Weltmilchtag am 1. Juni
Digitalisierung im Kuhstall
Am Samstag, 1. Juni, ist Weltmilchtag: Moderne Technologien unterstützen die Milchbäuerinnen und Milchbauern bei ihrer täglichen Arbeit und begünstigen noch mehr Tierwohl, Tiergesundheit sowie eine noch bessere Qualität bei Milch- und Milchprodukten
STEIERMARK. Tierfreundlich, gesündere Tiere, höhere Produktqualität und innovativ. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind offen für neue Technologien, sehr weit fortgeschritten ist die Digitalisierung und Automatisierung in der Milchviehhaltung. „Der Einsatz von digitalen Technologien im Kuhstall hat zuletzt einen deutlichen Schub erfahren und schafft neben der Arbeitserleichterung für die Bäuerinnen und Bauern vor allem mehr Tierwohl und Tiergesundheit sowie eine höhere Qualität bei den Milchprodukten“, unterstreicht Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher anlässlich des bevorstehenden Weltmilchtags am 1. Juni.
Melkroboter sowie Fütterungsroboter, Sensor-Techniken zur Gesundheitsüberwachung, aber auch automatische Futterschieber, Einstreusysteme, elektrische Bürsten und Kuhduschen für mehr Tierwohl halten Einzug in die Kuhställe. „Diese modernen Technologien unterstützen die Milchbauern bei der schweren körperlichen Arbeit, die die volle Einsatzbereitschaft 365 Tage im Jahr ohne Sonn- und Feiertage sowie auf Abruf 24 Stunden am Tag erfordert. Die persönliche, tägliche Betreuung und der sorgsame sowie verantwortungsvolle Umgang mit den Tieren ist durch die Technik aber nicht ersetzbar“, unterstreicht der Kammerpräsident.
Offen für neue Technologien
Die heimischen Bäuerinnen und Bauern haben grundsätzlich einen pragmatischen Zugang zu neuen Technologien. Um die Betriebe zukunftsfit zu halten und weil immer weniger Arbeitskräfte im Voll- und Nebenerwerb bereitstehen, müssen immer mehr Betriebe moderne Techniken verwenden. Titschenbacher: „Moderne Technologien im Kuhstall müssen nützlich und passend für den Betrieb sein – auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, weil damit sehr hohe Investitionen verbunden sind, die für die Milchbauern ausgesprochen herausfordernd sind“.
Druck auf Milchbauern steigt
„Insbesondere in den vergangenen Jahren haben viele kleine Betriebe im Berggebiet ihre Ställe umgebaut und ein besonderes Augenmerk auf mehr Platz und noch mehr Tierwohl, Tierkomfort und Wohlbefinden gelegt“, betont der Kammerpräsident.
Es wurde kräftig, Schätzungen zufolge jenseits von 100 Millionen Euro, investiert. Diese sehr hohen Standards würden aber vom Handel und von den Konsumenten zu wenig wertgeschätzt. „Leider stehen im Regal immer mehr No-Name Milch- und Milchprodukte, diese verstärken den Druck auf die Milchbauern erheblich“, sagt der Kammerpräsident. Konkret ist der Anteil der No-Name-Milchprodukte im Handel in den vergangenen Jahren auf 53 Prozent gestiegen. Im Schnitt betreuen die steirischen Milchbäuerinnen und Milchbauern 25 Milchkühe, in Deutschland sind es 94, in Dänemark sind es sogar 248. Seit dem Jahr 2010 haben mehr als ein Drittel der heimischen Milchviehbetriebe die Stalltüren geschlossen, heute gibt es in der Steiermark aktuell 3.631 Milchviehbetriebe.
Ferngesteuerter Melkroboter
Das Smartphone ist für die Bäuerinnen und Bauern ein wichtiges Steuerungsinstrument für neue Technologien. „Alle entscheidenden Daten, die der Melkroboter beispielsweise über die Qualität der Milch oder die Tiergesundheit liefert, sind sofort über eine App am Handy verfügbar“, sagt Titschenbacher.
