Dank Körperspenden
Graz als Herzstück von Lehre und Forschung für Jungmediziner

Das Institut für Anatomie der Med Uni Graz ist durch seinen Forschungs- und Lehrschwerpunkt ein Magnet für viele Jungemedizinerinnen und Jungmediziner aus dem In- und Ausland. | Foto: Med Uni Graz/Roland Wehap
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  • Das Institut für Anatomie der Med Uni Graz ist durch seinen Forschungs- und Lehrschwerpunkt ein Magnet für viele Jungemedizinerinnen und Jungmediziner aus dem In- und Ausland.
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Diese Woche fand zum bereits zweiten Mal eine Gedenkfeier für jene Menschen statt, die ihren Körper nach dem Tod der Forschung und Medizinausbildung zur Verfügung gestellt haben. Ihre Körperspende wird an der Med Uni Graz zur Weiterentwicklung neuer Techniken und in der postgraduellen Ausbildung herangezogen. Graz ist in dieser Hinsicht ein Anziehungspunkt für angehende Medizinerinnen und Mediziner, weit über die Landesgrenzen hinweg. Warum Graz "Anatomie kann" und wie es zu einer Körperspende kommt schildert der Leiter des Lehrstuhls Niels Hammer.

STEIERMARK/GRAZ. Mehrere hundert Steirerinnen und Steirer stellen ihren Körper jährlich nach ihrem Ableben der Wissenschaft zur Verfügung. "Ohne sie wäre es nicht möglich, das Niveau der Forschung und der Patientensicherheit zu gewährleisten", verdeutlicht Niels Hammer die Bedeutung dieses Geschenks an die Lehre und Forschung. Hammer leitet seit 2019 den Lehrstuhl für makroskopische und klinische Anatomie an der Medizinischen Universität Graz.

"Unsere gesamte Arbeit ist nur durch das Geschenk der Körperspende möglich", richtet Niels Hammer seinen Dank an alle, die ihren Körper der Medizin zur Verfügung stellen. | Foto: C. Hammer
  • "Unsere gesamte Arbeit ist nur durch das Geschenk der Körperspende möglich", richtet Niels Hammer seinen Dank an alle, die ihren Körper der Medizin zur Verfügung stellen.
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Und es sind grundlegend drei Bereiche, mit denen sich Hammer und sein Team beschäftigen: "Zum Ersten bilden wir künftige Humanmediziner und Zahnmediziner aus, dabei lehren wir die Form und Struktur des  - gesunden - menschlichen Körpers, zum Zweiten stehen wir für die postgraduelle Ausbildung. Da kommen Ärzte mit unterschiedlichem Ausbildungsstand zu uns, um sich hier weiterzubilden. Und das ist in erster Linie dank der Körperspenden möglich", schildert der Mediziner.

Jungmediziner zieht es nach Graz

Tatsächlich hat sich Graz in diesem Bereich quasi zu einer Art Mekka für angehende Ärztinnen und Ärzte entwickelt. "Weltweit kommen Kollegen hierher, um zu lernen", ist Hammer stolz. So lernt der Orthopäde etwa, wie er sich als Chirurg den Weg zum Gelenk bahnt, ohne Gefässe oder Nerven zu beschädigen. Es werden auch neue OP-Techniken geübt.

"Das lebenslange Lernen gilt bei Ärztinnen und Ärzten umso mehr und dabei spielen die Körperspenden eine unersetzbare Rolle in der Medizin."
Niels Hammer

Der dritte Fokus des Lehrstuhls ist die Erforschung von Krankheiten. "Und letztlich sind alle unsere drei Aufgabengebiete nur durch das Geschenk der Körperspende möglich", fasst der Wissenschafter zusammen.

Lange Tradition, bewährte Technik

Die Arbeit an der Körperspende hat in Graz eine sehr lange Tradition , seit Jahrzehnten wird hier bereits die Zusammenarbeit zwischen der Universitätsklinik  und der Forschung vorangetrieben. "Wir verfügen in Graz außerdem über Methoden, Körperspenden so haltbar zu machen, die es auch erfahrenen Ärzten erlaubt, unter sehr realistischen Bedingungen ihre Eingriffe zu üben", erklärt Niels Hammer.

