Ostern
Kössener Ostergrab erzählt eine lange Geschichte

Die Tradition des Ostergrab-Aufstellens geht in Kössen auf das Jahr 1685 zurück. Rund um das Jahr 1865 wurde das bestehende Ostergrab gebaut. | Foto: Johanna Schweinester
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  • Die Tradition des Ostergrab-Aufstellens geht in Kössen auf das Jahr 1685 zurück. Rund um das Jahr 1865 wurde das bestehende Ostergrab gebaut.
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Heiliges Grab wurde von Tischlermeister Johann Schweinester rund um das Jahr 1865 erbaut; weitere Komponenten wurden im Dachboden der Kirche gefunden.

KÖSSEN. Im Jahr 1860 wurde die Pfarrkirche in Kössen umfänglich renoviert. Unter anderem wurden Altäre, Kanzel und Fenster und Kirchturm von Johann (*1803, +1875, Tischlermeister) und Nikolaus Schweinester (*1807, Tischler- und Glasermeister) in großer Präzision erneuert und saniert.
Wie aus dem Buch "Geschichte und Führer von Kössen und Umgebung", verfasst von Ornamentenbildhauer und Stukkateur Nikolaus Schweinester (*1842), hervorgeht, wurden im Jahr 1886 weitere Teile, wie zum Beispiel der Kirchturm, durch die Familie Schweinester renoviert.

Am Ostersamstag findet die Auferstehung in Kössen statt. | Foto: Johanna Schweinester
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Pilgerreise nach Jerusalem

Johann Schweinester war nicht nur Tischlermeister, sondern war auch in der Kirchengemeinde sehr engagiert – zu seiner Zeit fungierte er als Kirchenpropst und Vorsteher. Wie überliefert ist, trat er im Jahr 1865 eine Pilgerreise nach Jerusalem an, um sich dort für den Bau eines Ostergrabes für die Pfarre Kössen inspirieren zu lassen. Orientalisch anmutende Malereien zieren seit jeher die einzelnen Komponenten. Den Überlieferungen zufolge sollen aus seiner Werkstätte noch weitere Ostergräber in Tirol existieren.
Ursprünglich geht die Geschichte dieses Brauchtums in Kössen auf das Jahr 1685 zurück, aber leider sind aus dieser Zeit keine weiteren Aufzeichnungen mehr vorhanden.

Orientalisch anmutende Malereien am Ostergrab in Kössen. | Foto: Johanna Schweinester
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"Früh übt sich"

Bis vor rund 15 Jahren wurde die ehrenvolle Aufgabe, das Ostergrab zu errichten, von den Nachfahren der Familie Schweinester durchgeführt. Generation für Generation wurde die Tradition innerhalb der Familie weitergegeben.
Tischlermeister Johann Georg Schweinester (*1887, +1962) nahm seinen Sohn Josef (*1929, +2017, Tischler) bereits als fünfjährigen Bub mit in die Kirche, um ihm den Ablauf beizubringen. Wiederum lernte auch dieser seine Söhne in die Errichtung des Ostergrabes ein. Als Josef (Urenkel des Erbauers) in den altersbedingten Ruhestand ging, entschieden sich auch seine Söhne, nicht mehr an der Errichtung mitzuwirken.

Jahrzehntelang war die Familie Schweinester für die Errichtung des Heiligen Grabes zuständig. Hier im Bild: Josef und Aloisia Schweinester mit Sohn Georg. | Foto: privat
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Josef Schweinester übernahm die ehrenvolle Aufgabe von seinem Vater Johann Georg. | Foto: privat
  • Josef Schweinester übernahm die ehrenvolle Aufgabe von seinem Vater Johann Georg.
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Farbenfrohe Kugeln

Lebhaft erinnert sich auch Josefs Frau Aloisia, die jahrzehntelang ebenfalls am Aufbau beteiligt war, zurück: "Über dreißig Jahre lang habe ich die bunten Kugeln, die das Ostergrab schmücken, vorbereitet. Man muss sich vorstellen: in all den Jahren ist mir keine dieser filigranen Glaskugeln zerbrochen", lacht die 85-Jährige.
Ein kleines Geheimnis verrät die rüstige Seniorin noch: "Manche Kugeln sind in Wirklichkeit gar nicht bunt, sondern erstrahlen erst durch das Einfüllen von gefärbtem Wasser (mit Ostereifaben, Anm.) in ihrem farblichen Glanz."

