Trofaiacher Stimmungsbilder
Marlies Zechner: "Ich glaube, es geht zu schnell"

Marlies Zechner aus Trofaiach fragt sich, wie lange bei der Arbeit noch Mund-Nasenschutz und Handschuhe getragen werden müssen.  | Foto: zVg/Trofaiacher Stimmungsbilder
  • Marlies Zechner aus Trofaiach fragt sich, wie lange bei der Arbeit noch Mund-Nasenschutz und Handschuhe getragen werden müssen.
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Mit der Serie "Trofaiacher Stimmungsbilder" beleuchten wir die Lebensumstände von unterschiedlichsten Menschen in der Stadt Trofaiach in Zeiten der Coronakrise. Jacqueline Juri hat dazu die entsprechenden Telefoninterviews durchgeführt.

Auch in der sechsten Woche hat die 38-jährige Marlies Zechner, Mutter eines Sohnes und Bereichsleiterin Kasse bei Merkur, mit Jacqueline Juri über ihre aktuelle Stimmung in der Coronakrise gesprochen.

Wir wollen gemeinsam den Blick in die Zukunft richten: Das Land fährt langsam wieder hoch. Welche Gedanken haben Sie dazu?
MARLIES ZECHNER: Meine Gedanken gehen dahingehend, dass ich mich frage, wie lange es noch notwendig sein wird, bei der Arbeit die Mundmasken und Handschuhe zu tragen? Ein Gedanke den ich heute auch schon hatte, war, wann kommt es zur Umstellung der Öffnungszeiten? Generell gibt es viele Fragen. Werden sich die Menschen weiterhin so brav verhalten? Oder wird es ganz anders kommen, wenn man glaubt es überstanden zu haben? Lebt man gleich weiter wie zuvor oder schaut man mehr auf seine Mitmenschen? Auch was mich als Person betrifft, merke ich da einen Unterschied: So war ich früher, so bin ich jetzt. Ich bin auf jeden Fall viel hellhöriger geworden und befolge die vorgeschriebenen Regeln. Das hat eine andere Dimension bekommen. Wir waren unter Kontrolle, wir haben das gemacht, was vom Staat angeordnet wurde. Zuvor war das ganz anders. Da wusstest du zum Beispiel, du darfst beim Autofahren nicht mit dem Handy telefonieren, wenn man es trotzdem gemacht hat und man wurde erwischt, dann hat man halt seine Strafe bezahlt. Ich hätte mich in dieser Zeit nicht getraut, mich mit anderen Menschen zu treffen.
Was den Zeitpunkt der Lockerungen anbelangt, bin ich im „Wickelwackel“, ich finde es jetzt gut, dass die Kinder wieder sozialen Kontakt haben können. Sie hatten keine Wahlmöglichkeiten, sie mussten alles hinnehmen, wie es ist. Aus der wirtschaftlichen Sicht ist es ein Problem. Ich sehe Menschen am Existenzminimum, das geht ans Nervenkostüm! Auch bei meiner Arbeit sehe ich das. Es ist wirklich tragisch. Ich könnte wahrscheinlich keine Stunde mehr schlafen, wenn ich wüsste, dass ich kein Geld mehr habe oder nichts zu essen. Unvorstellbar, wenn mein Arbeitsplatz weg wäre. Meine Familie hat auch schon Schicksalsschläge erlebt, in dieser Krise hatten wir Glück nicht betroffen zu sein. Ich kenne aber auch die andere Seite.
Trotzdem befürchte ich, dass es uns wie eine Walze überrollt. Ich glaube es geht zu schnell. Ich weiß nicht ob sich die Leute an die neuen Begrenzungen halten werden. Wenn die Regierung die Ausgangsbeschränkungen nur lapidar verordnet hätten, sozusagen heute einmal, morgen einmal, ohne Nachdruck, dann hätten wir viel mehr Fälle gehabt. Entweder volle „Kanne“ oder eben so wie in Spanien, Frankreich oder Italien. Man hat gesehen, wie schnell sich das Virus in Ischgl verbreitet hat. Ich bin auf die nächste Wintersaison gespannt, wie man das mit den Hotspots der Skigebiete regelt.

Was glauben Sie, wird sich in einem Jahr verändert haben?
MARLIES ZECHNER: Ich hoffe auf eine Änderung dieses Zustandes, den wir jetzt haben! Hoffentlich vergessen wir nicht ganz, was wir jetzt erlebt haben! Hoffentlich denken wir auch an die Hygienevorschriften, dass man sich die Hände öfter wäscht, dass man in den Ellbogen niesen soll, den Kindern lernt man es ja auch. Ich wasche mir ständig die Hände, weil ich immer Geld in der Hand habe und es ist „grauslig“, wenn man sich dann in das Gesicht fährt und auf gut Deutsch gesagt, irgendwelche Gewächse im Gesicht bekommt. Auch das Abstandhalten finde ich wichtig. Es ist ein Zeichen von Respekt, wenn jemand an der Kasse steht, bei einem Bankschalter oder bei der Post, völlig egal wo auch immer, es zeugt von Respekt Abstand zu halten, weil es einem nichts angeht, was da vorne passiert oder besprochen wird.
Wenn ich an das nächste Jahr denke, hoffe ich, dass wir einen Impfstoff haben. Aber ob der dann auch helfen wird? Die Grippeimpfung hat auch keinen absoluten Schutz. Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich denke mit Verstand. Ob das dann wirklich gleich funktionieren wird? Ich denke mir, es wird länger dauern bis sie alles ausgetestet haben. Die nächste Frage ist, wird die Impfung Pflicht? Wenn man so in die Tiefe geht und über die Dinge nachdenkt, gibt es viele unbeantwortete Fragen.
Antworten bringt die Zeit, das Verhalten der Menschen und die Wissenschaft. Man muss hineinleben.

Was könnte Ihr persönliches Motto im Jahr 2020 sein?
MARLIES ZECHNER: Gemeinsam sind wir stark! Alleine „zerreißt“ man nichts, es geht nur, wenn alle funktionieren, alle zusammenhalten. Eigentlich geht es um den Zusammenhalt - von Mensch zu Mensch.

Wenn Sie in einem Satz diese vergangenen sechs Wochen zusammenfassen müssten, wie würde dann dieser Satz lauten?
MARLIES ZECHNER: Wenn man die sechs Wochen mit einem Herzdiagramm vergleicht, dann gab es manche Ausschläge nach unten, die sich anfühlten wie Frustration, Verzweiflung und Aussichtslosigkeit und jene Ausschläge nach oben, die mit der Einstellung „Wird schon wieder“, positives Denken, Zusammenhalt aufgezeichnet wurden, also alles drin!

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