Pandemiebedingt
"Vorsorge in den Hintergrund geraten. Und das kostet Leben."

Im Bereich der Frauenheilkunde zählen die Mammographie und der Krebsabstich vom Gebärmutterhals (PAP)-Abstrich zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchen. | Foto: Gorodenkoff
  • Im Bereich der Frauenheilkunde zählen die Mammographie und der Krebsabstich vom Gebärmutterhals (PAP)-Abstrich zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchen.
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INNSBRUCK. Anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar rückt die Krebsvorsorge in den Fokus. "Denn pandemiebedingt ist das Thema Vorsorge in den vergangenen zwei Jahren zeitweise in den Hintergrund geraten. Und das kostet Leben." Mediziner der Innsbrucker Klinik schlagen Alarm. LA Achhorner fordert konretes und rasches Handeln vom Land.

Potentielle Risiken

"Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und strenge Zutrittsregelungen – seit zwei Jahren begleiten uns pandemiebedingte Einschränkungen im täglichen Leben. Was dabei oft vergessen wird: Die Reduktion der sozialen Kontakte schützt vor virusbedingten Ansteckungen, bringt aber auch eine Reduktion der Früherkennungen bei schweren Erkrankungen mit sich. Denn nicht selten werden vermeintlich harmlose Beschwerden durch das Gespräch als potentielle Risiken enttarnt." Die Pressemitteilung der Tirol Kliniken spricht eine deutliche Sprache. Konkrete Initiativen und Kampagnen fordert LA Evelyn Achhorner vom Land Tirol. "Die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen ist rückläufig, jetzt müssen wir handeln und Akzente setzen.

Rückgang von gynäkologischen Krebsdiagnosen

Christian Marth, Klinikdirektor der Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, berichtet von einer großen österreichischen Studie unter Innsbrucker Leitung: „Leider bedeuten Lockdown und Pandemie nicht nur Infektionen mit dem SARS-CoV2 Virus, sondern auch die Vermeidung wichtiger medizinischer Maßnahmen. Wir haben einen 50% Rückgang von gynäkologischen Krebsdiagnosen wie Brust- oder Eierstockkrebs beobachtet.“ Dadurch kommt es zu einer verspäteten Diagnose und fortgeschrittenen Tumorstadien.

Früherkennung rettet Leben

„Es gibt weltweit die Beobachtung, dass durch die SARS-CoV2 Pandemie die Krebsvorsorge gelitten hat“, zeigt sich auch Dominik Wolf, Klinikdirektor der Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie besorgt. Umso wichtiger ist es laut dem Experten, die bestehenden Möglichkeiten zur Vorsorge zu nutzen: „Wir raten dringend trotz der Pandemie andere wichtige Gesundheitsrisiken, die man durch regelmäßige Vorsorge frühzeitig erkennen und lösen kann, nicht zu vernachlässigen. Vorsorgeuntersuchungen wie die Hautkrebs- und die Darmkrebsvorsorge retten Leben. Werden sie zu spät oder gar nicht wahrgenommen, kostet das Leben.“ Treten beispielsweise über einen längeren Zeitraum unübliche Symptome wie Ungeklärter Gewichtsverlust, Blut im Stuhl oder Knoten in der Brust auf, ist ein Arztbesuch dringendst ratsam. „Nicht immer bestätigt sich dann auch der Grund zur Sorge“, gibt der Experte Entwarnung, „glücklicherweise lassen sich viele Beschwerden auch nicht-onkologisch erklären!“

Mammographie wichtig

„Eine rechtzeitige medizinische Abklärung kann entscheidend für die Prognose einer Krebserkrankung sein“, hält auch Christian Marth fest. Im Bereich der Frauenheilkunde zählen die Mammographie und der Krebsabstich vom Gebärmutterhals (PAP)-Abstrich zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchen, welche Frauen ab einem Alter von 20 bzw. 45 Jahren in jährlichem Abstand empfohlen wird. „Warten auf Symptome ist keine zeitgemäße Gesundheitsvorsorge“, so der Experte, „auch wenn die Scheu – besonders in der aktuellen Situation – oft groß ist, sollte Vorsorge zur persönlichen Gesundheits-Routine werden.

Rechnungshofbericht

Für die FPÖ-Frauensprecherin im Tiroler Landtag, LA Evelyn Achhorner, ist die Lage der mangelnden Vorsorgeuntersuchungen in Zeiten der Pandemie mehr als dramatisch. Bestätigt wird die Einschätzung durch einen vorliegende Rechnungshof-Bericht. „Wir haben schon letztes Jahr darauf aufmerksam gemacht, und einen Dringlichkeitsantrag im Tiroler Landtagdazu eingebracht."

Vertrauensfrage

„Dass nun 75 Prozent weniger Frauen zur Mammographie gehen, macht die ganze Bemühung der letzten Jahre, die Frauengesundheit zu fördern, zunichte! Und es wird Jahre dauern bis wieder Vertrauen zu Ärzten und ins Gesundheitssystem gefunden wird“, fügt Achhorner an. Dafür brauche es Initiativen und Kampagnen. „Unser Dringlichkeitsantrag wurde von der türkis-schwarz-grünen Landesregierung dahingehend abgeändert, dass es erst geprüft werden muss, ob der Anschein besteht, dass in Zeiten der Covid-19-Pandemie die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen rückläufig war. Es ist beschämend, enttäuschend und eigentlich katastrophal, dass die Landesregierung so wenig Überblick und Verständnis für den gesundheitlichen Zustand der Bevölkerung insbesondere der Frauen in Tirol hat.“ Sowohl der Rechnungshofbericht als auch die klaren Analysen der Mediziner zeigen die dramatischen Auswirkungen in der Vorsorge, hält Achhorner weiter fest: "Jetzt ist die Zeit zum Handeln, konkrete Initaitven und Maßnahmen müssen gesetzt werden. Die Vorsorge ist und bleibt eine wichtige Säule des Gesundheitssystems."

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