Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Immer weniger Mehlschwalben. | Foto: Otto Samwald
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BirdLife Österreich meldet: Menschenverursacht werden Schwalben immer seltener und damit zu Sorgenvögeln.

Schwalben zählen zu den bekanntesten heimischen Vögeln. Als Kulturfolger waren sie einst aus den Dörfern und Städten nicht wegzudenken. Trotz dieser Anpassung sind sie inzwischen zu den Sorgenvögeln des Naturschutzes geworden: Nur noch halb so viele Mehlschwalbenpaare werden dieses Jahr bei uns brüten als noch vor 20 Jahren (aktuell etwa 15.000 Brutpaare). Diese negative Bestandsentwicklung liegt neben dem substantiellen Rückgang der Fluginsekten an der schwindenden Toleranz des Menschen. Auch die rund 75.000 Rauchschwalben-Paare stehen unter Druck, ihnen könnte ein ähnliches Schicksal wie der Mehlschwalbe drohen. Rauchschwalben setzt die zunehmende Bodenversiegelung sowie die Abnahme an Viehställen und Insekten zu. Um die Bestände und ihre Veränderungen genauer untersuchen zu können, ruft BirdLife zum zweiten Mal zur österreichweiten Zählung der Schwalbennester auf.

„Jahrhundertelang waren Schwalben für uns ganz selbstverständliche Mitbewohner – nicht nur in unseren Dörfern und auf Bauernhöfen, sondern auch in unseren Städten“, weiß Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich. „Wenig geeignete Nistmöglichkeiten und ein immer knapper werdendes Insektenangebot führten bei der Mehlschwalbe innerhalb von 20 Jahren zu einer Bestandshalbierung. Verantwortlich sind allem Anschein nach wir Menschen. Daher liegt es an unserer Gesellschaft ebenso wie an der Politik, die richtigen Entscheidungen zu treffen und auch gegenzusteuern, um das massenhafte Sterben vieler Arten – wie auch unserer Schwalben - aufzuhalten!“

Die Mehlschwalbe (Delichon urbica) - Treue Koloniebrüterin

Ihr Markenzeichen ist der leuchtend weiße Bürzel, der sich von der dunklen Oberseite abhebt. Auch bäuchlings ist die Mehlschwalbe mit Ausnahme der Schwanzfedern rein weiß gezeichnet. Schon seit langem hat sich die Mehlschwalbe dem Menschen angeschlossen und nutzt rau verputzte Hauswände unter geschützten Dachvorsprüngen zum Nestbau. Ortschaften und Gebäude in der Nähe von Gewässern werden bevorzugt, denn hier jagen Mehlschwalben nach Insekten. Im Flug erbeuten sie Mücken, Fliegen, Schmetterlinge und Eintagsfliegen. „Leider werden Nestern von Schwalben zunehmend als störend empfunden, da sie Spuren an Boden und Fassaden hinterlassen können“, so Gábor Wichmann. In Folge würden viele Nester von den Wänden geschlagen, welche jedoch gerade in der Brutzeit besonders gesetzlich geschützt sind. Mit einem einfachen Brettchen, welches unterhalb der Nester angebracht wird, kann man Kot und Nistmaterial auffangen. Auch künstliche Nisthilfen würden gerne angenommen und sorgen drüber hinaus für ein absturzsicheres Brutgeschäft. Der Experte plädiert: „Dass die Mehlschwalbe in Österreich weiter heimisch bleibt, ist auch von unserer Toleranz abhängig!“

Die Rauchschwalbe (Hirundo rustica) - Klassische Stallschwalbe

Die Rauchschwalbe unterscheidet sich von der Mehlschwalbe durch lange Schwanzspieße und eine braunrote Färbung von Kehle und Stirn. Ihre Oberseite ist mit Ausnahme einiger heller Flecken blauschwarz, ebenso das Brustband. Ihre Nester baut sie im Inneren von Ställen, Scheunen oder anderen Gebäuden an Balken, Wänden oder Mauervorsprüngen. Das schalenförmige Rauchschwalbennest besteht aus kleinen Lehmklumpen und darin eingebackenen Halmen, die öfters lang heraushängen. Ihre Nahrung, fliegende Insekten, jagt sie gerne in und um Viehställe. War sie früher aus dem ländlichen Raum nicht wegzudenken, gehen ihre Bestände seit Jahren kontinuierlich zurück. Verantwortlich ist der Mensch, denn es fehlt der Rauchschwalbe immer mehr an geeigneten Nistplätzen. Häufig fehlen geeignete Einflugmöglichkeiten in die Ställe oder diese sind gänzlich verschlossen. Wobei Schwalben als effiziente „Insektenvertilger“ in Ställen gerne gesehen werden, so Wichmann. „Der Einsatz von Pestiziden auf den Feldern lässt allerdings die Nahrung für Schwalben immer knapper werden. Versiegelte Feldwege erschweren es ihnen, lehmiges Baumaterial für ihre Nester zu finden“, erörtert der Ornithologe die Schwierigkeiten. „Ein gezieltes Gegensteuern – wie das Errichten von Lehmlacken oder das Vermeiden von Pestiziden - ist dringend erforderlich, um den Schwalben das Überleben zu sichern!“, weiß der Experte.

Bundesweite Schwalbennesterzählung – Ergebnisse 2018

Da es bisher nur regionale, aber keine bundesweite Bestandsaufnahme der Schwalben gab, startete die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich 2018 im Rahmen eines Citizen Science-Projektes mit einer österreichweiten Zählung. 3.363 Meldungen gingen bei der Vogelschutzorganisation ein: rund 7.900 Mehlschwalbenpaare (das entspricht etwa 55 Prozent des geschätzten Bestandes) wurden gemeldet, ebenso rund 7.900 Rauchschwalbenpaare (das entspricht etwas weniger als 10 Prozent des geschätzten Bestandes).

Bundesweite Schwalbennesterzählung – Aufruf 2019

Und auch heuer wieder ist jeder Interessierte aufgerufen, Schwalbennester zu melden. „Jedes Nest hilft, mehr über die Verbreitung und die Entwicklung des Brutbestandes unserer heimischen Schwalbenarten zu erfahren!“, erklärt Gábor Wichmann von BirdLife Österreich. Erhebungszeitraum ist von 15. Mai bis 15. August 2019. Der Informations- und Meldefolder „Schwalbenzählung – Glücksbringer an Haus & Hof“ ist bei BirdLife Österreich gratis unter office@birdlife.at und unter der Telefonnummer 01/522 22 28 anzufordern oder online unter https://www.birdlife.at/page/schwalben-zaehlung herunterzuladen.

Immer weniger Mehlschwalben. | Foto: Otto Samwald
Junge Mehlschwalben | Foto: Katharina_Stefke
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