Seit Milliarden Jahren unverändert
Grazer Weltraumforscher an seltenem Fund beteiligt

In den unendlichen Weiten des Weltalls sind Grazer Forscherinnen und Forscher auf eine Sensation gestoßen. | Foto: Franz Neumayr/RH
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  • In den unendlichen Weiten des Weltalls sind Grazer Forscherinnen und Forscher auf eine Sensation gestoßen.
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Einer äußerst seltenen Entdeckung kam ein internationales Team, an dem auch Forschende des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) beteiligt sind, auf die Spur. Entdeckt wurden sechs Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, deren Umlaufbahnen seit der Entstehung ihres Planetensystems vor über fünf Milliarden Jahren beinahe unverändert geblieben sind. In einer neu veröffentlichten Studie beschreiben die Forscherinnen und Forscher, wie sie das Geheimnis ans Licht brachten.

GRAZ/STEIERMARK. Rund 100 Lichtjahre von uns entfernt stellte der Stern "HD 110067" Forscherinnen und Forscher seit Jahren vor ein großes Rätsel. Im Jahr 2020 entdeckte der Nasa-Satellit "TESS" leichte Verdunkelungen des Sterns, die auf zwei vorbeiziehende Planeten hindeuteten. Zwei Jahre später nahm "TESS" den Stern erneut ins Visier, woraufhin Astronominnen und Astronomen die innersten beiden Planeten "b" und "c" mit Umlaufzeiten von rund neun bzw. 14 Tagen identifizierten. Für die weiteren vier Planeten konnten zu diesem Zeitpunkt noch keine Schlussfolgerungen gezogen werden.

Das nötige Hilfsmittel war schließlich "CHEOPS", das Weltraumteleskop der Europäischen Weltraumorganisation "ESA". Während "TESS" darauf abzielt den gesamten Himmel nach "Exoplaneten" (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems) abzusuchen, konzentriert sich "CHEOPS" nämlich gezielt auf einzelne Sterne. So konnte schließlich auch die Periode von Planet "d" mit rund 20 Tagen berechnet werden. Die äußersten drei "e", "f" und "g" blieben allerdings noch aus.

"Cheops" ist ein Satellit der Exoplaneten, also Planeten außerhalb unsres Sonnensystems, im Detail charakterisiert | Foto: ESA/ATG medialab
  • "Cheops" ist ein Satellit der Exoplaneten, also Planeten außerhalb unsres Sonnensystems, im Detail charakterisiert
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Der Schlüssel zur Lösung

Der Schlüssel zur Lösung des gesamten Systems war damit aber schon gefunden: Während der innerste Planet den Stern neunmal umkreist, führt der zweite sechs und der dritte vier Umrundungen durch – sie befinden sich in einer orbitalen Resonanz. Die Prüfung, ob die drei übrigen Planeten ebenso Teil dieser Resonanzkette sein könnten, führte zu massig Theorien. Mittels vorhandener Ergebnisse und Ausschlussverfahren blieb letztendlich aber nur noch eine Möglichkeit übrig: Eine Resonanzkette in Paaren von 3:2, 3:2, 3:2, 4:3 und 4:3. Also: Die Planeten "c", "d" und "e" umkreisen ihren Stern zwei Mal, während der jeweils vorherige Planet ihn drei Mal umkreist. Die Planeten "f" und "g" umkreisen ihren Stern dagegen drei Mal, während der jeweils vorherige Planet ihn genau vier Mal umkreist. Damit konnte vorhergesagt werden, dass die drei äußersten Planeten Umlaufzeiten von rund 31, 41 und 55 Tagen aufweisen.

Diese Vorhersagen ermöglichten es, den Transit der Planeten "e" und "f" zum genau richtigen Zeitpunkt zu beobachten und damit deren Periode zu bestätigen. Damit war die gesamte Struktur des Planetensystems klar, die Gesamtanalyse aller gewonnenen "TESS" und "CHEOPS"-Daten jedoch äußerst komplex. „Es war mein Mitarbeiter Andrea Bonfanti, dem sie schließlich als Erstem gelang,“ zeigt sich Luca Fossati, IWF-Gruppenleiter und Mitautor der Studie, stolz.

Stand der Umlaufbahnen des Planeten-Sextetts nach 14 Tagen, was der Periode von Planet „c“ entspricht. Bei jeder 360°- Drehung von Planet „c“ bewegt sich Planet „b“ um 540°, Planet „d“ um 240°, Planet „e“ um 160°, Planet „f“ um 120° und Planet „g“ um 90°. | Foto: Hugh Osborn, Universität Bern
  • Stand der Umlaufbahnen des Planeten-Sextetts nach 14 Tagen, was der Periode von Planet „c“ entspricht. Bei jeder 360°- Drehung von Planet „c“ bewegt sich Planet „b“ um 540°, Planet „d“ um 240°, Planet „e“ um 160°, Planet „f“ um 120° und Planet „g“ um 90°.
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Wichtig für weitere Forschungen

Die Entdeckung solcher resonanten Systeme auf der Umlaufbahn sei äußerst wichtig, da sie Aufschluss über die Entstehung und anschließende Entwicklung des Planetensystems geben. Systeme neigen dazu, sich in Resonanz zu bilden, können aber leicht gestört werden. So können beispielsweise ein sehr massereicher Planet im System, eine nahe Begegnung mit einem vorbeiziehenden Stern oder ein gigantischer Einschlag das Gleichgewicht beeinflussen.

Eine Besonderheit des Planetensystems um "HD 110067" ist seine Resonanzkette. Unter den über 5.000 Exoplaneten, die um andere Sterne als unsere Sonne kreisen, sind Resonanzen nicht selten, ebenso wenig wie Systeme mit mehreren Planeten. Extrem selten sind jedoch Systeme, bei denen sich die Resonanzen über eine so lange Kette von sechs Planeten erstrecken, wie es bei "HD 110067" der Fall ist.

"HD 110067" ist zudem das hellste bekannte System mit vier oder mehr Planeten. Dadurch wird es den Astronominnen und Astronomen ermöglicht, qualitativ hochwertige Daten zu gewinnen. Das System bleibt also weiterhin ein spannendes Forschungsobjekt.

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