Christina Stürmer im Interview
20 Jahre unplugged auf Scheibe gepresst

Christina Stürmer mit den Austrovinyl-Geschäftsführern Peter Wendler (l.) und Johann Fauster | Foto: RegionalMedien
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  • Christina Stürmer mit den Austrovinyl-Geschäftsführern Peter Wendler (l.) und Johann Fauster
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Den 15. März sollte man sich vormerken. An jenem Tage erscheint "MTV Unplugged in Wien" von und mit Christina Stürmer als Doppel CD im Digipack, als Doppel-Vinyl und als exklusives Fan-Boxset. Das Team von Austrovinyl im südoststeirischen Fehring erhielt das Vertrauen für die Pressung. Im Werk vor Ort ließ Stürmer in die Künstlerinnenseele blicken und stand MeinBezirk.at Rede und Antwort.

FEHRING. Über ihren Werdegang braucht man nicht mehr allzu viele Worte verlieren. Christina Stürmer hat – 2023 feierte sie ihr 20-Jähriges Bühnenjubiläumösterreichische Musikgeschichte mitgeschrieben und tut es, seit 2019 mit eigenem Label bzw. u.a. mit der Single "Ein halbes Leben", noch immer. Das Wiener Volkstheater sollte im Vorjahr Schauplatz für einen besonderen Karrieremeilenstein sein. Als erste deutschsprachige Künstlerin wurde der gebürtigen Linzerin die Ehre zuteil, Mittelpunkt eines MTV-Unplugged-Konzerts zu sein. Die Bühne teilte sie dabei u.a. mit Wolfgang Ambros, Mathea oder auch den Sportfreunden Stiller. Für die perfekte "Wiedergabe" von 22 Stücken auf Vinyl und CD baut Stürmer auf das Team von Austrovinyl im südoststeirischen Fehring. Vor dem Tourstart am 11. April in Salzburg stand Stürmer MeinBezirk.at Rede und Antwort.

Das Wiener Volkstheater als Schauplatz für unvergessliches Konzert. | Foto: Ingo Pertramer
  • Das Wiener Volkstheater als Schauplatz für unvergessliches Konzert.
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  • Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Austrovinyl in Fehring?

Christina Stürmer: Wir haben mehrere Presswerke angefragt. Und ich bin ja mehr der Bauchmensch und war prinzipiell immer für Austrovinyl. Es ist ein österreichisches Werk und außerdem hat eine Mitmusikerin, die Pianistin, die bei MTV Unplugged mitgewirkt hat, mit ihrer Band bei Austrovinyl gepresst und sie sagte, der Sound sei superspitze. Außerdem wollte ich schon immer hier her fahren und mir das Ganze anschauen. Da sie hier auch CDs machen, kann jetzt alles hier entstehen – und das ist schon spitze.

  • Welchen Stellenwert hat die Schallplatte im Jahr 2024?

Als ich mit Mathea die ersten Gespräche geführt habe, ob sie beim MTV Unplugged dabei sein möchte, haben wir auch darüber geredet, wie viele CDs sie pressen lässt, wenn was Neues rauskommt. Sie hat ihre Karriere in der Zeit des Streaming gestartet. Für sie macht CD-Pressen wenig bis gar keinen Sinn. Bei mir wiederum, dadurch, dass ich 2003 angefangen habe, glaube ich schon, dass mein Publikum noch immer CDs kauft – und was ich jetzt merke, immer mehr Vinyl. Das finde ich gut, weil Streaming so riesig geworden ist, was einerseits super ist, weil man viel und schnell konsumieren kann, aber was andererseits eine Katastrophe für den Künstler ist, bei dem, was dabei für ihn rausschaut. Als wir die Testpressung von Austrovinyl erhielten, haben es meine Bandkollegen mitbekommen. Ich wusste nicht, dass sie alle einen Schallplattenspieler zu Hause haben. Und die sind alle völlig ausgezuckt und wollten auch eine haben. Und sie hören eben alle Schallplatten und auch mit den Kindern. Das finde ich so stark, dass man sich wieder hinsetzt und sich Zeit nimmt, Musik zu hören. Bei Streaming habe ich immer mehr das Gefühl, dass die Musik keinen Wert mehr hat. Ich finde es so schön, dass immer mehr Künstler Musik auf Vinyl rausbringen.

So wird es gemacht: Einblicke in den Produktionsprozess in Fehring | Foto: RegionalMedien
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  • Wie viele Platten hat Christina Stürmer daheim?

So 100.

  • Was war der letzte Vinyl-Kauf?

Die Beatles. Das rote und das blaue Album. Die Beatles gehen immer.