Praxis trifft Forschung
Digitalisierung ist in der Steiermark bereits gelebte Praxis in der Ausbildung und am Betrieb. Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer erklärt: „Innovation und Digitalisierung spielen in der landwirtschaftlichen Ausbildung schon eine große Rolle. An unseren Fachschulen haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, neue Technologien kennenzulernen und dieses Wissen dann hinaus in die Betriebe zu tragen. Konkret gibt es etwa an den Fachschulen Hatzendorf, Grabnerhof und Grottenhof bereits Smaxtec-Technologie – eine steirische Innovation, die mittels modernster Technologie und künstlicher Intelligenz umfassende Daten zu den Kühen liefert. Das verbessert die Tiergesundheit, erhöht die Leistung, spart Medikamente und Futtermittel und nimmt den Bäuerinnen und Bauern Arbeit ab. Die Schülerinnen und Schüler lernen an der Schule den Umgang mit diesem digitalen Werkzeug und sie lernen die Vorteile dieser Innovation kennen. Wenn sie dann in den Betrieb kommen, dann wissen sie bereits, dass man damit Antibiotika spart und die Fütterung optimieren kann, um Zeit und Geld zu sparen. Auch Krankheiten oder Schwangerschaften werden so frühzeitig erkannt. Digitalisierung ist niemals ein Selbstzweck – der Nutzen für die Bäuerinnen und Bauern steht immer im Mittelpunkt.“
Blick in die Praxis
Sophia Spath (29), Hofübernehmerin, führt in Hitzendorf gemeinsam mit Freund David einen Milchviehbetrieb – Melkroboter melkt 60 Kühe und Sensortechnik verbessert die Gesundheit der Milchkühe. „Als wir 2021 den Betrieb übernommen haben, beschlossen wir in ein automatisches Melksystem zu investieren. Hohe Anschaffungskosten, sowie laufende Betriebsmittel- und Energiekosten, machten uns diese Entscheidung nicht einfach. Dennoch sahen wir einen klaren Vorteil in der Arbeitserleichterung: Man bekommt dadurch mehr Flexibilität und Lebensqualität, Vorteile zeigen sich aber vor allem auch in den Bereichen Tierwohl und Tiergesundheit. Mit den dazugehörigen Halsbändern, werden Fressminuten, Wiederkauaktivität und die Brunsterkennung registriert.“
Natürliche Milch veredeln die heimischen Molkereien zu vielfältigen Milch- und Käsespezialitäten. Zuletzt gab es viele Innovationen und nationale sowie internationale Auszeichnungen.
Franz Spath, Steirermilch: „Milch ist ein besonderer, durch nichts ersetzbarer Rohstoff, den die Berglandmilch zu innovativen Milchprodukten veredelt. Milch zu Pulver oder Industriekäse zu verarbeiten ist für die Berglandmilch keine Option, um langfristig erfolgreich zu sein und sich von den internationalen Mitbewerbern abzuheben“, betont Franz Spath, Vorstand der Steirermilch. Und weiter: „Die Berglandmilch als Österreichs größter Milchverarbeiter setzt daher stark auf Premiumkonzepte wie nachhaltige Mehrwegglas-Verpackungen und auf Produkt- und Verpackungsinnovationen.“
Andreas Radlingmaier, Aufsichtsratsvorsitzender Landgenossenschaft Ennstal: „Unsere international gefragten aseptischen Milchmischgetränke können dank einzigartiger UHT-Technologie sogar bis zu zwölf Monate ohne Kühlung mit höchster Qualität angeboten werden.“ Nicht zuletzt deshalb gelang es der Ennstalmilch kürzlich sogar diese aseptischen proteinreichen Milchgetränke in der umweltfreundlichen Kartondose erfolgreich auf dem England-Markt einzuführen."
Obmann Jakob Karner, Obersteirische Molkerei. „Moderne Systeme unterstützen die Arbeit, ersetzen sie aber nicht. Auch die Obersteirische Molkerei setzt Robotik und Digitalisierung ein, um Arbeitszeiten zu reduzieren. Trotzdem bedarf es auch hier eines geschulten Käsemeisters, um hochwertigen Käse erzeugen zu können – Käse ist ein lebendiges Produkt, das eine individuelle Betreuung benötigt“, betont Karner.
Milchbauern in der Steiermark
Im Jahr 2023 gab es in der Steiermark 3.631 Milchviehbetriebe, 2020 waren es noch 4.055. Zwischen 2010 und 2023 haben 36 Prozent der Betriebe mit der Milchanlieferung aufgehört. Von 2022 auf 2023 haben 3,5 Prozent der Betriebe die Milchanlieferung eingestellt.
Die steirischen Milchbauern haben im Vorjahr insgesamt 541.678 Tonnen Milch an verarbeitende Betriebe abgeliefert; im Schnitt sind dies 150 Tonnen Milch je Betrieb (im Jahr 2021 waren es 138 Tonnen.
Im Jahr 2023 gab es in der Steiermark 80.445 Milchkühe. Obwohl sich die Zahl der Milchbauern reduziert, blieb die Zahl der Kühe annähernd gleich beziehungsweise hat sich sogar noch erhöht. Die durchschnittliche Zahl der Milchkühe pro Betrieb liegt in der Steiermark bei 22,2 (in Österreich bei 23,1); im Jahr 2020 lag die Zahl in der Steiermark bei 19,3.
Pro Kopf trinkt jeder Österreicher und jede Österreicherin durchschnittlich 70,4 Liter Milch, er und sie verzehren 23 Kilogramm Käse und 5,4 Kilogramm Butter.
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