Alexander Bayerl
Österreichs Krisenteam-Leiter in der Ukraine im Gespräch

Botschafter Alexander Bayerl im Gespräch mit MeinBezirk-Reporter Lukas Moser im ukrainischen Ushgorod | Foto: MeinBezirk.at
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In der Ukraine tobt noch immer der Krieg, die Österreichische Botschaft wurde notgedrungen nach Ushgorod verlegt. Es sind in erster Linie zwei Aufgaben, die Alexander Bayerl und sein Team aktuell von dort aus wahrnehmen: Unterstützung für die wenigen Österreicher, die sich noch im Land befinden, aber auch Hilfe für oder Evakuierung von besonders schutzbedürftigen Ukrainerinnen und Ukrainern aus umkämpften Regionen.

UKRAINE/LEOBEN. Alexander Bayerl ist aktuell eigentlich österreichischer Botschafter in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Nachdem der Leobener jedoch bereits langjährige berufliche Erfahrungen im Kosovo, in Belarus und auch in Kiew sammeln konnte, er der Sprache mächtig und krisenerprobt ist, wurden seine Dienste nun im Kriegsland benötigt.

"Kein Familien-, sondern ein Krisenposten"

Vor der Zusage beriet er sich mit seiner Ehepartnerin über die Mission, sie ist Belarussin mit ukrainischen Wurzeln, ihre Familie lebt teils selbst in Belarus und in der Ukraine. Laut dem Botschafter dürfte es ihr sogar wichtig gewesen sein, dass ihr Mann beruflich etwas in der Ukraine beitragen könnte. Hier in Ushgorod ist er nun jedoch alleine, die Familie blieb in Baku. Bayerl wird deutlich: "Das ist kein Ort, wo man sich mit Ehepartner und Kindern aufhalten sollte. Das ist klarerweise kein Familien-, sondern ein Krisenposten."

Viele Botschaften nicht mehr in der Ukraine

Unmittelbar nach Kriegsausbruch sah es laut Botschafter Bayerl so aus, als würde Kiew längere Zeit im Belagerungszustand und im Zugriff der russischen Feldartillerie bleiben, auch der Vorstoß auf das Stadtzentrum sei absehbar gewesen. Alexander Bayerl erklärt: "Dieses unvorstellbare Szenario führte damals dazu, dass man die Botschaften von Kiew wegverlegte. Viele zogen sich in die Heimatländer zurück, in etwa die Hälfte ging nach Polen und einige eröffneten die Botschaften in Lemberg oder, wie wir, in Ushgorod. Hier arbeiten wir nun in den provisorischen Räumen mit etwa 20 Personen."

Bewährter Mechanismus als Hilfe für Österreicher

Das Konzept eines offiziellen österreichischen Krisenunterstützungsteams wurde 2004 im Nachhall des Tsunami-Unglücks geboren, als unzählige Österreicherinnen und Östgerreicher als Touristen vor Ort verzweifelt waren, weil Geldmittel und Dokumente fehlten, nicht selten waren sie auch verletzt oder hatten Angehörige verloren. Für künftige Krisen im Ausland wollte man nach dieser Erfahrung noch besser gewappnet sein und schaffte jenen Mechanismus, der nun auch im Ukraine-Krieg gegriffen hat. Laut Bayerl sei diese unter Leitung des Außenministeriums stehende Zusammenarbeit zwischen Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium schlagkräftig und das beweise auch die derzeitige Lage.

Noch rund 50 Österreicher im Kriegsland

Knapp 500 Österreicherinnen und Österreicher seien nach dem Ausbruch des Krieges gewillt gewesen, aus der Ukraine auszureisen. Tunlichst wurde vonseiten der Botschaft versucht, diese Ausreise schnell und sicher zu ermöglichen - man half etwa in Fällen, wo zur Ausreise notwendige Dokumente fehlten oder beim Koordinieren einer sicheren Fluchtroute. Aktuell, so Bayerl, befinden sich noch in etwa 50 Österreicherinen und Österreicher im Kriegsland. Sie seien jedoch meist stark im Land verwurzelt, weil sie etwa schon sehr lange hier leben, der Ehepartner aus der Ukraine ist oder sie glauben, dass sie in ihrer Wohngegend sicher sind. "Wir sind aber mit ihnen in Kontakt und sie wissen, dass wir im Notfall erreichbar sind", versichert Bayerl.

"Dieses Leid nimmt einen mit"

Die andauernden und mehrmals täglich einsetzenden Luftalarme setzen zwar auch dem Steirer zu, angesichts der Lage in anderen Teilen des Landes relativiert er jedoch: "Die Situation hier lehrt einem Demut, aber man erlebt hier im Westen nur einen Bruchteil des Schreckens. Die vielen Luftalarme sind zwar anstrengend, aber für mich noch nicht zermürbend. Was mich aber emotional zermürbt hat, sind die Bilder aus Bucha und Borodyanka - dieses Leid nimmt einen mit."

Stolz auf Hilfe der Österreicher

Vor kurzem half das Krisenteam in Ushgorod wieder bei der Evakuierung von besonders Schutzbedürftigen, darunter Krebspatienten und Waisenkinder mit teilweise schweren Behinderungen, aus den umkämpften Gebieten - auch nach Österreich. Die dahingehenden Reaktionen in der Heimat seien für ihn überwältigend: "Es erfüllt mich mit großem Stolz, dass die Österreicher so hilfsbereit sind und unsere Bevölkerung nicht mit Gleichgültigkeit reagiert. Man sieht, dass es keine politischen Aufrufe benötigt, sondern die Hilfe tief aus den Herzen der Bevölkerung kommt."

"Es ist eine einzige Katastrophe"

Was sich Bayerl persönlich in dieser schwierigen Zeit eines Krieges am europäischen Kontinent wünscht? Der gebürtige Steirer wird emotional: "So schnell wie möglich: Ein Ende dieses furchtbaren Krieges und eine Einsicht, dass das kein Weg ist, um in Europa Konflikte zu lösen. Es ist eine einzige Katastrophe."

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