KORNBLUME. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kindgebliebene - Teil 36

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Die Kornblume ist für mich eine der symbolträchtigsten Mittsommerpflanzen. Ihr intensives Blau stellt den Innbegriff des Sommers dar. Ein Blau, das in der Pflanzensymbolik für alles Geistige steht. Außerdem ist die Kornblume auch als Zeichen der Treue bekannt. Ein alter Aberglaube besagt allerdings, dass Frauen, die Kornblumen bei sich tragen, die Blicke der Männer auf sich ziehen. In der Volksheilkunde sind es ebenfalls die Augen, auf die die Kornblume heilend wirken soll. Als Dekoration auf Speisen soll sie nicht nur wegen ihrer Farbenpracht, sondern auch aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe appetitanregend wirken.

Um Treue und Beziehung geht es auch in meiner heutigen Geschichte - eine sehr persönliche, die mir eingefallen ist, als wir eben heute die Kutsche für die morgige Goldene Hochzeit meiner Taufpaten schmückten.

Kornblumenhochzeit

Von der Kornblume gibt es ein wunderschönes estnisches Märchen worin die Kornblumen einst Himmelsflicken waren – lauter kleine Stoffreste, die Mutter Sonne beim Nähen des Himmelszeltes übrig geblieben und ihr in einem unachtsamen Moment auf die Erde gefallen waren.

Von diesem kleinen Stückchen Himmel auf Erden – dem einen Moment puren Glücks, nach dem man sich ein Leben lang zurücksehnt, will ich in dieser Geschichte erzählen, mein ganz persönlicher Kornblumentag der sich unauslöschlich in mein Herz gebrannt hat.

„Willst du mich heiraten“, fragte mich Hans nach meiner Geburtstagsparty am frühen Morgen des 24. Dezembers 2002. Ohne zu überlegen lautete meine Antwort „ja“, denn schließlich handelte es sich um den Mann, der mich schon in der Schule zum Lachen gebracht, mich bis zum Haare ausraufen geärgert, und doch immer wieder schnell zum Gutsein gebracht hatte. Als Hochzeitstermin war der 30. August vorgesehen, aber irgendwie entschlossen wir uns kurzfristig, die standesamtliche Trauung auf den 21. Juni vorzuverlegen – einfach so – „out of the blue“.

„Du Pepi, ich wollte dir nur noch schnell sagen, dass ich am kommenden Samstag schon standesamtlich heirate“, erzählte ich meinem Chef sicherheitshalber zwischen Tür und Angel, als ich am Freitag Nachmittag die Schule verlassen wollte. „Warte mal! Und komm rein! Da musst du vorher noch einiges beachten, immerhin ist es die standesamtliche Hochzeit die vor dem Gesetz zählt…“

Mehr Vorbereitung gab‘s nicht. Wir bestellten lediglich den Standesbeamten, reservierten beim Kirchenwirt ein Mittagessen und deckten im Obstgarten vor unserem alten Vierkanthof eine liebevolle Kaffeetafel mit Gmundner Keramik, die ich mir von der Mutter meiner Freundin ausgeborgt hatte. Die Einladung für die Verwandten erging mündlich – nur ein neues Dirndl leistete ich mir für den Anlass. In der Eile hatte ich nicht einmal an den Brautstrauß gedacht.

„Hi Angel, schau mal was ich mitgebracht habe, grinste meine Freundin und Frisörin Eisi. Die erste Besucherin hielt mir um 6 Uhr Morgens ein paar Kornblumen und Gerstenehren unter die Nase. „Ich hab mir gedacht, die werde ich in deine Frisur einarbeiten…“ Zuerst war ich ja etwas skeptisch, denn die Kräuterwelle sollte mich erst viel viel später erreichen, doch dann wurde mir klar, dass sie genau das gefunden hatte, was dieser Tag verlangte: etwas natürliches, verspieltes und leichtes, dass gerade durch diese Schlichtheit, gepaart mit ihrer extrem intensiven Färbung, den perfekten Blickfang bot – den besten Brautschmuck, den man sich für eine Hochzeit am Tag der Sommersonnenwende vorstellen konnte.

Als nächstes kam Bräutigam Hans mit dem perfekten Brautauto an – ein Audi TT Cabrio, der das Herz eines alten Autofreaks und Cabriofans kräftig höher schlagen ließ. Umsichtig wie er ist, überreichte er mir strahlend einen Brautstrauß wie ich ihn mir schöner nicht hätte erträumen können. Klein, zart, verspielt und kompakt bedeutete er für mich das Tüpfelchen auf dem I.

Als wir später an der gemütlichen Tafel im Garten bei Kaffee und Kuchen saßen, läutete plötzlich mein Handy. „Hi Anita! Wie geht‘s? Bist du zu Hause? Ich bin gerade in der Gegend und wenn‘s dir recht ist, würd ich mit meiner Freundin Irene kurz vorbeikommen!“ „Das darf nicht wahr sein!“ kreischte ich entzückt! „Das war die Doris, und sie kommt gleich zu uns!“ Doris war eine Freundin aus Kindheitstagen, die in Wien lebte, sich zwischendurch aber immer wieder ein paar Jahre in der Weltgeschichte herumtrieb. Wir sahen uns oft jahrelang nicht, wenn wir aber dann endlich wieder aufeinander trafen, war es ein jedes Mal, als ob wir erst gestern auseinander gegangen wären. Doris wusste zwar, dass wir am 30. August heiraten wollten. Von der standesamtlichen Trauung, hatte sie allerdings keine Ahnung gehabt, das war einfach so eine „ho-ruck“ Idee von uns gewesen, die wir nicht groß aufziehen wollten.

Ihr Gesichtsausdruck war wahrlich sehenswert, als sie merkte was bei uns los war! Aber genau genommen war ihr Besuch ein Geschenk des Himmels, denn sie gehörte einfach dazu und hatte mir, ohne dass ich es gemerkt hatte, an diesem Tag gefehlt.

Weil aber auch der schönste Tag nicht ewig währt, neigte sich auch dieser einzigartige Kornblumennachmittag seinem Ende zu, bis er…, ja…, bis die Stille ringsum von einem Hupkonzert unterbrochen wurde. Die staubige Schottertraße entlang rollten all unsere Freunde samt Griller, Kottelets und Getränken. Nicht einmal auf die langen Strohhalme für den Sangria hatten sie vergessen – und so dauerte das wunderbare Fest bis spät in die Nacht hinein, auf den Bergen ringsherum brannten die Sonnwendfeuer.

Wie ein Traum war sie, meine Kornblumenhochzeit. Wenn ich heute – mehr als zehn Jahre später - im Fotoalbum blättere, sind die Sessel unserer Großeltern leer. Manche Beziehungen unserer Freunde zerbrochen, denn der Sommer 2003 war nicht nur wettermäßig einmalig, sondern auch was Zusammenhalt im Freundeskreis und der Familie anbelangte - eine HOCH-zeit, fast wie ein kleines Stückerl Himmel – ein Kornblumensommer eben.

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Foto: Cityfoto
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