Männer in die Verantwortung
Bezirk Tulln sagt nein zu Gewalt an Frauen

Während des Aktionszeitraumes wird die Fahne der Kampagne „Stopp Gewalt“ gehisst (im Bild Frauen-Stadträtin Susanne Stöhr-Eißert und Bürgermeister Mag. Peter Eisenschenk). Außerdem werden das Rathaus und das DonauSplash orange beleuchtet. | Foto: Stadtgemeinde Tulln
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  • Während des Aktionszeitraumes wird die Fahne der Kampagne „Stopp Gewalt“ gehisst (im Bild Frauen-Stadträtin Susanne Stöhr-Eißert und Bürgermeister Mag. Peter Eisenschenk). Außerdem werden das Rathaus und das DonauSplash orange beleuchtet.
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Am 25. November, dem "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen", startet jährlich weltweit die Kampagne "16 Tage gegen Gewalt".

BEZIRK. Körperliche und/oder sexuelle Gewalt in den eigenen vier Wänden zieht sich durch ALLE gesellschaftlichen Schichten. Sie wird nur allzu gerne verschwiegen, verniedlicht oder Frauen sogar eine Mitschuld daran gegeben – „wahrscheinlich hat sie es verdient“, „er hat halt viel Stress“, „das kann ja passieren“ – wer bitte verdient Ohrfeigen oder Prügel vom eigenen Partner?

Was fällt alles unter den Begriff Gewalt? Jegliche Art von körperlichen Attacken, sexualisierte Gewalt, Ausbeutung, Erpressung, Nötigung, jemanden einsperren, direkte Gewalt androhen, Waffen tragen, Stalking und auch Verfolgung (gilt auch für soziale Medien);

"Die überwiegende Mehrheit der Männer ist Frauen rein körperlich überlegen und Gewalt beginnt im Wort. Erste aggressive Reaktionen, ein wenig fester zupacken, können Alarmzeichen für eine folgenschwere Entwicklung sein. Wenn hier nicht umgehend Grenzen gezeigt werden, gilt sein Verhalten meist als akzeptiert und wird fortgesetzt", weiß die tullner Psychotherapeutin Martina Luxardo.

Prävention sollte zuerst passieren

Diese ersten Alarmzeichen entstehen aus Überforderung (Job, finanzielle Nöte, kleine Kinder, wiederkehrende Streitigkeiten in der gesamten Familie, zu wenig Ausgleich, nicht verarbeiteter Stress, erlernte Muster oder schlicht mangelnder Selbstwert/zu geringes Selbstvertrauen. "Wenn der Mann bereits als Kind geschlagen wurde, ist auch dieses Verhalten erlernt. Diese Kinder haben zu selten Liebe und Zuneigung erfahren und halten Gewalt daher für normal. Daher fehlt oft auch die Einsicht. Dazu kommt, dass sich Männer oft mit Kommunikation schwerer tun als Frauen. Von Männern wird immer noch erwartet stark sein zu MÜSSEN, alles im Griff zu haben (Männer weinen nicht!) und fürchten vor ihresgleichen als Schwächling gesehen zu werden", so Luxardo.

Die Tullner Psychotherapeutin Martina Luxardo weiß, was die Gründe sind, weshalb Männer gewalttätig reagieren und wie man sich als Frau am besten schützen bzw. Hilfe suchen kann. | Foto: Victoria Edlinger
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Wie man dem vorbeugen kann? Es wäre wichtig bereits im Kindesalter darauf hinzuweisen, dass treten, schubsen, schlagen etc. nicht in Ordnung ist und nicht geduldet wird. Es geht darum, Kindern andere Möglichkeiten zu zeigen/vorzuleben, wie mit Konflikten umgegangen werden kann. Welchen Wert eine einfache Entschuldigung haben kann bzw. was verzeihen bewirkt. "Wenn Aggression in einer Beziehung beginnt, empfehle ich frühzeitig eine Psychotherapie zu beginnen; im Einzel- und/oder idealerweise Paarsetting. Je eher desto besser. Männern sei ans Herz gelegt, Kritik der Partnerin anzunehmen, zu überdenken und Maßnahmen dagegen einzuleiten. Es wäre auch wünschenswert, wenn Männer untereinander mit gutem Beispiel vorgehen und selbst dem besten Freund sagt, dass Gewalt nicht okay ist", so die Therapeutin.

