"Akte Hypo Alpe Adria": Zwei Wirtschaftsjournalisten auf den Spuren des Bankdesasters

In ihrem Buch "Akte Hypo Alpe Adria" zeichnen die Wirtschaftsjournalisten Renate Graber und Andreas Schnauder den Weg zur Verstaatlichung der Kärntner Bank nach.
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Wie lange haben Sie an diesem Buch geschrieben?
Andreas Schnauder: Wir haben Ende November letzten Jahres einmal darüber geplaudert und sind dann zu Weihnachten direkt in medias res gegangen.

Im März 2015 ist das Buch erschienen, Sie haben es also in einem Guss geschrieben?
Renate Graber: Ja, wir haben durchgeschrieben, eben an Abenden und Wochenenden. Frei hatten wir nicht mehr. (lacht)

Träumen Sie manchmal von der Hypo?
Renate Graber: Nein, ich nicht. Ich habe andere Albträume. (lacht)

Andreas Schnauder: Ich auch nicht. Seit das Buch fertig ist, träume ich nicht mehr von der Hypo.

Tilo Berlin möchte ja gegen Ihr Buch vorgehen. Wie ist der aktuelle Stand?
Renate Graber: Er hat in Deutschland und Österreich geklagt, da er bestimmte Stellen in unserem Buch nicht mehr lesen möchte. Hauptsächlich Texte aus seinem Tagebuch, das schon 2010 unter anderem im Wirtschaftsblatt veröffentlicht wurde.

Hätte es Ihrer Meinung nach eine Alternative zur Verstaatlichung im Jahr 2009 gegeben?
Andreas Schnauder: Ich sehe die Argumente vom ehemaligen Finanzminister Josef Pröll und den anderen Leuten, die dabei am Ruder waren. Die Alternative, die Hypo aufzugeben war zu der Zeit einfach nicht Common Sense, so sehr ich das heute befürworte.

5,5 Milliarden an Steuergeld sind bisher in die Hypo geflossen.
Renate Graber: Richtig. Eine kluge Verstaatlichung wäre wichtig gewesen. Sofort nach der Verstaatlichung hätte man eine Bad Bank bauen müssen.

Andreas Schnauder: Wenn eine Verstaatlichung ordentlich gemacht worden wäre, könnte man sie schon rechtfertigen.

Wie schätzen Sie den Hypo-Ausschuss ein? Beispielsweise mit den Schwärzungen der Akten. Wirkt das nicht dilettantisch?
Andreas Schnauder: Das ist vor dem Hintergrund der neuen Regeln gar nicht verständlich, unter denen Akten als vertrautlich eingestuft werden können. Dass es nebenher noch Schwärzungen gibt, ist überhaupt nicht vorgesehen.

Sie haben sich wirklich ausführlich mit der Thematik auseinandergesetzt. Läuft Politik so ab, wie sich der sogenannte kleine Mann das vorstellt?
Renate Graber: Ich fürchte, es ist schlimmer. Mein Kritikpunkt ist, dass niemand sich darauf ausreden kann, er habe von nichts gewusst. Spätestens ab 2006 hat man ganz viel davon gewusst, es hat nur niemand gehandelt.

Nehmen wir einmal an, es hätte die Finanzkrise nicht gegeben. Wäre der Fall Hypo Alpe Adria trotzdem aufgeflogen?
Renate Graber: Bestimmt, es geht nie immer nur aufwärts.

Andreas Schnauder: Der Fall Hypo hat wenig mit der Finanzkrise zu tun. Faule Kredite fliegen einem irgendwann um die Ohren. Bei einem Fall, den wir im Buch beschrieben haben, geht es um Weideland. Herr Hable von den NEOS (Fraktionsvorsitzender im U-Ausschuss; Anm. d. Red.) sagt immer "der Ziegenacker". (lacht) Der Fall heißt Hilltop. Da geht es um einen 40 Millionen Euro Kredit für Weideland ohne Baugenehmigung und ein Projekt, das nie realisiert wurde. Der Kredit kann gar nicht zurückgeführt werden, weil nichts da ist.

Sie begleiten diesen Fall seit neun Jahren. Wie schafft man es, den Überblick zu bewahren und die Unmengen an Informationen zu ordnen?
Renate Graber: Ich habe riesige Schachteln mit vielen Unterlagen und Aktenordnern herumstehen. Wir haben bisher mehr als 600 Geschichten zur Hypo Alpe Adria geschrieben. Im Alltag ist weniger das Ordnen von Daten das Problem, sondern mehr, überhaupt an sie zu kommen und sich von diversen Interventionen nicht beeindrucken zu lassen.

Sie wurden sogar beschattet. WIe fühlt man sich da?
Renate Graber: Ja, mir wurde ein Detektiv nachgeschickt, weil gewisse Menschen schauen wollten, was passieren muss, damit ich aufhöre Geschichten zu schreiben. Ich habe das erst im Nachhinein erfahren. Das war sehr witzig. (lacht)

Der Hypo-Fall ist ja sehr komplex. Haben Sie das Gefühl, er ist bei den Menschen angekommen, so dass jeder weiß, worum es geht?
Andreas Schnauder: Ich habe das Gefühl, dass auch Menschen, die sich damit beschäftigen, wenig Durchblick haben. Eben weil der Fall so vielschichtig ist. Deswegen versuchen wir neben ausführlichen Berichten wie dem Buch, auch immer wieder Überblicke über das Thema zu geben.

Zu den Autoren

Renate Graber ist seit 2004 Wirtschaftsjournalistin bei der Tageszeitung "Der Standard". Seit dem Frühjahr 2006 begleitet sie den Fall Hypo Alpe Adria und wurde mit dem Kurt-Vorhofer- und dem Horst-Knapp-Preis ausgezeichnet.

Andreas Schnauder leitet seit 2007 das Wirtschaftsressort der Tageszeitung "Der Standard". Er beschäftigt sich mit internationalen und nationalen wirtschaftspolitischen Themen sowie mit Korruptionsfällen und wurde mit dem Horst-Knapp-Preis ausgezeichnet.

Mehr Beiträge zum Thema Hypo Alpe Adria finden Sie auf unserer Themen-Seite.

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