Gastkommentar von Herwig Hösele
Drexlers Wahl an einem symbolträchtigen Tag

Das offizielle Antrittsfoto: Anfang Juni verkündete Hermann Schützenhöfer seinen Rückzug, seit gestern ist Christopher Drexler der neue Landeshauptmann. | Foto: STVP/Kanizaj
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  • Das offizielle Antrittsfoto: Anfang Juni verkündete Hermann Schützenhöfer seinen Rückzug, seit gestern ist Christopher Drexler der neue Landeshauptmann.
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Zum Wechsel des Landeshauptmanns zieht der Ex-Politiker, profunde Kenner der steirischen Volkspartei und Autor Herwig Hösele ein Resümée und zeigt Parallelen zwischen dem alten und neuen "Landesersten".

STEIERMARK. Seit 4. Juli 2022 ist Christopher Drexler der neunte Landeshauptmann der Steiermark seit Wiederherstellung der Demokratie in Österreich 1945, der sogenannten Zweiten Republik. Dieser 4. Juli 2022 wird wohl als besonderes Datum in das Kalendarium der steirischen Zeitgeschichte eingehen. Denn erstmals seit vier Jahrzehnten konnte ein populärer Landeshauptmann am Zenit seiner Tätigkeit sein Amt an einen Wunschnachfolger weitergeben.

Das war das letzte Mal Friedrich Niederl am 4. Juli 1980 mit der Amtsübergabe an Josef Krainer II möglich. Krainer Il (1996), Waltraud Klasnic(2005) und Franz Voves (2015) blieb das aufgrund der Wahlergebnisse versagt. Josef Krainer l, Landeshauptmann der Jahre 1948 bis 1971, starb im Amt und schlug in seinem in seiner Brieftasche aufgefundenen politischen Testament Friedrich Niederl vor.

Anton Pirchegger, Landeshauptmann von 1945 bis 1948, musste krankheitshalber seine Funktion zur Verfügung stellen. Der Sozialdemokrat Reinhard Machold war nach Ende des Zweiten Weltkriegs für einige Monate im Parteienkonsens eingesetzter, von der Besatzungsmacht anerkannter Landeshauptmann. Und zwar solange, bis die Volkspartei bei den ersten freien steirischen Landtagswahlen nach dem Weltkrieg am 25. November 1945 deutlich stimmen- und mandatsstärkste Partei wurde.
Die Volkspartei stellte dann den Landeshauptmann 60 Jahre ununterbrochen und seit 2015 nach dem sozialdemokratischen Intermezzo mit Landeschef Franz Voves wieder.

Der Publizist und ehemalige VP-Politiker beleuchtet den Landeshauptmannwechsel von Hermann Schützenhöfer auf Christopher Drexler. | Foto: Foto Fischer
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Der richtige Zeitpunkt

Die Regelung der Nachfolgefrage zählt zu den heikelsten politischen Entscheidungen. Oft kann sie nicht harmonisch getroffen werden, sondern wird durch Wahlniederlagen erzwungen, fast immer auf Bundesebene, nicht selten auch in den Bundesländern.

Selbst wenn es harmonisch abläuft, stellt sich oft die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt. Über diesen Zeitpunkt wird Landeshauptmann Schützenhöfer nach seinem grandiosen Wahlerfolg vom November 2019, durch den er nicht nur die Mehrheitsverhältnisse umdrehte, sondern die Volkspartei sogar mit 13 Prozent Vorsprung vor der SPÖ positionierte, immer wieder „gegrübelt“ haben.

Er hat sich für die Halbzeit der Legislaturperiode entschieden – knapp nach seinem 70. Geburtstag und in einer Zeit, in der sein Rücktritt allgemein bedauert wurde. Damit eröffnet er seinem Wunschnachfolger Christopher Drexler auch die Chance, sich bis zum nächsten regulären Landtagswahltermin im November 2024 noch stärker zu profilieren.

Bestens vorbereitet für das Amt

Der rhetorisch und intellektuell reich begabte, weltoffene Drexler tritt sein Amt durch langjährige hochprofessionelle Tätigkeit in Landtag und Landesregierung wohlvorbereitet an. Und er ist im besten Alter für den Start in diese höchste Verantwortung für die Steiermark. Er ist 51 Jahre alt, Friedrich Niederl, Josef Krainer II, Waltraud Klasnic und Franz Voves waren beispielsweise bei Amtsantritt zwischen 50 und 52 Jahre alt.

Und noch eine kleine, aber vielleicht ebenfalls symbolträchtige Parallele des 4. Juli 2022 mit dem 4. Juli 1980. Der 4. Juli ist bekanntlich der US-Unabhängigkeitstag. Sowohl bei Josef Krainer II als auch bei Christopher Drexler handelt(e) es sich um exzellente US-Kenner und engagierte Verfechter der fundamentalen und unverzichtbaren Grundwerte der Aufklärung wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
Man könnte sagen, Drexler ist auch angetreten, diese universellen Werte regional und lokal nachhaltig zu verwirklichen und zu stärken.

Über den Autor:
Herwig Hösele ist ein ehemaliger ÖVP-Politiker sowie davor enger Mitarbeiter der Landeshauptleute Josef Krainer (1980 bis 1996) und Waltraud Klasnic (1996 bis 2005). Er ist Publizist und widmet sich seit seinem Ausscheiden aus der Politik im Jahr 2005 Projekten in der Wissenschaftsabteilung des Landes Steiermark (u. a. als Verantwortlicher für die Dialogreihe Geist & Gegenwart).
Hösele ist unter anderem seit 2018 Vorsitzender des Universitätsrates der Kunstuniversität Graz und seit 2011 Generalsekretär des Zukunftsfonds der Republik Österreich.

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