Interview mit Alexandra Tanda
Senkrechtstart in die Politik

Alexandra Tanda sitzt für die ÖVP im Nationalrat. | Foto: ÖVP/Michael Gruber
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  • Alexandra Tanda sitzt für die ÖVP im Nationalrat.
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Nichts ist Alexandra Tanda so in den Schoß gefallen wie der Nationalratsposten. Ein Interview.

„Ein typisches Frauenleben“, so bezeichnet die neue Innsbrucker ÖVP-Nationalrätin ihren Werdegang. Sie hatte in ihrer Karriere immer wieder Brüche. Sie war Alleinerzieherin, hatte ein krankes Kind zuhause, dann pflegte sie monatelang die Mutter. Gleichzeitig machte sie ihr Wirtschaftsstudium am MCI fertig und wurde 2016 Geschäftsführerin des Roten Kreuzes. Alexandra Tanda ganz persönlich.

STADTBLATT: Wie würden Sie sich in einigen Sätzen selbst beschreiben?
Alexandra Tanda: Ich bin ein realistischer Optimist. Machmal habe ich meine Emotionen nicht im Griff.

Was bedeutet das?
Man sieht mir im Gesicht an, wenn ich mich ärgere oder freue. Und wenn ich mich sehr ärgere, kann ich auch mal Klartext reden. Dann verliere ich die diplomatische Sprache, um die ich sonst sehr bemüht bin.

Was denken Sie über das Regierungsprogramm?
Ich kann mich mit „meinen“ Punkten „Soziales, Sicherheit, Gesundheit, Armutsbekämpfung“ zu 85 Prozent identifizieren. Es ist kein Kompromiss mit Hängen und Würgen. Mir gefällt es, weil der christlich-soziale und der grüne Wähler sich auch wiederfinden.

Was sind die 15 Prozent, die Sie nicht so gut finden?
Ich kann mir beispielsweise schwer vorstellen, wie das mit dem koalitionsfreien Raum im Falle einer Asylkrise funktionieren soll.

Erzählen Sie bitte über Ihren Werdegang zur Nationalrätin!
Ich komme aus Innsbruck und bin in einem Mehrgenerationenhaus, in einem Gärtnerhaus, aufgewachsen. Meine Urgroßeltern waren Gärtner, meine Großeltern waren Gärtner. Ich komme aus einem christlich-sozialen Haushalt und ich bin so sozialisiert worden. Mein Papa ist 1956 aus Ungarn geflüchtet, daher waren wir viel in Ungarn bei meinen Großeltern. Da hat man alles gemeinsam gemacht. Da wurde die Henne gejagt, gerupft und ausgenommen. Das prägt, man wird nicht eitel. Man merkt, dass ein Leben nur in Gemeinschaft möglich ist. Das hat sicherlich meinen Weg geebnet.

Seit 2016 sind Sie Geschäftsführerin des Roten Kreuzes Innsbruck. Ist das Ihre größte Errungenschaft in der Karriere?
Ja, weil ich enorm viel einsetzen musste. Philosophisch betrachtet ist es interessant, dass meine Mutter danach gestorben ist, als ich Geschäftsführerin geworden bin. Als ob sie gespürt hätte, dass die Zeit nicht mehr da ist. Das mit dem Nationalrat ist allerdings, wie ein Geschenk. Ich habe mich ja nicht beworben. Offensichtlich bin ich jemandem aufgefallen. Diese Frage hat mich sehr überrascht.

Wie ist die Frage gekommen?
Ich bin vom Geschäftsführer der Tiroler Volkspartei angerufen worden. Ich habe gedacht, es geht um unser Neubauprojekt vom Roten Kreuz, das ich seit Jahren verfolge. Dann stellte er mir eine ganz andere Frage: "Kandidieren Sie auf unserer Nationalratsliste?" Ich war perplex.

Haben Sie nie damit gerechnet?
Nie, wirklich nie. Wie man auf mich kommt, wollte ich wissen. Mir würde der Ruf vorauseilen, dass ich eine sei, die anpackt und umsetzt. Als ich nachgefragt habe, wofür ich denn verantwortlich wäre: für Frauen, Soziales, Gesundheit und Pflege. Das ist mein Ding. Deswegen empfinde ich es als große Ehre und Geschenk.

Was hat Ihr Umfeld zur Kandidatur gesagt?
Das private Umfeld reagiert seither verschieden. Es gibt einige, die sagen: „Schau, dass sich deine Enttäuschungen im Rahmen halten." Natürlich fall ich mit meiner Einstellung oft auf die Schnauze. Sehr oft sogar, aber ich stehe wieder auf und gehe weiter.

Für welche Themen setzen Sie sich ein?
Pflege ist mein oberstes Thema. Ich bin ein totaler Verfechter für einen Lehrberuf Pflege. Ich glaube, wenn man Pflege nur akademisiert, geht viel Soziales und Menschliches verloren. Ich werde mich auch für die Pflegekarenz einsetzen.

Und wenn das nicht umgesetzt wird?
Wir haben auch beim Roten Kreuz eine Strategie ausgearbeitet, die ist bis jetzt auf Punkt und Komma umgesetzt worden. Wenn irgendwo gerungen werden muss, bin ich die Erste, die ständig mit dem Zettel herumrennt und sagt: Machen!

Wie laden Sie Ihre Energiereserven wieder auf?
Ich bin leidenschaftliche Gärtnerin. Mein Garten ist sehr schön und ich gärtnere ohne Handschuhe, denn ich liebe es, in die Erde zu greifen. Ich bin auch ein praktizierender Christ in der evangelischen Glaubensgemeinschaft in Saggen, wo ich auch in der Gemeindevertretung bin.

Wissen Sie, neben wem Sie im Nationalrat sitzen?
Meine Nachbarin ist Carina Reiter aus Salzburg. Wie üblich sitzen die Frischen ganz hinten.

Sie haben bisher nur in der Kirche Erfahrung mit Politik gesammelt. Das ist dann ein politischer Senkrechtstart …
Ja, ist es. Manchmal ist mir die Tragweite noch nicht ganz bewusst.

Welcher ist Ihr wichtigster Wunsch als NR-Abgeordnete?
Dass man vielleicht in fünf Jahren sagt, die Tanda hat sich wirklich für die Pflege eingesetzt. Wir haben mehr Ausbildungsplätze in Tirol, wir haben die Pflege als Lehrberuf und die Frauen verlieren nicht ihren Job, wenn sie mal daheimbleiben müssen, um ihre Familie zu pflegen – dann bin ich zufrieden.

Das Interview führte
Agnes Czingulszki

Alexandra Tanda sitzt für die ÖVP im Nationalrat. | Foto: ÖVP/Michael Gruber
Ab sofort nimmt Tanda an den Plenarsitzungen in Wien teil. | Foto: ÖVP/Michael Gruber
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