Integration. Was hab ich davon? Lokalaugenschein in der Südsteiermark
VON EVA SURMA
Es gibt ihn, den Nutzen, den wir alle haben
Eine kleine, feine Frauenservicestelle in Leibnitz macht einmal mehr von sich reden. Sie bringt den Output ihrer jüngsten Mikro-Studie zum Thema Integration im ruralen Raum auf knallige Printplakate und ins Internet.
In einer Kooperation mit dem BMI, dem EIF und der Frauenservicestelle des verein-freiraum entstand auf dem Boden südsteirischer Realität eine qualitative Studie, die den Mehrwert von Integration ergründet und zusammenträgt, was denn nun die tatsächliche Wertschöpfung und den erzielten Wertzuwachs in der beforschten Region ausmacht.
2012 wurden mit Menschen vor Ort Interviews geführt, bei denen nach positiven Erfahrungen mit „AusländerInnen und dem Ausland“ gefragt wurde, aber auch nach dem Nutzen, den Migration für die südsteirische Gesellschaft in ihrer Gesamtheit bringen kann und soll.
Eine Gesamtauswertung hat ergeben, dass der Mehrwert ein Vielfaches dessen beträgt, was uns im Alltag bewusst wird. Schlicht und ergreifend pragmatisch ist der Mehrwert in Bezug auf den ländlichen Raum, der von Abwanderung bedroht ist. Wenn sich hier migrantische Familien ansiedeln, weil sie ihren Kindern ein Aufwachsen in gesunder, ländlicher Umgebung und relativer Freiheit ermöglichen wollen, dann hat das positive Auswirkungen auf die Infrastruktur im ruralen Gebiet. Kinderbetreuungseinrichtungen zahlen sich auch für kleinere Gemeinden aus, Volksschulen müssen nicht schließen, LehrerInnen finden dort Arbeit, wo sie selbst aufgewachsen sind, urbane Ballungszentren werden entlastet.
Daraus wieder folgt ein ökonomisch wertschöpfender Effekt, denn die Vielfältigkeit und Mehrsprachigkeit einer multikulturellen und Kulturen transversalen Gesellschaft trägt einer Globalisierung Rechnung, der wir uns stellen müssen. RomantikerInnen träumen vom globalen Dorf, in dem alle gut miteinander auskommen und allezeit Harmonie und Freude gedeihen, aber wo viele Potentiale aufeinander stoßen, dort kommt es schon ab und an zu Chaos, zum Brodeln, gleichzeitig zu Synergien, zu vielen neuen Ideen, zu Entwicklung, zu Fortschritt.
Menschen mit Migrationserfahrung und Menschen, die mit ihnen zusammenleben, zeigen auf Grund unterschiedlichster Ausbildungen und Sozialisationserfahrungen deutlich mehr Risikobereitschaft, aber auch mehr individuelle Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein, da ihnen ein größeres Spektrum an möglichen Handlungsmustern vorliegt, natürlich aber auch ein größeres Pool an Know-how, aus dem sie wechselweise schöpfen können und von dem jede/r für sich auf spezielle Art und Weise profitiert.
Daraus resultiert wiederum ein Nutzen in volkswirtschaftlicher Sicht: Je mehr Menschen, die in unserem Land leben, arbeiten, ihr Wissen einbringen und längerfristig Steuern zahlen, desto mehr Sozialleistungen bleiben auf lange Sicht erhalten. Denn steigendes Steueraufkommen, so viel ist klar, führt zu niedrigeren Kosten im Sozialsystem. So schafft Integration zwar per se nicht neue Arbeitsplätze, wohl aber ist belegt, dass sich die Chancen derer auf dem Arbeitsmarkt verbessern, die vielfältige Fähigkeiten haben, gut ausgebildet sind und mehrere Kulturstandards in ihren Umgangsformen unterbringen.
Dadurch, dass wir Bräuche und Sitten teilen und wählen können, was für uns passt, bereichern wir einander und geben einander die Möglichkeit, über neue Formen des Lebens, des Zusammenlebens und des Miteinanders zu bestimmen. Wird „die Migrantin“ als kleine Botschafterin ihrer Kultur gesehen, so haben wir auch in der Südsteiermark hinlänglich Gelegenheit, eine große Vielfalt zu erleben und authentisch und in uns gemäßer Modalität kennenzulernen. Spannend ist es, die eigene Kultur mit Neuem zu vergleichen, wobei wir meinen, dass es in einem Kulturenvergleich nicht so leicht k.o. Kriterien gibt und viele Formen des Wohlseins nebeneinander Platz haben.
Um den erhobenen Studienergebnissen nun auch die nötige Aufmerksamkeit und Raum zu verschaffen, freuen wir uns auf vielfältige Veröffentlichung.
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