Gleichberechtigung muss dringend geschaffen werden

Ein großes Problem ist auch die fehlende Gleichberechtigung. "Leider glauben noch zu wenig Menschen an gleichberechtigte Beziehungen. Patriarchalische Strukturen tragen weiter dazu bei, Frauen zu unterdrücken. Das beginnt im aggressiven Ton bis hin zur schweren Misshandlung oder gar dem Tod der Frau", so Luxardo. "Ich kann Frauen nur Mut machen, sich ein Netz an Kontakten aufzubauen, damit sie im Notfall Sicherheit finden. Sie müssen Gewalt weder ertragen noch erdulden. Niemand hat das Recht Sie zu schlagen oder zu demütigen, denn es gibt auch den emotionalen Missbrauch".

Für den Fall der Fälle:

  • Lernen Sie Notrufnummern auswendig, wenn Sie Angst haben, er könnte Ihr Handy durchsuchen (was er nicht darf). Wenn Sie unter Google Frauennotrufe Österreich eingeben, finden Sie zahlreiche Hilfsangebote.
  • Sammeln Sie Beweise oder bitten Sie Zeugen (Fotos mit Datum, am besten dokumentiert durch einen Arzt/eine Ärztin oder ein Krankenhaus).
  • Informieren Sie sich mit Internet über die zahlreichen Hilfsorganisationen. Scheuen Sie sich nicht, ein Frauenhaus anzurufen (www.aoef.at), die Adressen sind anonym … 
  • Und zu guter Letzt, finden Sie natürlich immer Rat und Hilfe bei der Polizei (133). Ein Betretungsverbot hat nichts mit den Eigentumsverhältnissen zu tun!

Auch Männer können betroffen sein

"Der Fairnesshalber möchte ich mich auch den Männern widmen, denn wir dürfen nicht so tun, als würden nur sie Gewalt anwenden! Auch Männer erfahren durch ihre Frauen/Partnerinnen Gewalt erfahren", weiß die Expertin. Männer reagieren anders. Sie müssen zwar weniger um ihr Leben fürchten, empfinden dafür Scham und fühlen sich gedemütigt. Das ist der Grund, warum sie sich keine Hilfe von außen holen. Die „Waffen“ der Frauen liegen häufig in aggressiven Beschimpfungen, mit dem eindeutigen Ziel den Mann zu verletzen, zu erniedrigen. Auch subtile Drohungen, wie z. B. Kindesentzug verfehlen nicht ihre Wirkung. Auch Androhungen, von Selbstverletzung etc bewirken Schweigen statt handeln. Die Angst vor einer Trennung/Scheidung ist selbstverständlich auch bei Männern gegeben.

Im Vorjahr bei "Orange the World" in Klosterneuburg | Foto: privat
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"Ich kann ALLEN von Gewalt betroffenen nur dringend raten sich rechtzeitig Hilfe zu holen. Von selbst löst sich das Problem meist nicht, im Gegenteil, es wird schlimmer und endet viel zu häufig fatal", so Luxardo

Was man tun kann

"Bei akuter Gefahr ist die Polizei (133) erste Anlaufstelle. Nach einem Betretungs- oder Annäherungsverbot übernimmt das Gewaltschutzzentrum NÖ die weitere Unterstützung. Für längerfristige Begleitung stehen regionale Beratungs- und Hilfsangebote zur Verfügung", so BH Stellvertreter Thomas Markom.

Polizeiliche Hilfe ist für gehörlose Frauen und Mädchen auch via SMS an 0800 133 133 verfügbar. Natürlich können sich Betroffene auch an die zuständigen Polizeiinspektionen wenden. Erst- und Krisenberatung sowie rasche Hilfe in Akutsituationen bietet die „Frauenhelpline gegen Gewalt“ unter 0800 222 555. Betroffene können sich auch an das Gewaltschutzzentrum Niederösterreich unter 02742 31 966 wenden.

