High-tech zum Nachrüsten aus Steyr
So wird bald jeder Traktor zum autonomen Fahrzeug

- Nach erfolgreichen Pilotversuchen auf der 4.000 Quadratmeter großen Testfläche ist der fahrerlose E-Traktor bereits unter Realbedingungen im Einsatz.
- Foto: AVL
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Das Technologieunternehmen AVL und das Start-up ARTI machen Traktoren mit einem modularen System fahrerlos. Neu- und Bestandsmaschinen können dadurch herstellerunabhängig und ohne große Umbauten mit autonomen Fahrfunktionen ausgestattet werden. Die ersten Pilotprojekte in Steyr sind bereits gestartet. Der Markteintritt wird derzeit mit Hochdruck vorbereitet.
GRAZ/STEYR. Der Traktor rollt selbstständig aus der Werkshalle, biegt ab und nimmt die Arbeit auf dem Feld auf – ohne Fahrer, gesteuert von intelligenter Software. Was aussieht wie ein Blick in die Zukunft, ist bei AVL in Steyr bereits Gegenwart: Das Technologieunternehmen, mit Hauptsitz in Graz, hat ein System entwickelt, das Landmaschinen autonom macht. „Wir wollen eine Lösung bieten, die sich rasch integrieren lässt, sicher ist und sich für reale Anwendungen eignet – vom Weinbau bis zur Obsternte“, erklärt Sandro Perla-Steinhuber, Software-Funktionsentwickler bei AVL. Ein entscheidender Vorteil: „Das System ist mit unterschiedlichster Hardware kompatibel und lässt sich flexibel in neue wie bestehende Maschinen einbetten“, so der Techniker. Heißt: Lenkung, Bremse, Sensorik, Steuergerät, Bedienoberfläche und Satellitenkommunikation werden so integriert, dass sie sich in verschiedenste Traktortypen einfügen. Die Technologie ist als Add-on konzipiert: Die Autonomie ist bei Bedarf aktivierbar – der Traktor bleibt manuell steuerbar.
Start-up-Know-how zur Orientierung
Für die technische Orientierung zeichnet mit ARTI ein Start-up verantwortlich. Auf die KI-Robotik-Spezialisten aus Gössendorf in der Steiermark wurde die AVL durch das hauseigene Start-up-Programm Creator’s Expedition aufmerksam. „Unser Ziel ist es, technologiegetriebene Jungunternehmen mit hoher Umsetzungskraft frühzeitig ins Netzwerk der AVL zu holen – im Idealfall ergibt sich daraus eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Genau das war bei ARTI der Fall“, erklärt AVL-Projektmanager Kevin Grebien. Der Kontakt habe sich rasch konkretisiert – heute liefern die Gössendorfer wesentliche Technologiebausteine für die autonome Navigation innerhalb des Vorhabens. „Wir steuern – etwas vereinfacht – eine Software bei, die mithilfe verschiedener Sensoren erkennt, wo sich der Traktor befindet und wohin er fahren soll – auch dann, wenn das GPS ausfällt“, erklärt ARTI-Geschäftsführer Konstantin Mautner-Lassnig. Er betont: „Wir entwickeln bewusst keine Insellösung. Unsere Lösung funktioniert auch ohne Satellitensignal und lässt sich in unterschiedlichste Fahrzeuge integrieren.“

- Das 15.000 Quadratmeter große AVL-Zentrum in Steyr ist auf die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Antriebs- sowie Testlösungen für den Nutzfahrzeugsektor ausgerichtet.
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Sicherheit im Fokus
Generell stehe die Sicherheit im Fokus des Projekts – insbesondere, weil im Offroad-Bereich andere Voraussetzungen gelten würden, sagt Mautner-Lassnig: „Traktoren bewegen sich zwar langsam, können aber durch ihr hohes Gewicht noch größere Schäden als Autos verursachen. Deshalb wurde das gesamte Safety-Konzept von Grund auf neu gedacht – inklusive Risikoanalyse und Validierung.“ AVL hat dafür die umfassende Erfahrung aus dem Automotive-Bereich eingebracht. „Gerade im Offroad-Bereich gelten andere Regeln. Da braucht es robuste Systeme und klare Prozesse“, unterstreicht Perla-Steinhuber.
Marktstart für 2026 geplant
Nach erfolgreichen Tests auf der 4.000 Quadratmeter großen Testfläche von AVL am Standort Steyr sind die Prototypen nun auch bereits auf Feldern unterwegs: Der elektrisch betriebene Traktor dreht mittlerweile vollautonom mit Anbaumaschinen wie Pflügen und Mähwerken unter Realbedingungen seine Runden. „Dabei geht es nicht nur um das reine Fahren von A nach B – sondern um komplexe Szenarien mit wechselnden Umgebungen, niedrigen Geschwindigkeiten und der Zusammenarbeit mit Menschen“, so Perla-Steinhuber. 2026 soll die Lösung am Markt für verschiedene Traktortypen in Serie verfügbar sein. Zur Zielgruppe zählen sowohl Hersteller als auch bestehende Kunden, die ihre Maschinen umrüsten wollen.


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