Thomas Muster
„Von Sturschädl‘n, Heimatliebe und Sternstunden"

Thomas Muster ist Österreichs Tennis-Hero. 44 ATP-Turniere hat der Leibnitzer gewonnen, die French Open in Paris waren sein größter Triumph. Und ein paar Wochen als Nummer 1 der Tennis-Welt sind auch nicht zu verachten. Ein Interview über seine Südsteiermark und vieles mehr.

LEIBNITZ. Der Globetrotter ist sesshaft geworden. Vor dem imposanten Schloss Eggenberg in Graz - Muster lebt in unmittelbarer Nähe - ein Gespräch über Sternstunden, die Rückkehr zu den Wurzeln und seine tiefe Beziehung zur Steiermark.

  • Als Tennisprofi führten Sie quasi von Kindesbeinen an ein Nomadenleben, Sie schlugen auf allen Kontinenten und in nahezu allen Ländern der Welt auf. Fokussiert auf das große Ziel, haben Sie alles Ihrer Karriere untergeordnet. Haben Sie sich in dieser Zeit von Ihrer Heimat entfremdet?

Thomas Muster: Ich habe mich von meinen Wurzeln eigentlich nicht verabschiedet. Wenn man 40 Wochen im Jahr unterwegs ist, dann hat man zwar den Bezug, aber natürlich verliert man ein bisserl die Perspektive, was so an Alltäglichem im eigenen Land passiert. Man verfolgt es aber dennoch. Meine Österreich-Besuche waren maximal einmal zu Weihnachten oder wenn unser Land im Davis-Cup ein Heimspiel hatte. Ich bin sehr früh von Österreich weg, mit 18 Jahren nach Monte Carlo, weil früher die besten Spieler einfach dort trainiert haben. Das habe ich mir zu Nutzen gemacht, um weiterzukommen. Aber danach war ich eigentlich immer in Österreich sesshaft. Also die Mär, dass ich sozusagen in Australien wohnhaft war, stimmt nicht. Ich bin jetzt seit mehr als 25 Jahren wieder in Österreich gemeldet. Und das hat auch seinen Grund.

Vom Dachstein bis zur Südsteiermark: Thomas Muster liebt seine Heimat. | Foto: STG/Streibl
  • Vom Dachstein bis zur Südsteiermark: Thomas Muster liebt seine Heimat.
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  • Welchen Grund?

Weil einfach meine Familie und ich in Australien zusammengesessen sind und gesagt haben „wagen wir diesen Schritt, in Australien zu bleiben, wollen wir das eigentlich?“. Und wir haben uns dagegen entschieden, weil die Wurzeln da sind, die Familie ist da und es ging darum, den Kindern nicht die Perspektive zu nehmen, in dem Land aufzuwachsen, wo man ihre Muttersprache spricht. Wobei bei meiner Tochter ist das eh etwas zweigeteilt. Aber im Großen und Ganzen haben wir uns für das schöne Österreich entschieden, weil wir hier in diesem Land alles haben. Man ist doch verwurzelt und du kannst dich noch so lange im Ausland aufhalten, du kannst dort Freunde haben, aber du wirst doch nie zu 100 Prozent zugehörig sein. Und du wirst dich auch nie wirklich als Australier fühlen, sondern man wird immer Österreicher bleiben. Es gibt viele gute Gründe, warum man in Österreich oder in der Steiermark wohnt.

  • Also war diese Heimkehr nach Österreich immer klar, oder?

Sie war nicht immer klar. Aber irgendwann muss man eine Entscheidung treffen, die auch langfristig Sinn macht. Wir haben uns für Österreich und für die Steiermark entschieden. Wir haben uns damit für die Familie entschieden und auch für die Vorteile, die man in diesem Land einfach hat.

  • Sie haben Schloss Eggenberg als Kulisse für unser Gespräch gewählt, haben Sie eine besondere Beziehung hier hin?

Ich besitze für den Schloss-Park sogar eine Jahreskarte. (lacht). Ich gehe hier oft laufen oder spazieren. Ich wohne ja hier in Graz-Eggenberg. Mit gefällt diese Kulisse, dieser Park sehr gut. Das Schloss Eggenberg ist mein näheres Umfeld.

  • Wenn man so viel unterwegs war, wie Sie, verändert sich da der Blick auf die Steiermark?

Man kann nur urteilen und auch mitreden, wenn man wirklich hier wohnt, und das habe ich eben sehr lange nicht gemacht. Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit war ich eigentlich nirgends zu Hause. Aber wenn man hier ansässig ist, dann sollte man auch seine Stimme dementsprechend abgeben und auch mitdiskutieren dürfen, was vielleicht gut oder falsch sein könnte.

  • Wie sehen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in der Steiermark?