Farbenfrohe Kugeln zieren das Ostergrab. | Foto: Johanna Schweinester
  • Farbenfrohe Kugeln zieren das Ostergrab.
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Ausgefeilte Technik

Beim Gottesdienst wird der Leib Jesu in der Grotte mit einem Vorhang verdeckt, gleichzeitig wird ein anderer Vorhang geöffnet, hinter dem der "Auferstandene" zum Vorschein kommt. Dabei sitzen eine oder mehrere Personen hinter der Konstruktion und ziehen an Seilen, damit sich die Vorhänge öffnen.
Sohn Georg erinnert sich zurück:  "Papa hat so lange am Ostergrab gefeilt, bis alles perfekt war. Wir haben sogar vor dem Auferstehungs-Gottesdienst geprobt, ob das Öffnen und Schließen der Vorhänge reibungslos funktioniert – er hat nichts dem Zufall überlassen." Josef Schweinester hat in seiner kleinen Werkstatt auch immer wieder kleinere Teile des Ostergrabes restauriert. "Einmal war 'Not am Mann', dann musste ich an den Stricken ziehen", berichtete Aloisia über den Zusammenhalt innerhalb der Familie.
Gemeinsam erinnerten sie sich auch an die vielen freiwilligen Helfer zurück und würdigten deren Unterstützung. 

Rätsel um ursprüngliches Ostergrab

Ein weiteres Geheimnis birgt auch der Dachboden der Pfarrkirche. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war es nicht mehr gewünscht, Ostergräber aufzustellen. Die Kössener ließen sich jedoch nicht beirren und setzten die Tradition fort.
Ursprünglich erstreckte sich die Installation über die gesamte Kirchenfront und wies eine Höhe von acht Metern Breite und neun Metern Höhe auf. Zusätzlich gab es eine Hebevorrichtung für die Figur des "Auferstandenen", diese ist jedoch nicht mehr im Einsatz. Der Auferstehungs-Gottesdienst fand früher am Samstagnachmittag statt. Um die Dunkelheit zu inszenieren, wurden zusätzlich die Kirchenfenster mit Tüchern verhüllt.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entschied man sich, nur noch einen kleinen Teil am Seitenaltar zu errichten. Früher wurde das Grab am Gründonnerstag aufgestellt und am Samstag in der Nacht wieder abgebaut.
Weitere Teile des "alten" Grabes sind am Dachboden der Kirche gefunden worden. Das heutige Ostergrab-Team rund um Zimmerer Michael Straif steht aber vor einem Rätsel: "Die Teile passen teilweise nicht mehr zusammen und sind sehr renovierungsbedürftig. Leider gibt es keine Fotos vom ursprünglichen Zustand des Ostergrabes."
Straif und seine Mitarbeiter haben aber die Konstruktion etwas erweitern können: "Wir haben das Grab etwas gedreht und können so weitere Komponenten aufstellen."

Früher wurde das Ostergrab direkt am Marienaltar errichtet. | Foto: privat
  • Früher wurde das Ostergrab direkt am Marienaltar errichtet.
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Das Team rund um Michael Straif steht vor einem Rätsel: Alte Ostergrab-Teile wurden am Dachboden der Kirche gefunden, passen aber nicht mehr zur aktuellen Konstruktion. | Foto: Johanna Schweinester
  • Das Team rund um Michael Straif steht vor einem Rätsel: Alte Ostergrab-Teile wurden am Dachboden der Kirche gefunden, passen aber nicht mehr zur aktuellen Konstruktion.
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Renovierung steht bevor

Auch heuer sind Straif und sein siebenköpfiges Team wieder mit dem Aufbau des Ostergrabes beschäftigt. "Heuer haben wir erstmals einen Jugendlichen im Team, der uns bei der Errichtung unterstützt, das freut uns sehr. Die Frauen übernehmen auch eine wichtige Rolle – sie sind für das Befüllen der bunten Kugeln zuständig."
Da das Aufstellen eine besonders heikle Aufgabe ist, muss jeder Handgriff sitzen. "Die Konstruktion ist sehr in die Jahre gekommen. Wir müssen größte Vorsicht walten lassen, um nichts zu beschädigen. Der Korpus des Ostergrabes stand beim Jahrhundert-Hochwasser sogar unter Wasser. Wir werden es in den nächsten Jahren wohl renovieren müssen, damit es wieder in seinem ursprünglichen Glanz erstrahlen kann. Mein großer Traum wäre es, wieder alle Teile verwenden zu können."
Nun blicken sie nach getaner Arbeit mit Spannung dem Auferstehungs-Gottesdienst entgegen und freuen sich, den Kirchgängern ein besonderes Spektakel bieten zu können.

Zimmerer Michael Straif und Pfarrer Rupert Toferer. | Foto: Johanna Schweinester
  • Zimmerer Michael Straif und Pfarrer Rupert Toferer.
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Heiliges Grab in St. Johanner Kirche wird zum 15. Mal aufgestellt
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