Interview mit Erika Saria
Naturgärtnerin empfiehlt "Versickern statt versiegeln"

Foto: Erika Saria
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Starke Unwetter, die große Massen an Regenwasser mit sich bringen, haben den Bezirk auch in diesem Sommer in Atem gehalten. Die zertifizierte Naturgärtnerin und Gartenpädagogin Erika Saria hat sich stark mit diesem Thema befasst und verrät der WOCHE im Interview wie nachhaltige sowie langfristige Lösungen für Gemeinden, aber auch Private aussehen könnten. Gemeinsam mit Schwester Edeltraud Pirker hat sie 2019 die „Naturschwärmerei“ gegründet mit dem Ziel, Menschen für nachhaltiges und ökologisches Gärtnern zu begeistern.

Frau Saria, warum haben sie sich mit dem Thema befasst?
ERIKA SARIA:
Weil Unwetter derzeit in unserer Region beinahe an der Tagesordnung stehen, bin ich der Meinung:, dass wir neben der kurzfristigen Bekämpfung auch über langfristige und nachhaltige Lösungen nachdenken müssen. 
Was würden Sie vorschlagen?
Versickern statt versiegeln halte ich für notwendig und damit auch eine Ursachen- statt Symptombekämpfung. Die letzten Wochen haben einmal mehr gezeigt, dass Überschwemmungen, Wetter-Extreme und Hitze zunehmen.
Welche Gründe gibt es dafür?
Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Gründe. Erstens schreitet die Versiegelung voran. In Österreich wird täglich (!) die Fläche von ca. 20 Fußballfeldern verbaut. Insgesamt sind bereits 7 % der Gesamtfläche versiegelt! Auf diesen Flächen kann das Regenwasser nicht mehr versickern und dies führt immer öfter zu Überschwemmungen. Zweitens nehmen mit zuhnemender Hitze auch die Starkregen-Ereignisse zu. Seit 1880 ist es in Österreich bereits um 2 Grad wärmer geworden. In den Ballungsräumen ist die Zunahme aufgrund der hohen Versiegelung noch um vieles höher. In der Folge nehmen Wetter-Extreme und Überschwemmungen zu. 2017 und 2018 gab es übrigens bereits mehr Hitze- als Verkehrstote. Kellerauspumpen und Sandsäcke sind also zwar kurzfristig sinnvoll, lösen aber langfristig nicht das Problem, um dem bereits stattfindenden Klimawandel und den einhergehenden Überschwemmungen Herr zu werden.
Was schlagen Sie für die Zukunft vor?
Ein nicht versiegelter Wegebau wäre sinnvoll. Für die Zukunft ist es wichtig, Wege überwiegend versickerungsoffen anzulegen. Sehr viel Potential liegt vor allem in gering belasteten Flächen wie Parkplätzen und Privatzufahrten. Wird anstatt von Beton und Asphalt ein nicht versiegelter Weg wie zB. ein Blumenschotter-Rasen angelegt, kann bis zu 60 % des Niederschlags an Ort und Stelle versickern. Gleichzeitig wird die Artenvielfalt gefördert und die im Boden verbleibende Feuchtigkeit sorgt für Temperaturkühlung. Versiegelt werden sollte nur dort, wo es absolut notwendig und gar nicht anders möglich ist.
Was würde sich noch eignen?
Es gibt viele spannende Möglichkeiten der Regenwasser-Versickerung vor Ort. So können in Sickermulden zB. heimische Wildpflanzen für wechselfeuchte Standorte gedeihen und in Schwimm- und Sickerteichen Pflanzen für feuchte Standorte. Das Wasser hat auch eine kühlende Wirkungund beugt somit wiederum dem Klimawandel vor. Mit Zisternen und Regentonnen kann ebenfalls Wasser "aufgefangen" werden. Es steht dann sinnvoll und kostenlos für Gießen bzw. mittels Zisternen auch für Wäsche waschen, Toilettenspülung etc. zur Verfügung.
Wie sieht es im städtischen Gebiet aus?
In dicht besiedelten Ballungsräumen können Dachbegrünungen Überschwemmungen ebenfalls entgegenwirken. Sie speichern bis zu 50 % des Niederschlags und sorgen gleichzeitig für die Gebäudekühlung. Schotterwüsten, kurz geschorene Rasenflächen und sterile Grünflächen müssen tabu sein. Das neue Schönheitsideal muss ein reichhaltig mit Bäumen und Pflanzen ausgestatteter Naturgarten sein. Pflanzen kühlen, indem sie der Umgebung die Temperatur entziehen und andererseits auch Schatten spenden. So hat ein ausgewachsener Baum eine Kühlleistung von bis zu 10 Klimaanlagen. Und weil Pflanzen und Boden Wasser speichern, schützen sie ebenfalls vor Überschwemmungen. 
Nicht nur Privatgärtern, auch Gewerbeflächen, öffentliche Grünflächen, die Landwirtschaft, der Wohnbau etc. haben unzählige Möglichkeiten der klimafitten Gestaltung. Dazu müsste es aber auch Anreize geben.
Welche Anreize würden Sie dazu vorschlagen?
So wie beim Gebäudebau Auflagen erfüllt werden müssen (Wärmedämmung, etc.), müsste es zukünftig vermehrt Richtlinien für die nachhaltige Außenflächen-Gestaltung geben, wie zum Beispiel: „Naturgarten-Förderung“, niedriger Versiegelungsgrad, versickerungsoffene Wege-Gestaltung, Schotter-Rasen statt Asphaltflächen, ökologisches Regenwasser-Management, heimische Bäume als natürliche Klimaanlagen und vieles mehr.

Kontakt
Erika Saria
Mitgründerin der Naturschwärmerei
Zertifizierte Naturgärtnerin und Gartenpädagogin. 
Wohnhaft in Eggersdorf bei Graz.
www.naturschwaermerei.at

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