Gemeinsam im Kampf gegen das Insektensterben

Zweigestreifte Quelljungfe | Foto: © Josef Limberger
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Das Insektensterben macht auch vor der Südsteiermark nicht halt. GLOBAL 2000 und und Naturschutzbund fordern einen Systemwandel hin zu einer kleinteiligen, ökologischen Landwirtschaft, um dramatisches Artensterben zu stoppen.

Monokulturen, Pestizide und andere Giftstoffe, Versiegelung der Böden und fehlende Blumenwiesen – all das macht Insekten massiv zu schaffen. Das Arten- und Insektensterben wird durch die globale Klimakrise noch weiter voranschreiten und vice versa fehlt unseren Ökosystemen durch den Artenschwund die Robustheit zur Klimawandelanpassung. Der heute von der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 – gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Naturschutzbund Österreich – veröffentlichte Insektenatlas zeichnet ein düsteres Bild: Seit 1990 ging der Insektenbestand um 75% zurück, 30% der Arten sind weltweit bedroht. Dabei sind 75% unserer wichtigsten Kulturpflanzenarten von der Bestäubung durch Insekten abhängig. Auch in Österreich sind viele Insektengruppen stark gefährdet, wie etwa die Hälfte aller Schmetterlings- oder Heuschreckenarten.

Weichen richtig stellen

Gerade in Zeiten der Corona-Krise wird deutlich, wie wichtig eine nachhaltige Versorgung mit Lebensmitteln ist. „Zwar sorgen einige Maßnahmen zur Infektionseindämmung dafür, dass die Natur eine kleine Verschnaufpause erhält, doch mit Ende der Pandemie wird der Druck auf die Ökosysteme wieder ansteigen“, befürchtet Dominik Linhard, Biologe bei GLOBAL 2000. Allerdings haben wir jetzt die große Chance, die Weichen richtig zu stellen, eine Agrarwende möglich zu machen. „Wer unsere Nahrungsmittelversorgung sicherstellen will, muss das Artensterben stoppen. Wer das Artensterben stoppen will, muss den Pestizideinsatz reduzieren und Lebensräume erhalten. Und dazu muss eine kleinteilige, ökologische Landwirtschaft mit vielfältigen Strukturen gefördert werden“, erklärt Linhard.
Die Landwirtschaft ist eng mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Klimakrise, Biodiversität, sauberem Wasser und gesunden Böden verbunden. Es ist absolut notwendig, dass Landwirtinnen und Landwirte in Zukunft für Beiträge zu diesen wesentlichen Bereichen honoriert werden, anstatt den Großteil der EU-Förderungen weiter in die Intensivierung der Landwirtschaft zu stecken. Deswegen hat GLOBAL 2000 inzwischen gemeinsam mit dem Naturschutzbund und über weiteren Hundert europäischen Partnerorganisationen die europäische Bürgerinitiative „Bienen & Bauern retten“ https://www.global2000.at/save-bees-and-farmers gestartet. Linhard: „Wir fordern von der EU-Kommission, Landwirtinnen und Landwirten einen Systemwandel zu ermöglichen, den Ausstieg aus synthetischen Pestiziden sowie die Förderung der Artenvielfalt!“
Birgit Mair-Markart, Geschäftsführerin vom Naturschutzbund Österreich, unterstreicht den dringenden politischen Handlungsbedarf: „Insekten sind als Basis unserer Ökosysteme ebenso unverzichtbar wie für die Sicherung unserer Ernährung. Die Landwirtschaft hat hier in jeder Hinsicht eine Schlüsselrolle. Gerade jetzt wird der Rahmen für die EU-Agrarpolitik der nächsten Jahre gesteckt. Hier muss es Ziel sein, Landwirte bestmöglich bei aktiven Maßnahmen für mehr Biodiversität und Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft zu unterstützen. Aber auch jede und jeder Einzelne kann etwas tun, das zeigen wir mit unserer Initiative 'Natur verbindet' www.naturverbindet.at “

Insekten sind die wichtigste Grundlage der Landwirtschaft

Insekten halten die Ökosysteme unseres Planeten am Laufen und sind für die Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung. So drohen beim Wegfall tierischer Bestäubung einzelnen Obst- und Gemüsesorten, wie Äpfeln, Kirschen, Zwetschgen oder Gurken, Ernterückgänge von bis zu 90 Prozent. Außerdem verbessern Insekten durch das Zersetzen von abgestorbenen Pflanzenteilen sowie anderem organischen Material die Bodenqualität und Nützlinge reduzieren Pflanzenschädlinge. Dem Insektenatlas zufolge können Marienkäfer den Befall mit Getreideblattläusen um 80 Prozent reduzieren.
Unbestritten sind Insekten eine wichtige Grundlage der Landwirtschaft und unserer Lebensmittelproduktion und gleichzeitig ist die intensive Landwirtschaft aber der wesentliche Treiber des Insektensterbens, denn es fehlt flächendeckend an Lebensräumen. Felder mit Monokulturen, fünfmal pro Jahr gemähte Wiesen und ausgeräumte Landschaften ohne ausreichend Rückzugsorte wie Hecken oder ungenutzte Brachen sowie der intensive Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger schaffen lebensfeindliche Bedingungen. Dabei zählen auch die heimischen Bauern zu den Verlierern dieser Entwicklung, denn durch das Verschwinden von wichtigen Nützlingen steigt das Risiko, dass sich Schädlinge massenhaft vermehren, die Bodenfruchtbarkeit abnimmt und die Erträge sinken. Das führt dazu, dass die Landwirte noch mehr Pestizide und Dünger einsetzen und der Teufelskreis sich weiterdreht.

Artenreiches Österreich

Aktuell ist Österreich mit etwa 40.000 Insektenarten noch ein relativ artenreiches Land. Mit rund 700 Wildbienen- und über 4.000 Schmetterlingsarten übertreffen wir sogar deutlich größere Länder wie Deutschland. Doch wie steht es aktuell um die Insekten in Österreich und weltweit? Welche Auswirkungen hat Landwirtschaft auf die Insektenvielfalt und was bedeutet das Verschwinden der Insekten wiederum für die Landwirtschaft? Welche Rolle spielt die Politik dabei? Eignen sich Insekten als Tierfutter oder Nahrungsmittel und wie ergeht es den Insekten in einer Großstadt wie Wien? Antworten auf diese und viele weitere spannende Fragen gibt der neue Insektenatlas 2020 (Download auf www.naturschutzbund.at )
Ein gedrucktes Gratis-Exemplar des Insektenatlas 2020 können Sie beim Naturschutzbund auf https://naturschutzbund.at/insektenatlas.html (gegen Versandspesen) bestellen.

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