Ich glaube, dass die Steiermark wirtschaftlich nicht schlecht aufgestellt ist. Vor allem die Klein- und Mittelbetriebe etwa in der Obersteiermark tragen neben den Großbetrieben im Zentralraum sehr viel zur Wirtschaftsleistung bei. Nicht zu vergessen ist dabei das technische Handwerk, gerade im Raum Kapfenberg, Mürzzuschlag zum Beispiel gibt es einige unglaublich gute Firmen, die eine tolle Arbeit machen. Ich glaube, man muss die Steiermark etwas differenziert zu Graz sehen. Die Landeshauptstadt hat, glaube ich schon ein Problem, das man einmal ansprechen müsste. Da gibt es Dinge, die veränderungswürdig sind und die man in Frage stellen muss.

  • Was schätzen Sie den ganz besonders an der Steiermark?

Erstens einmal die Menschen. Ich bin sehr gerne in der Obersteiermark, genauer gesagt in Donnersbachwald. Ich habe das Skifahren wieder für mich entdeckt, nachdem ich aus vertraglichen Gründen jahrzehntelang nicht fahren durfte. Ich bin unglaublich gerne auf der Riesneralm. Ich schätze vor allem die vier Jahreszeiten, etwa diese Verfärbungen der Blätter im Herbst. Neben der Südsteiermark, wo ich ja eigentlich herkomme, habe ich auch die Berge neu entdeckt zum Wandern. Es gibt viele Dinge, die ich hier einfach schätze. Graz als Landeshauptstadt und zweitgrößte Stadt Österreichs. Wann immer ich mit jemanden nach Graz komme, sagen die „was ist das für eine nette Stadt“. Und auch das Ländliche, egal wo du jetzt hinschaust, ob in die Obersteiermark oder in die Süd- und Oststeiermark oder die Seen, die wir zu bieten haben. Die Steiermark hat sehr viele positive Aspekte.

  • Wenn Sie jemand bittet, sie zu den fünf schönsten Plätzen der Steiermark zu führen – wohin geht´s?

Natürlich einmal meine Heimat in der Südsteiermark mit der wunderschönen Weinlandschaft. Wie schon gesagt habe ich die Riesneralm für mich neu entdeckt, ich verbringe dort sowohl im Winter als auch im Sommer Zeit. Es gibt sehr nette Menschen dort. Dann der Grüne See oder die Oststeiermark mit der Apfelstraße. Die Dachstein-Region. Es gibt viele, viele Punkte, die ich jetzt aufzählen könnte, ich hoffe, es ist mir keiner böse, wenn ich wen auslasse. Man könnte die gesamte Steiermark mit einem Wohnwagen durchqueren und man findet immer einen Platz, wo man sich wohlfühlt. Es sind vor allem die Menschen in den ländlichen Regionen, die unglaublich nett und hilfsbereit sind. Diese Erfahrungen habe ich immer wieder gemacht.

  • Wie sehr hat Sie Ihr Unfall 1989 geprägt, was lernt man in so einer Situation noch außer „never give up“?

Wenn man eine Zeit lang weg ist von diesem Beruf, lernt man erst, wie sehr man ihn eigentlich schätzt. Wichtig ist, dass man einen steirischen Sturschädl hat, um etwas weiterzubringen. Niemals aufzugeben und wieder aufzustehen. Es ging darum, zu beweisen, dass man es noch einmal schaffen kann. Das betrifft mein Comeback. Es hätte natürlich auch noch viel schlimmer ausgehen können aber Gott sei Dank ist es so ausgegangen, wie es ausging.

Unvergessene Helden: Andre Agassi und Thomas Muster im Daviscup. | Foto: GEPA
  • Unvergessene Helden: Andre Agassi und Thomas Muster im Daviscup.
  • Foto: GEPA
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  • Der Titelgewinn in Paris 1995 war Ihre Sternstunde, Ihr Lebenstraum. Der Matchball war nachhaltig, wie oft denken Sie daran?

Ganz selten. Wenn man mich nicht so wie jetzt erinnert, eigentlich gar nicht. Das ist für mich ein Lebensabschnitt. Ich habe meine Karriere nie als – so wie manche vielleicht sagen, der Thomas Muster ist ein Idol oder eine Legende – ich habe das nie so gesehen. Es war ein Beruf, den ich ausgeübt habe. Ich habe mir das als Kind eingebildet und vor Augen gehalten und wollte im Tennis etwas werden. Ich habe dem sehr viel untergeordnet. Insofern war es für mich ein Lebensabschnitt, der sehr erfolgreich war. Aber am Ende des Tages ist es nicht mehr oder weniger. Es gibt so viele Menschen, die auf der ganzen Welt und auch in Österreich unterwegs sind, und Wichtigeres leisten als Paris zu gewinnen. Für mich persönlich und natürlich auch die Tenniswelt in Österreich war das etwas ganz Besonderes. Oder auch die Davis-Cup-Spiele, usw. Aber wie gesagt, das ist halt ein kleiner Teil der Weltbevölkerung, der das wahrnimmt, der Rest ist mit anderen Dingen beschäftigt. Dinge, die wichtiger sind, wie Ärzte, die Menschenleben retten. Da kann man das nicht gegenüberstellen. Es ist nicht so, dass ich täglich in den Spiegel schaue und sage, „Thomas, du bist der Größte, du hast Paris gewonnen“. Also das kommt mir nicht annähernd in die Gedanken.

