Die Auswirkungen der Nachricht "Kurzarbeit in Kindberg"

Kindberg. Jetzt ist es soweit: Die Voest hat in einem zweiten Schritt, nach dem Abbau der vierten Schicht, einhergehend mit der Streichung von ca. 120 Stellen, ab März Kurzarbeit angekündigt. Bereits diese 120 ehemaligen Mitarbeiter sind schon zu viel, von den Leiharbeitern wurde in Zahlen bisher nichts bekanntgegeben. Letztere werden nie so wirklich erwähnt, aber auch das sind Menschen, die ihren Lohn brauchen. Für sich, für Ihre Familien, für die Mürztaler Wirtschaft. Es darf keine Mitarbeiter 2. Klasse geben, die man nicht zu erwähnen braucht, nach dem Motto "die sind ja eh bei der Leihfirma angestellt".

Das Ganze in Zahlen anhand eines Beispiels

Wenn man beispielhaft davon ausgeht, dass 200 Menschen ihre Arbeit verlieren, muss man sich die Zahlen einmal genauer ansehen. Im Schnitt kann man davon ausgehen, dass von der Arbeitslosigkeit einer Person zusätzlich 1,5 Personen zusätzlich betroffen sind. Es sind also 2,5 Personen vom Abbau eines Arbeitsplatzes betroffen. Bei 200 Personen ergibt das die Zahl von 500 Menschen.

Knappe 500 Menschen die ihre Miete, Kreditrate für Wohnung oder Haus zahlen müssen, ihre Kinder ernähren oder ihre alten Eltern unterstützen. Dazu noch die Leasingrate für das Auto vielleicht, der Skiausflug für die Kinder in der Schule - dann wird es knapp mit dem Haushaltsbudget. Gerade im Mürztal, wo viele Frauen aufgrund der Kindererziehung zuhause bleiben und "nur" ein bisschen im Handel dazuverdienen (weil viel mehr Angebote gibt es für Frauen ja nicht in der Region) kann das zu größeren Problemen in einigen Haushalten führen. Das sind die persönlichen Betroffenheiten.

Regionale Wirtschaft

Die wirtschaftlichen Implikationen für die Mürztaler Mikrowirtschaft sind auch nicht zu unterschätzen. Bei 200 Personen, die ihren Job verlieren senkt sich deren Einkommen um 30 % falls diese Arbeitslosengeld beziehen. Bei einem durchschnittlichen (für Industrieverhältnisse niedrig angesetzten) Gehalt von 2500 brutto (ca. 1800 netto) geht es hier um knappe 600 Euro Einkommensverlust pro Monat. Bei 200 Arbeitsplätzen sind das 120.000 Euro im Monat.

Dazu kommt noch der Verlust der "Konti-Zulage" seit Dezember für - als Beispiel - 950 Mitarbeiter, die in etwa 200 Euro netto ausmacht --> weitere 190.000 Euro.

Ab März gibt es dann Kurzarbeit, was kostet die? Das ist noch offen. Grundsätzlich kann Kurzarbeit für Reduktion der Arbeitszeit zwischen 10 und 90% beantragt werden - der Rest wird dann mit fiktiv berechnetem Arbeitslosengeld zum Teil ausgeglichen. Das wären bei oben genannten Beispiel (1800 Euro netto) Gehaltsverluste zwischen 60 und 540 Euro. Wenn man von 50% ausgeht, hat man einen Verlust von 300 Euro pro Mitarbeiter. Laut Zeitungsartikeln geht es hier um 950 Mitarbeiter, wäre summa summarum 285.000 Euro weniger Einkommen pro Monat.

Wenn man diese drei Zahlen zusammenrechnet ergibt das eine Einkommensminderung von gut 600.000 pro Monat. Wenn also die Kurzarbeit 6 Monate dauern würde, wäre das ein Minus von 3,6 Millionen Euro.