  • Es gab im Laufe der Karriere Auszeichnung en masse. War die Anfrage für das MTV Unplugged Album gewissermaßen die Krönung der Laufbahn bislang?

Ja, irgendwie schon, es war auf alle Fälle auch die größte Herausforderung bislang. Das Ganze zu stemmen, zu organisieren – dadurch, dass ich seit 2019 mein eigenes Label betreibe, mein eigener Chef bin – noch mehr als früher – gab es viele Fragen. Wo will man das Ganze machen? Wer übernimmt die musikalische Leitung? Wer macht die Regie? Wer filmt das Ganze? Wie soll die Bühne ausschauen? Wie soll man das Ganze musikalisch gestalten? MTV meinte damals, es war Ende 2020, man sollte mindestens ein Jahr für die Vorbereitung einplanen. Ich dachte mir damals, dass das lächerlich ist, ein Jahr – es hat tatsächlich ein Jahr gedauert, ja, eigentlich länger als ein Jahr. Es hängen so viel Entscheidungen dran. Alleine die Auswahl der Songs, in 20 Jahren sind ja doch einige entstanden. Und wie man das Ganze arrangiert. Von "Nie genug" haben wir etwa eine kubanische Version gemacht.

  • Wie viele Personen waren in Summe beteiligt?

Alleine vom Filmen her bestimmt 150, wahrscheinlich mehr, dazu noch alle Personen auf der Bühne.

  • Bei der Aufnahme waren viele Special Guests mit dabei, darunter Wolfgang Ambros – war das eine ganz besondere Ehre?

Auf alle Fälle. Beim Wolfgang habe ich gezögert, ihn zu fragen. Ich habe sofort an ihn gedacht, mich aber gefragt, ob er das machen würde. Es war lustig, weil dann habe ich mit Marco von Wanda geredet und der hat gemeint: "Frog iam, frog iam!" Ich hab ihn dann angerufen und er war sofort Feuer und Flamme. Ich habe dann gesagt, dass ich urgern "Wintasun" mit ihm machen möchte. Vom Gefühl her fiel ihm ein Stein vom Herzen, dass ich nicht gemeint habe, ich will "Schifoan" machen. Ich finde "Wintasun" ist eine wunderschöne Nummer und die Version, die wir zusammen gemacht haben, irrsinnig schön. Und er war so umkompliziert. Der Wolfgang ist ja generell einer, der das Herz auf der Zunge trägt. Der kann sich nicht verstellen. Der haut seine Meinung einfach raus. Das macht ihn aus. Er hat so viel Charakter. Er ist so eine Legende – es ist so eine schöne Nummer geworden, ein Wahnsinnsduett.

  • Sie sind schon länger als 20 Jahre im Geschäft – was war die größte Veränderung im Business?

Natürlich Streaming, Vinyl, auch die Radiolandschaft. Ich habe ein wenig das Gefühl, dass man sich ein wenig verbiegen muss, dass man noch irgendwo stattfindet.

Am 15. März erscheint Christina Stürmer MTV Unplugged in Wien. | Foto: RegionalMedien
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  • Wie viel Freiheit gibt das eigene Label?

Sehr viel. Die Rechte liegen bei mir mir. Vom Gefühl her ist man freier. Ich muss niemanden fragen. Natürlich ist aber auch mehr Druck da und mehr Verantwortung.

  • Wann hat man es in Österreich als Musikerin bzw. Musiker geschafft?

Das ist Ansichtssache. Mancher sagt, wenn man einen Nummer-1-Hit  hat, aber ich glaube um das geht es gar nicht. Manche Bands füllen Hallen, aber finden zum Beispiel im Radio gar nicht statt. Ich habe in 20 Jahren gelernt, dass man mit sicher selbst zufrieden sein muss. Man sollte machen, was einem selbst aus dem Herzen spricht und das bewegt dann auch die Menschen.

  • Was will Christina Stürmer unbedingt noch erreichen?

Ich würde gerne Musik machen dürfen, so lange es mir noch Spaß macht, aber es ist nicht so, dass ich mir denke, ich muss unbedingt irgendwann einen Grammy bekommen.

  • Beispiel Taylor Swift und zuletzt der Medienrummel beim Super Bowl. Auf österreichische Verhältnisse umgelegt. Wie gehen Sie mit der Präsenz und dem Rampenlicht um bzw. taten dies zu Beginn der Karriere?

Gerade am Anfang war es sehr schwer. Ich war gerade mal 20 und Tausende Menschen wollten Tausende Dinge von mir wissen – und das auch privat. Da muss man natürlich erst lernen, damit umzugehen – was man preisgibt und wo man den Riegel vorschiebt. Mit amerikanischen Verhältnissen kann man das aber natürlich nicht vergleichen.

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