  • Vor Jahren gehörte ein Weingarten zu Ihrem Besitz, den Sie von einem renommierten Winzer bewirtschaften ließen. Der Muskateller und Sauvignon wurden eine Zeitlang unter ,,Toms“ verkauft. Wie halten Sie es heute mit dem steirischen Wein?

Also vielleicht kann ich das jetzt einmal relativieren. Es hat immer dieser Winzer den Wein gemacht. Es ist mir eigentlich immer schon ein bisserl auf den Wecker gegangen, immer über Wein zu urteilen und gefragt zu werden, wie mein Wein heuer wird. Ich habe noch nie selbst einen Wein gemacht. Das war ein Irrtum, dass man gesagt hat, der Thomas Muster war ein Winzer. Dieser renommierte Winzer hatte eben diese Flächen gepachtet und hat den Muskateller, den Weißburgunder und den Sauvignon dort gekeltert. Wir haben uns einfach gedacht, wir verkaufen ihn unter „Toms“. Das war eher ein Gag. Und da gibt es auch eine lustige Geschichte dazu, weil wir beim steirischen Wein sind. Dieser Winzer kam zu mir und sagte, „Du, dieser Absatz ist ein wenig schwierig, die Leute vergleichen immer und wir verkaufen ihn nicht so gut“. Da habe ich gesagt, „Kein Problem, wir wissen ja, was drinnen ist. Gib dein Etikett wieder drauf und schauen wir einmal.“ Wir haben das Gleiche eingefüllt und die Leute verkosten lassen, das eine mit seinem Etikett, das andere mit meinem Etikett. Die Leute haben immer gesagt, der ist schon ein bisserl besser. Es war aber das Gleiche drin. Da gibt es ein gewisses Vorurteil, dass man sagt, der Tennisspieler kann keinen Wein machen.

  • Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn Sie nicht so früh mit dem Filzball in Berührung gekommen wären? Rennfahrer, Architekt, Immobilienentwickler, Weinbauer?

Für die Schule war ich nicht so geeignet. Ich wollte immer ein Handwerk erlernen. Vor allem Holz war mir immer sehr lieb. Ich habe da immer herumgeschnitzt und herumgebaut und mir Hölzer bei der Tischlerei geholt. Ich wollte immer Tischler werden. Daraus wurde nichts. Aber dieses Handwerk begeistert mich bis heute. Ich habe höchsten Respekt vor Handwerkern, die Spezielles leisten. Heute ist meine große Leidenschaft Architektur. Das ist ein Hobby von mir.

  • Welche Welt wünschen Sie Ihren Kindern?

Wie jeder Elternteil natürlich, dass auch diese Generation weiter das genießen kann, was wir genossen haben. Wir konnten noch aus dem Vollen schöpfen, ich weiß nicht, ob das in Zukunft noch so möglich sein wird. Ich wünsche ihnen natürlich Gesundheit und dass sie in einer friedlichen, freien Welt aufwachsen können. Es ist natürlich auch klar, dass das Leben ein täglicher Kampf ist. Das wird ihnen auch nicht erspart bleiben.

  • Was haben Sie persönlich noch alles vor?

Mit 55 ist man auch schon in einem Alter, wo man sagt, ja, man geht nicht mehr so wie mit 25, 30 die größten Pläne an. Ich will die Welt heute nicht mehr zerreißen, ich will sie genießen, auf meine Art und Weise mit ein paar kleinen Projekten und Dingen, die ich gerne mache. Ich war so viel unterwegs in meinem Leben, dass das nicht unbedingt etwas ist, was erstrebenswert ist. Ich möchte aber die Gelegenheit haben, meiner Familie, meinen Kindern relativ viel noch zu zeigen, zu reisen. Und nachdem es keine Hausverstands-App gibt, versuchen, den Kindern für dieses Leben Hausverstand mitzugeben.

Das Interview wurde uns vom Standortmarketing Steiermark zur Verfügung gestellt.

Thomas Muster im Wordrap:

Ihr Motto?
Niemals aufgeben.

Irdisches Glück?
Gibt es nicht.

Hauptcharakterzug?
Endlos stur.

Ihr größter Fehler?
Fehler zu machen.

Hatten Sie je ein Vorbild?
Didi Mateschitz

Welche Gabe möchten Sie haben?
Das man sich wohin beamen könnte.

Lieblingsmaler?
Miró und Kandinsky

Lieblingsmusik?
Schostakowitsch

Lieblingsessen?
Leider Leberkässemmel (lacht).

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