Wenn es finanziell knapper wird, dann versucht man, die Fixkosten zu decken. Gespart wird an alltäglichem und an der Freizeitgestaltung. Das betrifft dann Händler, Wirtshäuser, Dienstleister wie Friseure oder gemeindeeigene Betriebe wie Schwimmbäder usw. Um diese Betriebe zu erhalten, wird auch hier eingespart, Arbeitsplätze gehen verloren, kleinere Wirtshäuser sperren unter Umständen zu, weil es sich dann endgültig nicht mehr ausgeht.

Natürlich, die Zahlen können schwanken weil der eine oder andere gleich wieder Arbeit findet (wenn meist auch schlechter bezahlt als bei der Voest) oder weil die Kurzarbeit nicht so lange dauert etc. Aber was klar ist: es wird Einbußen geben.

Dazu kommt ja andererseits noch, dass die Gelder, die durch Großunternehmen in Form von Aufträgen an örtliche Handwerker, Dienstleistung und dergleichen vergeben werden, auch weniger werden können. Auch hier geht es um Existenzen der Selbstständigen und ihrer Mitarbeiter.

Weniger Produktion bedeutet auch weniger Stromverbrauch, was auch für Stromlieferanten riesige Einbußen bedeutet.

Weltwirtschaft und Klima

Die Weltwirtschaftslage hat diese Problematik hauptsächlich verursacht. Der von Trump vom Zaun gebrochene Handelskrieg mit China, die durch das Coronavirus in Stocken geratene chinesische Wirtschaft. Das betrifft die Stahl- und Metallindustrie einerseits direkt. Andererseits betreffen vor allem die Probleme in China durch das Klumpenrisiko deutsche Autobauer besonders, die im Reich der Mitte zwischen 25 und 40 % ihrer PKWs verkaufen.

Das kann in weiterer Folge zu Problemen für Zulieferfirmen der Autoindustrie führen, von denen es in Österreich ja sehr viele gibt. Die Voest Rotec mit Hauptsitz in Krieglach z.B. baut hochwertige Autokomponenten, bleibt zu hoffen, dass dieser Standort nicht genauso in Bedrängnis kommt.

Die Strafzölle "Section 232", die Trump eingeführt hat, machen das Umfeld neben sinkenden Preisen für Eisenerz für die Stahlbranche aktuell nicht einfacher. Das sollte man das nächste Mal bedenken, wenn man meint, das größte Problem an Trump wären sein Auftreten oder sein Äußeres (das ja sehr oft besprochen wird). Nein, da steckt einiges mehr dahinter, was auch auf uns sehr konkrete Auswirkungen hat.

Das derzeitige Umfeld ist für eine Industrieregion wie das Mürztal kein gutes. Die ersten Auswirkungen haben die Menschen bereits gespürt, weitere kommen in den nächsten Wochen und Monaten nach und nach an. Bleibt zu hoffen, dass sich der Handelsstreit zischen den USA und China beruhigt, damit das internationale Umfeld wieder bessere Voraussetzungen für "unsere" exportorientierten Unternehmen bietet.

Die Leute hier sind zäh, die Politik hat vor Jahren mit Kurzarbeit gute Instrumente geschaffen, Probleme dieser Art abzumildern und die heimischen Industriebetriebe sind gesund und stark aufgestellt. Das ist das Positive an der Situation und lässt hoffen, dass es bald wieder aufwärts geht.

Am Schluss soll noch ein weiteres aktuelles Thema erwähnt werden. Das Klimathema, auf dem derzeit ein großer Fokus liegt, darf uns nicht aus den Augen verlieren lassen, dass gerade die exportorientierte Industrie es ist, die zu einem guten Teil für unseren Wohlstand verantwortlich ist. Es bringt uns nichts, wenn hier wegen überbordender Bestimmungen die Industrie zugrunde geht, um in anderen Ländern mit schwachen bis keinen Auflagen weiterzuproduzieren.

Die Betriebe arbeiten an Lösungen mit Filtern und dergleichen, es hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr viel verbessert. Man sollte sie aber nicht durch zu hohe Auflagen vertreiben und muss hier mit Augenmaß vorgehen.

Glück Auf!

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