Interview mit Rosina Schaffernak
Erster Platz für "Über Mauern schauen"

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Menschen mit Einschränkung als das sehen was sie wirklich sind, nämlich ganz normale und vor allem gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft! Das steht für Rosina Schaffernak als Leiterin des Projekts "Über Mauern schauen" im Vordergrund.
Junge Menschen dahingehend zu sensibilisieren und einen kleinen Einblick in das Leben mit Einschränkung zu ermöglichen ist der Grundgedanke des Projekts welches dieses Jahr mit dem Kinderrechtspreis ausgezeichnet wurde.

"Über Mauern schauen - Toleranz und Achtsamkeit, jeder ist Teil unserer Gesellschaft!" lautete das Motto des Schulprojekts welches heuer an der NMS Bruck an der Mur in Zusammenarbeit mit dem Weizer Verein Christina lebt umgesetzt wurde. Nicht nur bei den Schülern fand das gemeinsame Projekt großen Anklang, auch die Jury des Kinderrechtepreis "TrauDi" war beeindruckt und verlieh prompt den ersten Preis in der Kategorie Projekte in Kindergärten und Schulen.
Rosina Schaffernak erzählt im WOCHE-Interview über ihre Motivation und ihre Erfahrungen aus 18 Jahren "Über Mauern schauen".

WOCHE: Vorerst möchten wir zum großartigen ersten Platz gratulieren. Wie kam es dazu, dass die Arbeit von "Über Mauern schauen" ausgezeichnet wurde?

Rosina Schaffernak: Seit 2002 sind wir vom Verein Christina lebt mit dem Projekt "Über Mauern schauen" immer wieder an Schulen in der gesamten Oststeiermark unterwegs um Kinder und Jugendliche für den Umgang mit Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren. Im Jahr sind das rund 18-25 Projekte die wir zusammen mit den Schulen umsetzen können. Dieses Jahr waren wir unter anderem an der NMS Bruck an der Mur. Die Schulklassen an dieser Schule sind ein bunter Mix aus Schülern verschiedener Herkunftsländer bzw. Schüler mit Migrationshintergrund oder sozialpädagogischem Förderbedarf. Obwohl die Jugendlichen in der Zeit der Pubertät eigentlich sehr mit sich selbst beschäftigt sind waren sie bei unserem Projekt sofort mit dabei und interessiert bei der Sache. Die Sozialarbeiterin der NMS Bruck an der Mur hat das Projekt dann beim steirischen Kinderrechtspreis eingereicht und den ersten Platz gemacht.

WOCHE: Wie kam es zur Idee gemeinsam mit dem Verein Christina lebt "Über Mauern schauen" ins Leben zu rufen?

Rosina Schaffernak: Das Thema Behinderung begleitet mich noch nicht mein ganzes Leben lang. Als junge Erwachsene hatte ich eine schwere Grippe die ich nicht ganz auskurieren konnte und die dann in weiterer Folge dazu geführt hat, dass mein Bewegungsapparat durch eine primär chronische Polyathritis nach und nach seine Funktionsfähigkeit verlor. Davor habe ich ein ganz "normales" Leben ohne Einschränkung gelebt. Ich war verheiratet und habe als Friseurin gearbeitet. Durch die Krankheit hat sich mein Leben innerhalb von sechs Jahren drastisch geändert. Nach 1 1/2 Jahren Bettlägrigkeit arbeitete ich mich wieder bis zum Gehen mit Krücken hoch. Seit 1994, also ein Jahr nach meiner Scheidung, sitze ich im Rollstuhl. 1997 hab ich dann ein neues, eigenständiges und vor allem selbstbestimmtes Leben begonnen. Durch die Unterstützung meiner Assistenten kann ich in meiner eigenen barrierefreien Wohnung wieder so gut als möglich eigenständig leben. Als ich durch die Krankheit plötzlich selbst Betroffene war wurde mir bewusst, dass es in unserer Gesellschaft noch einiges an Aufklärungs- und Sensibilisierungsbedarf gibt. Danach bekam ich vom Verein Christina lebt die Chance eine Umschulung von meinem Beruf als Friseurin zur Bürokraft zu machen. Gemeinsam mit Mitarbeitern des Vereins stellten wir dann 2006 das Projekt "Über Mauern schauen" auf die Beine.

