41 Stunden in der Industrie gefordert
"Es macht etwas mit der Gesellschaft"

Die Lohnstückkosten in Österreich sind seit dem Jahr 2020 um rund 28 Prozent gestiegen. Und das ausgehend von einem ohnehin hohen Niveau, auf das wir uns in den Jahren davor hinaufgeschraubt haben – so eines der Argumente der Industrie für den Vorstoß. | Foto: MAGNA Heavy Stamping (Symbolbild)
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  • Die Lohnstückkosten in Österreich sind seit dem Jahr 2020 um rund 28 Prozent gestiegen. Und das ausgehend von einem ohnehin hohen Niveau, auf das wir uns in den Jahren davor hinaufgeschraubt haben – so eines der Argumente der Industrie für den Vorstoß.
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Während die Gewerkschaften immer lauter nach höheren Löhnen und Verkürzung der Arbeitszeit rufen, wächst auf der anderen Seite die Mauer des Widerstands gegen derartige Forderungen. Wirtschaft und Industrie argumentieren mit stagnierender Produktivität und steigendem Fachkräftemangel. Jüngster Auswuchs der Konfrontation: Die Forderung der Industriellenvereinigung nach einer 41 Stunden-Woche. Steirische Unternehmen reagieren verhalten.

STEIERMARK/WIEN. "Unserem Wohlfahrtsstaat steht das Wasser bis zum Hals, denn trotz Bevölkerungswachstums stagniert das Arbeitsvolumen, auf dem die Finanzierung unseres Wohlstands und unseres Sozialsystem beruht", so die alarmierende Botschaft von Christoph Neumayer, dem Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Österreich. Der am Mittwoch bekannt gewordene Personalabbau bei Magna in Graz scheint diese Einschätzung zu untermauern. Nicht von ungefähr kommt in diesem Zusammenhang wohl auch die aktuelle Forderung der IV nach einer Erhöhung der Wochen-Arbeitszeit auf 41 Stunden. 

Sorgte kürzlich mit dem Ruf nach einer 41 Stunden-Woche in Industriebetrieben für Aufregung: Christoph Neumayer, Generalsekretär der österreichischen Industriellenvereinigung | Foto: Philipp Horak/IV
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Die Industrie-Lobby hat im Zuge des „Leistung muss sich (wieder) lohnen“-Pakets bereits zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, wie Anreize für längeres Arbeiten, sowie steuerliche Begünstigungen für Überstunden, einige der Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits umgesetzt. Angesichts des sich weiter zuspitzenden Fachkräftemangels werde es jedoch auch weitere Maßnahmen brauchen, dabei könne ein Wechsel von einer Teilzeit- auf eine Vollzeittätigkeit oder die Anhebung der Vollzeitarbeitszeit auf 41 Stunden mögliche Schritte sein, so der Vorschlag der IV. 

Auch aus der Vertretung der steirischen Industrieunternehmen wird Unterstützung in diese Richtung signalisiert: 

Es gibt zwei Gründe, warum wir über eine Ausweitung der Arbeitszeit sprechen sollten: Wir erleben trotz der schwierigen konjunkturellen Lage nach wie vor einen Mangel an spezialisierten Spitzenkräften und die Kosten für unseren Sozialstaat steigen kontinuierlich an, während auch der Anteil jener, die keine Einkommenssteuer bezahlen weiter zunimmt.
Stefan Stolitzka, Präsident der steirischen Industriellenvereinigung

Stolitzka verweist ebenso darauf, dass mit dem Umfang unserer Arbeit auch "unser Wohlstand und unser Sozialstaat finanziert" werde, denn ein großer Anteil der Steuereinnahmen stamme aus der Lohnsteuer. "Seit 2015 ist jedoch unsere Arbeitszeit je Beschäftigten um 72 Stunden zurückgegangen. Wir arbeiten damit im EU-Schnitt kürzer als unsere Nachbarstaaten und das birgt einen dritten Aspekt: Unsere Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten", so der IV-Präsident.

"Seit 2015 ist unsere Arbeitszeit je Beschäftigten um 72 Stunden zurückgegangen. Wir arbeiten damit im EU-Schnitt kürzer als unsere Nachbarstaaten und das birgt einen dritten Aspekt", befürchtet Stefan Stolitzka, dass dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit abnimmt.  | Foto: Jörgler
  • "Seit 2015 ist unsere Arbeitszeit je Beschäftigten um 72 Stunden zurückgegangen. Wir arbeiten damit im EU-Schnitt kürzer als unsere Nachbarstaaten und das birgt einen dritten Aspekt", befürchtet Stefan Stolitzka, dass dadurch unsere Wettbewerbsfähigkeit abnimmt.
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Wert der Arbeit im Fokus

MeinBezirk hat auch bei steirischen Industriebetrieben nachgefragt, was sie von dem Vorstoß einer Steigerung der Wochenarbeitsstunden halten – mit durchwegs verhaltenen Reaktionen. Drei Unternehmen wollten dazu gar nicht Stellung beziehen, einzig AVL List befürwortet aus Arbeitgeber-Sicht die Idee: "Wir würden diesen Schritt begrüßen, ist es doch einmal etwas Anderes als immer nur nach weniger Arbeit zu rufen", erklärt Markus Tomaschitz,  Markus Tomaschitz, AVL-Unternehmenssprecher und Chief Human Resources Officer. Arbeit müsse doch wieder ihren Wert zurückerlangen, es müsse doch stolz machen, "einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten." Ganz allgemein betrachtet mache dieser Ansatz etwas mit uns als Gesellschaft, "es hat Auswirkungen auf die Volkswirtschaft."

Und die eine Stunde mehr bringt etwas? "Ja, es bedeutet aus unternehmerischer Sicht eine Stunde weniger Überstundenpauschale", so Tomaschitz, der aber auch einräumt:

"Natürlich unser Betriebsrat wäre sicher auch gegen diesen Vorschlag. Aber es ist doch ein Trugschluss zu glauben, dass mehr Menschen einen Job hätten, wenn wir das Arbeitspensum verringern."
Markus Tomaschitz, AVL List

Dazu würden uns die qualifizierten Arbeitskräfte fehlen und am Einzelnen bliebe dann mehr hängen. "Ganz abgesehen von dem Risiko, dass Betriebe dann ihre Produktion woanders hin verlagern, wo es die Arbeitskräfte gibt", skizziert der AVL-Unternehmenssprecher mögliche Szenarien.

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