Gräberfund versus Kirchpark
Gemeinde Kirchberg veranlasste Notgrabung, um Bauprojekt nicht zu gefährden.
Im Spannungsfeld zwischen Archäologie, lokalem Kulturerbe und kommerziellen Interessen findet nach der Entdeckung eines "vergessenen" Friedhofs neben der Pfarrkirche in Kirchberg an der Raab eine archäologische Notgrabung statt. Um einen Stopp während der Bauarbeiten für den geplanten "Kirchpark" – ein Bauprojekt zur Attraktivierung des Ortskerns mit Parkflächen und Erweiterung des Dorfplatzes – auszuschließen, ließ die Gemeinde auf Empfehlung des Bundesdenkmalamtes Wochen vor Baubeginn einen Sondierungsschnitt durchführen. Der Verdacht, dass sich hier Reste von Schloss Oberkirchberg befinden, hat sich nicht bestätigt. Dafür ist man auf einen Friedhof mit rund 200 Gräbern gestoßen, der vermutlich bis in die Gründerzeit zurückreicht und einer archäologischen Würdigung bedarf.
Verzögerung wahrscheinlich
Ob die archäologische Notgrabung bis zum geplanten Baubeginn des "Kirchpark" Ende August zu schaffen ist, bleibt abzuwarten. Aufgrund der Vielzahl der Gräber ist aber mit einer Verzögerung zu rechnen.
In der Gemeindestube ist man darüber freilich nicht begeistert, aber nach anfänglichem Ärger haben sich die Wogen geglättet. Der Erdaushub wird für ein Teichprojekt bei der Schule verwendet. Damit der Schulalltag durch die Baufahrzeuge nicht gestört wird, ist höchste Eile geboten, "aber besser jetzt eine Verzögerung, als den Bau später komplett einstellen zu müssen", weiß Bürgermeister Florian Gölles. "Sollte es trotzdem zu Schulbeginn zu Behinderungen kommen, ersuche ich um Verständnis."
Der Spatenstich für den "Kirchpark" wird jedenfalls wie geplant am 25. August um 18 Uhr stattfinden. Die Bevölkerung ist eingeladen, sich über die Maßnahmen zu informieren.
Friedhof aus der Gründerzeit
Der Friedhof dürfte ersten Erkenntnissen zufolge im 14. Jahrhundert oder früher angelegt und bis in das frühe 18. Jahrhundert benutzt worden sein. Eine genaue Datierung steht noch aus. "Die Gräber sind planmäßig mit Ost-West-Ausrichtung angelegt", erzählt Grabungsleiter Georg Tiefengraber vom Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung. "In der obersten Erdschicht haben wir vor allem Schädel und Knochen von nachbestatteten Kindern gefunden. In den nächsten Tagen werden wir tiefer gehen. Wir wissen nicht, was uns erwartet."
Neben den Skelettteilen sind auch Keramikfragmente, Sargreste und einzelne Grabbeigaben aufgetaucht. Tiefengraber: "Das verrät uns viel über die Bevölkerung von damals." Schon aus Pietätsgründen – die Toten sind die Vorfahren vieler heute noch in Kirchberg lebender Familien – müssen sämtliche Gräber freigelegt, dokumentiert und die Gebeine für eine Nachbestattung gesichert werden.
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