: Neben regelmäßig stattfindenden Ausstellungen, vor allem zu seiner Malerei, organisierte man in den letzten Jahren auch eine ganze Reihe von Ausstellungen, bei denen auch seine Fotokunst präsentiert wurde. Diese wurden meistens mit Ausstellungskatalogen dokumentiert. Eine umfangreiche Monografie erschien im Jahr 2017. Durch die monografische Vorarbeit von  Elio Krivdić und Günther Dankl war es Daniel Pöhacker möglich, direkt zu den Sammlern und Zeitzeugen zu fahren und die tausendfachen Eindrücke Nikodems Kunst einzufangen. "Als meine Recherche für den Film begann, wurde immer klarer: Mein Material sind tatsächlich und ausschließlich Bilder, Skizzen, Fotografien, Schriftstücke - fertige Dinge. Einem Archäologen ähnlich arbeitete ich mich durch unzählige, z.T. sehr private Skizzen, Notizen, Briefe und Tagebucheinträge. Eine langwierige und aufwändige Arbeit, die mir selber den Künstler erst wirklich näher brachte und mir sagte, seine Gedanken können uns durch den Film geleiten", so der Filmemacher. "Dabei gab es für mich schöne und spannende Entdeckungen, aber auch Momente des Unbehagens: z.B. als ich auf die Liebe des bereits älteren Mannes zu seinem sehr jungen Modell stieß. Oder als ich erfuhr, dass er in der Zeit des Nationalsozialismus anfänglich unentschieden - kein unantastbarer Held war. Nicht alles war mir immer sympathisch. Sein klarstes Statement gegen das herrschende Regime fand ich eigentlich in seiner Arbeit selber: Die Bilder dieser Zeit sind unmissverständlich, sie werden so abstrakt und modern, so 'entartet' wie man es sich nur wünschen kann." Dennoch widmet sich Pöhacker dem Künstler wertschätzend und rückt das Schaffen als solches in den Fokus. 

Artur Nikodem ist durch seine Tiroler Landschaftsbilder bekannt. Die Beschreibungen dieser kann man im Dokumentationsfilm hören.  | Foto: Martin Krulis
  • Artur Nikodem ist durch seine Tiroler Landschaftsbilder bekannt. Die Beschreibungen dieser kann man im Dokumentationsfilm hören.
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Artur Nikodem

Artur Nikodem ist mit seinen charakteristischen Landschaftsdarstellungen einer der großen Tiroler Künstler der Zwischenkriegszeit und hat mit seinen Bildern und Fotografien ein beeindruckendes Werk hinterlassen. Malerei studierte der Tiroler in München, Mailand und Florenz. 1893 zog er nach Meran, wo er bis 1908 lebte, als er mit seiner Familie nach Innsbruck zurückkehrte. Ab 1920, als Nikodem, der im staatlichen Postdienst gearbeitet hatte, vorzeitig pensioniert wurde, konnte er sich ganz der Malerei zuwenden. In den 1920er Jahren hatte er erfolgreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Dabei ist sein malerisches Werk von Tiroler Landschaftsdarstellungen geprägt. Seine Karriere hatte mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ein jähes Ende gefunden, die letzten Schaffensjahre bis zu seinem Tod 1940 arbeite der Künstler nur noch im privaten und seine Ausstellungstätigkeit war völlig zum Erliegen gekommen. Viele seiner Bilder wurden als entartet beschlagnahmt und teilweise zerstört. Erst heute erfährt der Maler als einer der wichtigen Künstler der Moderne wieder die ihm zustehende Anerkennung.

Handschriften, Skizzen, Fotografien und Bilder sind das Material, aus dem der Film entstanden ist.  | Foto: Etoile Film
  • Handschriften, Skizzen, Fotografien und Bilder sind das Material, aus dem der Film entstanden ist.
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Hard Facts

Österreich 2023; Produktion: Etoile Film;
Regie, Buch & Schnitt: Daniel Pöhacker;
Kamera: Bernhard Pötscher;
KunsthistorischeBeratung: Elio Krivdić;
Sprecher: Rainer Egger; mit: Anette Lill-Rastern, Christina Heppke, Willi Pechtl, Arthur Salner, Michael Ziegler, Peter Konzert, Alexander Fohs, Brigitte D’Costa, Urlike Fuchsberger-Schwab, Christian Fritz, Walter Marx, Martin Krulis, Gundula Köthe, Hermine Mitterhofer, u.a.
(DCP 92 Minuten / Farbe / 5.1 / Dt. OF mit oder ohne engl. UT) 
Premiere: 15. September, 20:15 Uhr, Leokino Innsbruck

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