Von polizeilicher Seite gibt es die Möglichkeit eines sofortigen Betretungs- und Annäherungsverbots zum Schutz vor Gewalt. Bei der Annahme, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorsteht, kann die Polizei einem Gefährder oder einer Gefährderin zwei Wochen lang das Betreten einer Wohnung samt einem Bereich im Umkreis von 100 Metern untersagen. Damit verbunden ist ein Annäherungsverbot an die gefährdete Person im Umkreis von 100 Meter. Die Polizei arbeitet darüber hinaus eng mit Opferschutzeinrichtungen zusammen, um Opfer von Gewalt bestmöglich zu unterstützen. Bei Hochrisikofällen kann eine sogenannte sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz angeregt werden, bei der sich Institutionen miteinander austauschen können. Weiters gibt es auf vielen Polizeiinspektionen Präventionsspezialistinnen und -spezialisten, heißt es seitens der Polizeiinspektion Tulln.

Im Jahr 2024 wurden österreichweit ca. 14.600 Betretungs- und Annäherungsverbote von der Polizei ausgesprochen, davon in Niederösterreich ca. 2.800 Betretungs- und Annäherungsverbote. (Quelle: Gewaltschutzbericht 2020 – 2024)

Gemeinden nehmen sich an

Weltweit ist jede 3. Frau von Gewalt bedroht, oft unbemerkt. In Österreich ist jede 5. Frau ab dem 15. Lebensjahr von psychischer, physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen. Auch die Gemeinden setzen Aktionen für die Kampagne. In Tulln wird von 25. November bis zum 10. Dezember Rathaus und DonauSplash in orangem Licht leuchten. Auch das UK Tulln macht hierbei mit. 

Das UK Tulln leuchtet orange. | Foto: Robert Herbst
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„Als Frauen-Stadträtin ist es mir ein großes Anliegen, Frauen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Es ist daher für uns selbstverständlich, dass wir bei Aktionen wie ,Orange the World‘ mitmachen“, ergänzt Susanne Stöhr-Eißert, Stadträtin für Kindergärten, Frauen und Feuerwehren. Als sichtbare Zeichen werden das Rathaus (von außen) und das DonauSplash (von innen) im Aktionszeitraum orange beleuchtet. „Wir möchten Bewusstsein schaffen, gleichzeitig aber auch das Miteinander und die Vernetzung von Frauen fördern und neue Perspektiven eröffnen – zum Beispiel mit unserem FrauenFilmTag“, sagt Stöhr-Eißert. 

Zudem gibt es am 04. Dezember einen FrauenFilmTag im Star Movie Tulln mit „Nur noch ein einziges Mal“. Im Rahmen der Aktion „Coffee with Cops“ stehen vor Beginn des Films außerdem Polizisten im Foyer für Gespräche bereit. In St. Andrä-Wördern laden zudem die Wir NÖ-erinnen zu einem Konzert der Band LAiDT, die ein Musikprogramm von Frauen mit eigenen Gewalterfahrungen zusammengestellt hat.

Hilfe finden Betroffene hier:

Regionale Beratungsstellen:

  • Fachgebiet Sozialarbeit der BH
  • Caritas Familienberatung
  • Sozialarbeit PVZ Tullnerfeld
  • Caritas Frauenberatung (St. Pölten)

Jugendliche & junge Frauen:
EXIT, Jugendzentrum Tulln, Streetwork, Schulsozialarbeit
Kinderschutzzentrum „Die Möwe“ (St. Pölten), BOJE Tulln

Telefonische/Online-Hilfe:

  • Frauenhelpline: 0800 222 555
  • NÖ Frauentel.: 0800 800 810
  • Gehörlose/Hörbehinderte 0800 133 133 per SMS
  • NÖ Gewaltschutzzentrum 02742 31966
  • Rat auf Draht: 147
  • Internationaler Notruf 112
  • Ö3-Kummernummer: 116 123
  • www.frauenberatung-noe.at

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