Fusionen und Konfusionen

- Peter Schiefer, Bürgermeister von Nitscha.
- hochgeladen von martin krusche
Die anstehenden Gemeindefusionen sorgen für viel Stimmung in jeder Gemütslage. Das zeigte sich auch jüngst bei einem Informationsabend im Gleisdorfer Forum Kloster.
„Sie wünschen, wir spielen“ ist keine regionalpolitische Option. Also muß um Verständigung gerungen werden. Manches ist heikel, manches ist brisant, es fehlt auch nicht an üblichen Verschwörungstheorien. Wenn etwa ein honoriger Bürger unterstellt, es sei gerade ihm als „Fusionsskeptiker“ ein Info-Broschüre unterschlagen worden, fragt man natürlich, ob der Briefträger genötigt wurde, die Postwurfsendung zu manipulieren.
Mein subjektiver Eindruck von jenem Abend ist vor allem, daß in dieser Geschichte – dem Schicksal sei Dank! – recht wenig Funktionärs-Sprech erklang, weil einem von den abgelutschten Floskelsätzen ja schnell die Ohren abfallen. Im Raum Gleisdorf wird recht viel und deutlich nach dem eigenen Schnabel geredet, was der Verständlichkeit enorm nützt.
Es wurden aber noch andere Qualitäten erlebbar, die vermutlich weitgehend UNTERschätzt werden. Daß nämlich Dissens ebenfalls von Nutzen ist und daß man in der Meinungsverschiedenheit dennoch kooperieren kann.
Es ist gar nicht nötig, alle Widersprüche aufzulösen, um voranzukommen.
Ich möchte das am Beispiel des Nitschinger Bürgermeisters Peter Schiefer dingfest machen. Ein lebhafter Kerl, der den Fusionsmöglichkeiten in der „Kleinregion Gleisdorf“ nicht bloß skeptisch, sondern ausgesprochen grimmig gegenüberstand. Das war kein Geheimnis, man konnte es mehr als deutlich hören.
Wenn man mit Schiefer versehentlich oder absichtlich kollidiert, merkt man außerdem, das ist ein ziemlich kantiger Kerl. Man ahnt, da könnte einer auch einen Kopf größer sein, jetzt scheppert’s gleich.
Ich wähle ein mildes Beispiel.
Einen Tag vor Weihnachten 2012 quittierte mir Schiefer einen Artikel mit folgendem Email-Auftakt: „Sorry, ich kann dem ganzen leider inhaltlich nicht folgen. So viel Schwachsinn in einem so kurzen Artikel habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Solltest du das wirklich geschrieben haben, lieber Martin Krusche, …“
Verstehen Sie mich recht, ich freu mich nicht gerade über Schelte, aber ich schätze es sehr, wenn jemand ohne verborgene Intentionen auskommt und mir offen sagt, wovon wir momentan ausgehen müssen. Das ist zehn mal mehr wert als eine aufgesetzte Höflichkeit, die einem den Blick vernebelt.
Vor allem, und das erscheint mir noch viel wichtiger, redet der Mann zwar offenbar nach seinem Herzen, doch er haut es einem nicht als Granate um die Ohren, sondern im Schlepptau dieser Nettigkeit kommt dann ein Gesprächsangebot.
Das obige Zitat ging so weiter: „…dann lade ich dich ein mich anzurufen, vielleicht kann ich dir dann erklären, wie ein oststeirischer Bürgermeister ‚funktioniert’. Meine Telefonnummer hast du ja!“
Sehen Sie, was daran so wichtig ist?
Wir müssen einander nicht betrillern, als wäre einer die Königin-Mutter. Wir müssen uns nicht einig sein und nicht einmal unbedingt einig werden. Die Differenz darf erkennbar bleiben.
Aber wir reden miteinander, denn nur so erfährt man was vom anderen. Und wie ich sehen konnte, wir bleiben in der Sache neugierig.
Unterschätzen Sie nicht, wovon dieses Geschichtchen erzählt. Sie illustriert auf schrullige Art, was ein hohes Niveau in menschlicher Gemeinschaft ist. Neugier aufeinander. Klare Aussagen. Im Gespräch bleiben.
Apropos klare Aussagen!
Von Schiefer kam für mich auch das Statement des Abends, als seine Abschiedsworte auf der Bühne so lauteten: „Und wir werden uns bemühen, daß Gleisdorf nach der Fusion so schön wird, wie es Nitscha jetzt schon ist.“


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