Sommergespräch mit NAbg. Martin Bartenstein: "Die Konsolidierung ist sehr wichtig"
Die Wirtschaft kommt nach der Krise wieder in Schwung. Nachhaltig oder ist das Hoch nur vorübergehend?
Martin Bartenstein: In der USA stottert der Konjunkturmotor, bei uns ist die Konjunktur sehr positiv. Vor zwei Jahren war die Steiermark wegen der Automobilbranche Hauptbetroffene der Krise, jetzt sind wir auch der Hauptnutznießer des Aufschwungs. Die AMS-Daten stimmen mich optimistisch. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir im Jahr 2008 Vollbeschäftigung hatten. Ich glaube, dass der Aufschwung nachhaltig ist. Das wichtigste Ziel der Politik muss sein, Arbeitsplätze zu schaffen, denn der Staat braucht die Beiträge. Arbeitsplätze sind der Schlüssel einer florierenden Wirtschaft.
Welche Hoffnungen kann man arbeitslosen Personen in Zukunft in Österreich machen?
Bartenstein: Dass der Aufschwung noch nicht zu Ende ist. Die Jobvermittlung des AMS und die Qualifizierungsmaßnahmen klappen ohnehin. Ich habe mit Mitte 50 noch einmal einen völlig neuen Stoff lernen müssen. Mein Beispiel soll auch älteren Menschen zeigen, dass sie sich für neue Jobs fit machen können. Wenn Leiharbeit richtig gemacht wird, halte ich sie für gut, nämlich die Abdeckung von Arbeitsspitzen. Wenn Leiharbeiter Stammarbeitskräfte ersetzen, ist das die negative Ausprägung von der Regel. Aber das haben auch die Gewerkschaften mitprovoziert.
Die Gemeinden ächzen über die immer höher werdenden Belastungen. Wo sehen Sie da die Herausforderungen?
Bartenstein: Das Land Steiermark und unsere Gemeinden stehen vor großen Aufgaben, denn hier ist die Rezession noch nicht überwunden. Das Hauptthema ist die Sanierung des Landeshaushalts. Das Beispiel Griechenland hat gezeigt, dass es ganz kritisch wird, wenn das Vertrauen der Anleger verspielt wird. Österreich ist zwar weit davon entfernt, eine Konsolidierung wird es aber geben müssen. Bei den Gemeinden muss das Land helfen, zum Beispiel müssen die Kosten der Pflege gerecht aufgeteilt werden. Dem Land Steiermark fehlt eine Milliarde Euro und es gibt nicht mehr viel Spielraum im Budget.
In einem Monat ist Landtagswahl. Wie sehen Sie die Chancen der ÖVP und was kann man tun, um sie noch zu erhöhen?
Bartenstein: Das Rennen ist offen. Die ÖVP mit Hermann Schützenhöfer setzt auf Themen wie Sicherheit und Wirtschaftskompetenz. Wenn es der Wirtschaft gut geht, tut sich die SPÖ leichter, neue Ausgaben zu erfinden. Wenn in der Kassa Ebbe ist, traut der Bürger der ÖVP eher zu, die Budgets zu konsolidieren. Das sieht man auch auf europäischer Ebene, fast überall gibt es Mitte-Rechts-Regierungen.
Warum wird Hermann Schützenhöfer Landeshauptmann werden?
Bartenstein: Für Schützenhöfer sind die Chancen voll da, aber die ÖVP darf sich nicht zu früh freuen. Die Stimmung ist gut, aber in den letzten drei bis vier Wochen im Wahlkampf können einige Prozentpunkte noch wandern. Die FPÖ schwächelt, die Grünen kommen nicht vom Fleck und die KPÖ wird auf ein normales Maß zurückgestutzt. Da könnten viele von diesen Wählern die SPÖ wählen. Den ÖVP-Funktionären ins Stammbuch geschrieben: Es braucht einen Super-Wahlkampf, um Franz Voves abzulösen. Aber ich freue mich, dass der Landeshauptmann wieder in Reichweite ist.
Der Wahlkreis Süd-Weststeiermark ist vielschichtig. Welche Potenziale und Chancen hat diese Region?
Bartenstein: Die Achse Graz-Maribor ist ein industrielles Kernland der Steiermark, in Deutschlandsberg gibt es viel mittelständische Wirtschaft, auch die Landwirtschaft steht gut da. Der Koralmtunnel ist das wichtigste Projekt, denn dann liegen wir an zwei Achsen und sind nicht mehr länger ein wirtschaftliches Randgebiet. Die Vergabe des Bauloses KAT2 wird für Franz Voves die Nagelprobe sein, ob er die Vergabe noch vor der Landtagswahl schafft. Da muss er die Schlüsselstellen wie Werner Faymann und Doris Bures überzeugen. Ist die Vergabe da, ist der Point of no return erreicht. Verkehr bringt Belastung, aber nur entlang an Hauptverbindungen siedeln sich Wirtschaftsbetriebe an. In Lannach gibt es dank der A2 rund 3.000 Arbeitsplätze.
Wie sieht die persönliche Bilanz seit der Nationalratswahl aus?
Bartenstein: Ich bin vom unternehmenden Politiker wieder zum politisierenden Unternehmer gewechselt. Ich arbeite gerne als Nationalrat für die Region, mit Beppo Muchitsch funktioniert die Zusammenarbeit gut, nur in Sachen Koralmtunnel hätte ich mir mehr Engagement von ihm gewünscht. Ich bin ein Fan der großen Koalition. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession waren teuer, haben aber super gewirkt. Wir sind am Arbeitsmarkt die europäische Nummer eins, haben sogar die Niederlande überholt. Jetzt dürfen wir nur nicht die Steuerschraube anziehen, 60 Prozent der Konsolidierung müssen durch Einsparungen geschafft werden. Denn Österreich ist schon jetzt ein Hochsteuerland. Da spricht die SPÖ mit gespaltener Zunge.
Wie verbrachten Sie den Sommer?
Bartenstein: Ich war mit meiner Familie, wie schon oft, eine Woche am Millstätter See. Ein paar Tage verbrachte ich in Bayreuth bei den Festspielen, ein paar Tage in Salzburg. Außerdem stand ein Abstecher in die USA an. Aber hauptsächlich widme ich meine Zeit den Lannacher Heilwerken, sie haben immerhin einen Umsatz von 200 Millionen Euro und machen 60 Prozent über den Export. Und natürlich engagiere ich mich voll im Wahlkampf mit den LAbg. Peter Tschernko und Manfred Kainz.
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