WOCHE: "Über Mauern schauen" richtet sich primär an junge Menschen. Wie ist es mit Kindern und Jugendlichen an so einem doch sensiblen Thema zu arbeiten?

Rosina Schaffernak: Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen macht mir sehr großen Spaß, auch wenn ich in 18 Jahren über Mauern schauen schon einiges erlebt habe. Vor allem junge Kinder nehmen jeden sofort mit offenen Armen auf und sind gleichermaßen interessiert wie ehrlich. Beispielsweise werde ich oft gefragt warum ich meine Hände nicht strecken kann oder ob die Kinder meine Hände berühren dürfen. Bei größeren Kindern und Jugendlichen hängt es sehr stark von den Schulen und der sozialen Bildung der Schüler ab ob unser Projekt gelingt. Allerdings gab es bisher nur ein einziges Projekt das nicht ganz geglückt ist. Ansonsten stoßen wir durchgehend auf positive Resonanz.

WOCHE: Bei Schulprojekten stehen meistens die Schüler im Vordergrund. Wie ist es für Sie als Betroffene offen vor einer Schulklasse über ihre Geschichte zu sprechen?

Rosina Schaffernak: Meistens erzähle ich gleich zu Beginn der Projektarbeit mit einer Power-Point-Präsentation über meinen, nicht ganz einfachen, Werdegang. Anfangs hat das viel Kraft gekostet aber gleichzeitig auch sehr gut getan endlich offen darüber zu sprechen wie es dazu kam, dass ich heute bin wie ich bin. Oftmals kommen dann Gedanken bei den Schülern wie "...seit ihrem achtzehnten Lebensjahr ist sie eingeschränkt? Ich werde auch bald achtzehn..!" oder ähnliches. Dann weiß ich, dass ich sie mit ins Boot holen konnte und so unter optimalen Vorraussetzungen weiter arbeiten kann. Mittlerweile bin ich beim Erzählen aus meinem Leben gefestigt und erzähle nur rasch die wichtigsten Eckpunkte damit ich dann mit den Schülern in die gemeinsame Arbeit starten kann.

WOCHE: Die Motivation und Kraft mit der Sie an das Projekt herangehen ist bewundernswert. Wie schafft man es begeistert weiter zu arbeiten auch wenn es mal nicht so leicht ist?

Rosina Schaffernak: Das ist eine spannende Frage. Ich habe seit Beginn meiner Krankheit, das ist immerhin schon 37 Jahre her, viel an psychologischer Unterstützung erhalten. Durch den Medikatmentenentzug 1988 steigerte sich meine Lebensqualität. Nach meiner Ausbildung habe ich mich außerdem weitergebildet in Richtung Psychologie und Lebensberatung. Das gibt mir viel Kraft. Auch Dankbarkeit spielt für mich eine sehr große Rolle. In meiner Situation einen Arbeitsplatz zu haben sowie Unterstützung zu erhalten, sei es persönliche Assistenz oder beispielsweise mein Elektro-Rollstuhl, ist ein Privileg für das ich sehr dankbar bin. Auch die berufliche Assistenz von Brigitte Loidolt ist für mich sehr wertvoll. Ohne ihre Unterstützung könnte ich die Projekte an den Schulen nicht in dieser Form umsetzen. Zu den Schülern sage ich manchmal, dass Frau Loidolt mir ihre Hände und Füße borgt - dafür bin ich sehr dankbar!

Übergabe des steirischen Kinderrechtepreis "TrauDi!" 

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