Jungmedizinerinnen und -mediziner aber auch erfahrene Ärztinnen und Ärzte können anhand der Spenden neue Techniken trainieren. | Foto: Panthermedia
  • Jungmedizinerinnen und -mediziner aber auch erfahrene Ärztinnen und Ärzte können anhand der Spenden neue Techniken trainieren.
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Damit einher geht wohl auch die Tatsache, dass die Bereitschaft rund um Graz und die Steiermark sehr groß ist, seinen Körper zu spenden. Genaue Zahlen nennt Hammer nicht, aber es sind mehrere hundert pro Jahr. Wobei das Geschlechterverhältnis jenem der Bevölkerung entspricht. "Natürlich sind es eher ältere Menschen", wobei es auch Anfragen von knapp über 30-Jährigen gäbe, die sich schon mit dem Thema beschäftigen.
Auch die Konfessionen zeigen keine Unterschiede in dieser Frage. "Auch da haben wir so gut wie alle dabei", so der Mediziner.

Wessen Spende zählt

Prinzipiell kann jeder und jede verfügen, den Körper nach dem Tod der Med Uni Graz zu überlassen. Ausgenommen sind lediglich nicht geschäftsfähige Personen oder Kinder. Auch die Eltern können dies nicht verfügen. "Dazu gibt es eine oberstgerichtliche Entscheidung und auch unser Ehrenkodex und der ethische Rahmen untersagen dies", unterstreicht Hammer.

Rund 300 Angehörige waren in die Kirche gekommen, um sich ihrer Liebsten zu erinnern, die ihren Körper der Wissenschaft geschenkt hatten. | Foto: Med Uni Graz
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Die Covid-Pandemie hat wiederum dazu geführt, die Richtlinien für die Annahme der Spenden zu überarbeiten. Demnach konnten beziehungsweise können Spenden, die aus Verfügungen stammen, die vor 2020 abgeschlossen wurden, abgelehnt werden, wenn sie aus verschiedenen Gründen (Erkrankungen, Infektionen), nicht dem Zwecke der Forschung dienen.
Im Falle der Übernahme des Körpers mussten die Angehörigen früher nur für die Überführung zahlen. Nun sind mit der Verfügung einmalig 1.400 Euro zu entrichten. "Dafür übernehmen wir die Spende auf alle Fälle und sorgen für alle weiteren Schritte. Damit geben wir die Sicherheit, dass wir uns um alle Kümmern."

Unterschied zur Organspende

Und über noch ein weiteres Detail klärt der Experte auf. "Eine Körperspende ist eine Totspende", so Hammer, wenn auch mit "Ablaufdatum". Sie muss der Anatomie in einem Zeitfenster von 48 Stunden nach dem Tod vorliegen, damit sie genutzt werden kann. Im Gegensatz dazu ist eine Organspende eine Lebendspende, "meistens nach Eintritt von Hirntod, sie stammen vielfach von junge Personen, die schwer verunfallt sind." Rechtlich gesehen gibt es übrigens einen eklatanten Unterschied: Organspender ist man solange man nicht dagegen Widersprüche einlegt. Eine Körperspende muss man im Vorfeld vertraglich regeln.

Richtlinien für die Körperspende

    Je nach Datum der abgeschlossenen Verfügungen zur Körperspende gelten unterschiedliche Richtlinien
  • "Verfügungen" abgeschlossen vor Ende 2020:
  • Liegen bestimmte Ausschlusskriterien wie etwa Erkrankungen oder Infektionen vor, kann die Körperspende nicht den Zweck der Forschung und Lehre erfüllen und wird demnach abgelehnt. Die Bestattung ist in diesem Fall vollständig aus dem Nachlass des/der Verstorbenen bzw. von dessen/deren Angehörigen zu tragen.
  • Aktuelle Verfügungen:
  • In den neuen Verträgen gibt es diese Ausschlusskriterien nicht mehr. Unabhängig vom "Status" der Körperspende, übernimmt die Med Uni jedenfalls die Spende und kümmert sich um alle weiteren Schritte. Im Gegenzug sind durch den/die SpenderIn bzw. dessen/deren Angehörige 1.400 Euro zu entrichten. Die Verfügung kann auch noch nachträglich geändert werden.

Alle Informationen zur Körperspende an die Med Uni Graz: anatomie.medunigraz.at

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